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Staatsfinanzen
Jeder Etat hat 2 Hauptabschnitte: das Ein-
nahme- und Ausgabebudget. Gewöhnlich
sind die einzelnen Abteilungen nach Ministerialres-
sorts geschieden und enthalten so viel Spezialetats,
als es Elementarverwaltungen gibt (z. B. hat das
Finanz Min in Preußen 4 Spezialetats — Allg.
Finanzverwaltung, Finanz Min, direkte Steuern
indirekte Steuern). Die Einteilung des Einnah-
mebudgets richtet sich nach der Verschieden-
heit der Quellen der Einnahmen, getrennt nach
ordentlichen (Ertrag aus Domänen, Gebühren,
Steuern usw.) und einmaligen und außerordent-
lichen Einnahmen (Erlös aus Veräußerungen von
Staatseigentum, Anleihen usw.). — Der Inhalt
des Ausgabebudgets zerfällt mit Rücksicht
auf die Zwecke der Ausgaben in Betriebs- und
Erhebungskosten, Tilgung und Verzinsung der
Staatsschuld, Pensionen, Bedürfnisse der einzelnen
Ministerialressorts usw.; wobei auch hier ordent-
liche laufende und einmalige sowie außerordent-
liche Ausgaben unterschieden zu werden pflegen.
Manche Staaten, z. B. Reich, Bayern, Baden,
Hamburg (aber nicht z. B. Preußen, Hessen, auch
Sachsen nicht regelmäßig) haben einen beson-
deren außerordentlichen Etat, der
nur die außerordentlichen Einnahmen und Aus-
gaben Htbält. (Vgl. O. Schwarz, Form Fin Verw,
8 3. Der Meichsetat. Die Reichsverfassung
enthält über die Form keine Bestimmungen; die
übliche Form des Budgets beruht lediglich auf
der Praxis. Der Reichshaushaltsetat besteht aus
zwei Hauptabteilungen: Ausgabe und Einnahme.
Der Einnahmeetat ist ein Bruttoetat,
wenn auch die Einkünfte aus Zöllen und Ver-
brauchssteuern, Stempelsteuern usw. nur mit dem-
jenigen Betrag angesetzt werden, welcher der
Rcichskasse nach Abzug der den Einzelstaaten für
deren Erhebung und Verwaltung zu leistenden
Vergütungen als Reineinnahme bleibt. Außer den
Abschnitten: Einnahmen aus Zöllen # und Ver-
brauchssteuern, Stempelsteuern J (neuerdings Erb-
schaftssteuern] und Besitzsteuern, Wehrbeitrags)
enthält das Einnahmebudget besondere Abschnitte
für Post-, Telegraphen= und Eisenbahnverwal-
tung, Einnahmen aus dem Bankwesen, Münz-
wesen, Zinsen. In einem besonderen Abschnitte
sind die außerordentlichen Zuschüsse aus speziellen
Fonds des Reichs aufgeführt, sowie die Matri-
kularbeiträge mit dem anschlagsmäßigen Netto-
betrage, den jeder Bundesstaat zu zahlen hat.
Die Ausgaben und Einnahmen sind in den ein-
zelnen Abschnitten in Kapitel und Titel (im
Schutzgebietsetat kommen auch noch sog. „Po-
sitionen“ vor, s. darüber O. Schwarz, Form Fin-
Verw, S 72, 73) zusammengefaßt.
Der Ausgabeetat des Reiches zerfällt
in 2 Teile: a) fortdauernde Ausgaben, b) ein-
malige Ausgaben, und letztere wieder (seit 1889)
in einmalige Ausgaben des ordentlichen und des
außerordentlichen Etats.
Was den Svezial-Etat der Verwaltung des
Reichsheeres betrifft, so ist der Geldbetrag für
das bayerische Kontingent im Reichsbudget in
einer Pausch-Summet) ausgeworfen, während
1) In dem neuerdings eingerichteten Spesrialetat der
dessen Verausgabung im Einzelnen durch von
Bayern aufgestellte Spezialetats geregelt wird.
Für die übrigen Kontingente steht die Aufstel-
lung der Spezialetats dem Reiche zu, und bei den
Staaten mit eigener Militärverwaltung (Preußen,
Sachsen, Württemberg) werden im Reichshaus-
halte die Ausgaben bei den einzelnen Titeln in
vertikalen Parallelkolonnen aufgeführt.
Das Reichshaushaltsetatgesetz enthält das Etats-
gesetz selbst und den dadurch festgestellten, dem
Gesetze als Anlage beigefügten Reichshaushalts-
etat.
Eine besondere Beilage zum Reichshaushalts-
etat bildet der Besoldungs= und Pensionsetat des
Reichsbankdirektoriums.
Das Etatsjahr beginnt am 1. April und
schließt mit dem 31. März jeden Jahres (Rö v.
26. 2. 76).
§s 4. Der preußische Stat. Auch über dessen
Form fehlen gesetzliche Bestimmungen. Nach dem
Bruttosystem werden alle Einnahmen und
ebenso die Ausgaben im vollen Betrage nachge-
wiesen. Im Budget nicht berücksichtigte außeror-
dentliche Einnahmen werden jederzeit der General=
staatskasse als Einnahmen, über welche seitens der
einzelnen Verwaltungen nicht disponiert werden
darf, zugeführt; nach dem Grundsatze, daß keine
Verwaltung über Staatsmittel verfügen darf,
die ihr nicht durch den Etat überwiesen worden
sind (Zentralisation aller Einnahmen 5& 16 des
Kompt G.). Die Einrichtung des Budgets ist eine
solche, daß den (Brutto)-Einnahmen bei den
Ausgaben die Erhebungs= und Verwaltungskosten
sowie die Betriebskosten gegenübergestellt wer-
den, woraus sich die Nettoerträgnisse leicht ab-
leiten lassen. Neuerdings ist (seit 1897) die Ein-
richtung getroffen, daß dem Hauptetat noch ein
sog. Nettoetat vorgedruckt wird, welcher das
wirkliche Reinergebnis der Hauptverwaltungs-
zweige angibt, allerdings nur in den großen Ab-
schlußzahlen (auf 2 Seiten).
Die Etatsentwürfe zerfallen in die Abschnitte:
„Einnahme“ und „Ausgabe“, die letzteren in die
Unterabschnitte: „dauernde Ausgaben“ und „Ein-
malige und außerordentliche Ausgaben“, wor-
unter aber nicht aus Anleihen zu deckende Aus-
gaben zu verstehen sind, die in der Regel über-
haupt nicht im Etat, sondern nur in der Rechnung
erscheinen (vgl