Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

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darüber im Zweisel sein, ob eine derartige Ausdehnung des 
5 360, 8 St GB zulässig ist, da dieser nur von „Orden und 
Ehrenzeichen“ spricht. 
2. Wird im ehrengerichtlichen Verfahren auf 
Entfernung aus dem Offiziersstande oder auf Ent- 
lassung mit schlichtem Abschiede (bei inaktiven 
Offizieren auf Verlust des Offiziertitels oder auf 
Verlust des Rechtes, die Militäruniform zu tragen) 
erkannt, so unterliegt die Frage, ob auch Verlust 
Orden und Ehrenzeichen 
  
der O und E eintreten soll, jedesmal der Ent- 
scheidung des Königs (von Preußen, Bayern, 
Sachsen, Württemberg) oder des Kaisers (Marine, 
Kolonial-Truppen). 
3. Die Frage, ob O und E durch einseitige, in 
das Gebiet der Verwaltung fallende Verfügungen 
der verleihenden Staatsgewalt, d. i. des Landes- 
herrn, wieder entzogen werden können — sei es, 
daß die Verleihung unter irrtümlichen Voraus- 
setzungen erfolgte, sei es, daß der Beliehene sich 
inzwischen der Auszeichnung unwürdig gemacht 
hat — wird in der Wissenschaft verschieden beant- 
wortet. M. E. wird man sagen müssen, daß die 
Entziehung im Zweifel und außer den gesetzlichen 
Fällen (s. vorstehend und unten: „Verlust“ !) nur 
da zulässig ist, wo die O-Satzungen dieses aus- 
drücklich vorsehen. 
Dieses ist bei den nachstehenden L der Fall (die Stellen, 
die die Juriediktion haben, sind in Klammer vermerkt): 
in Preußen: Schwarze Adbler-O (Kapitel); Kgl Haus O 
von Hohenzollern (L-Ehrengericht): Johanniter--C (DT. 
Ehrengericht); Eisernes Kreuz (König): Luisen-- O (König, 
nach eingeholtem Gutachten des Kapitels); Fürstlich. Haus O 
von Hohenzollern (Fürst); in Bayern: St. Hubertus-O 
(Kapitel); St. Georgi Ritter-O (L-Ehrengericht); in 
Sachsen: Militär-St. Heinrichs-O (König, nach Be- 
ratschlagung einer Kommission von Rittern); Zivil-Ver- 
dienst= O (König, nach Vortrag des L.Rates): Albrechts- O 
(König, nach Vortrag des L-Rates): in Württemberg: 
Verdienst-O der württembergischen Krone (Kapitel); Fried- 
richs= O (Napitel); in Baden: Haus--O der Treue, O 
Bertolds I., O vom Zähringer Löwen (Großherzog); in 
Hessen: O Ptbilipps des Großmütigen (Grostherzog). 
Anderer Ansicht sind v. Martitz (Der staatlich 
verliehene Ehrentitel, 1910, 189 ff) und die von 
ihm Angeführten, vor allem für Preußen, wegen 
des & 17 der Erweiterungsurkunde für die Kal 
Preußischen O und E v. 18. 1. 1810, die auch 
Bornhaks 1, 498 f noch als gültig ansieht. Ich 
bin im Gegenteil der Ansicht, daß die „Voll- 
machten der Erweiterungsurkunde“ durch tat- 
sächlichen Nichtgebrauch „seit langer Zeit“ in 
desnetudinem verfallen sind. Ich weiß auch keine 
andere Erklärung dafür, daß bei preußischen 
O-Stiftungen oder Satzungsänderungen nach (1) 
1810 zuerst die angeführten Sonderbestimmungen 
(s. oben) festgesetzt sind, in der neuesten Periode 
dagegen (Kronen-O 1861; Wilhelm-O 1896; Rote- 
Kreuz-Medaille 1898; Verdienst-O der Preußi- 
schen Krone 1901) von ähnlichen Bestimmungen 
nichts zu finden ist. Uebrigens will auch v. Martitz 
das Entziehungsrecht ganz ausschließlich im Sinne 
des & 17 anerkennen („bei Vorliegen einer den 
Begriffen der Ehre zuwiderlaufenden Handlung“,), 
nicht „aus Gründen des öffentlichen Interesses“. 
§s 6. Verlust. Aberkennung der bürgerlichen 
Ehrenrechte bewirkt u. a. den dauernden Verlust 
der O und E und die Unfähigkeit, während der 
im Urteile bestimmten Zeit O und E zu erlangen 
(Sto B #I8 33, 34 3. 3). Nach MtGB 30.42 
  
hat Verurteilung zur Entfernung aus dem Heere, 
zum Verlust des Offiziertitels und zur Versetzung 
in die zweite Klasse des Soldatenstandes ebenfalls 
den Verlust der O und E zur Folge. 
Bei manchen O findet sich in den Satzungen 
die Bestimmung, daß Verkauf oder Verpfändung 
des O-Abzeichens seitens des Beliehenen von 
Rechts wegen die Ausstoßung aus dem O oder 
des Rechtes, ihn fernerhin zu tragen, nach sich 
zieht (z. B. Bayer. St. Hubertus-O). Bei einigen 
sehr hohen und namentlich bei O für militärisches 
Verdienst, ist auf Eintritt (lohne Genehmigung des 
O--Oberhauptes oder verleihenden Landesherrn) 
in fremde Kriegsdienste die gleiche Strafe gesetzt, 
z. B. beim Schwarzen Adler-Orden. 
57. Orbensbehörden. Eine einheitliche zen- 
trale Behörde besitzt nur Preußen in der General= 
O-Kommission, errichtet im Jahre 1810. Sie 
besteht aus einem Präses und vier Mitgliedern. 
Zu ihrem Geschäftsbereich gehören die durch die 
Verleihung der O und E bedingten Arbeiten, wie: 
Anschaffung, Unterhaltung und Verausgabung 
der O usw., Auszeichnungen, Veröffentlichung der 
Verleihungen im Reichs= usw. Anzeiger, Ausfer- 
tigung der Besitzurkunden, Führung und Be- 
richtigung der O-Listen, Einziehung der durch den 
  
Tod usw. erledigten O= usw. Auszeichnungen, 
Zahlung der zulässigen Vergütungen für die 
Rückgabe bestimmter Auszeichnungen. Ferner 
liegt ihr ob: die Herausgabe der gedruckten O-Liste 
sowie der zu dieser alliährlich erscheinenden Nach- 
träge, die befohlene Berichterstattung über die 
Anträge auf Verleihung der Rettungsmedaille an 
Militärpersonen sowie über sonstige, ihren Ge- 
schäftskreis berührende Throngesuche, außerdem 
die in Angelegenheit der Friedensklasse des O 
Pour le merite für Wissenschaften und Künste in 
Gemeinschaft mit dem Kanzler dieses O zu er- 
lassenden Verfügungen und zu erstattenden Thron- 
berichte; Anordnung und Leitung des jährlichen 
OFestes. Schließlich führt sie noch die Kontrolle 
über die an preußische Staatsangehörige ver- 
liehenen fremdherrlichen O und C, bewirkt die 
Veröffentlichungen der vom Kaiser und König 
genehmigten Annahme und Anlegung solcher 
Auszeichnungen und zieht sie nach Erledigung zur 
Weitergabe an die zuständigen Regierungen ein. 
In den anderen Königreichen und Großherzog- 
tümern werden die Geschäfte der „Ordens- 
Behörden" in der Regel für einige O und die E 
von einem der Staatsministerien, gewöhnlich von 
demjenigen des landesherrlichen Hauses und „des 
Acußern“ oder auch demienigen „des Innern“ 
besorgt, während andere von den O, namentlich 
die älteren, besondere O-Kanzleien haben, an deren 
Spitze der „Ordens-Kanzler“ (des betreffenden 
O) steht. In den Herzogtümern und Fürsten- 
tümern ist fast durchweg der „dirigierende Staats- 
minister“ zugleich auch O-Kanzler für sämtliche 
Orden und Ehrenzeichen. 
Liüteratur:) Gritzner, HB der Ritter- und Ver- 
dienst-O aller Kulturstaaten der Welt, 1893; Trost, 
  
1) Heffter,. Weltliche Orden in Bluntschlis Staatswörter 
buch VII, 1862, 381—386; Neumeyer, Internat. Ver 
waliungerecht I 1910 J30 S350—377; Lederer, „Ehren 
verleihungen“, im Oesterr. Staatswörterbuch': II 1903 S 706 
bis 714. (D. H.)1
	        
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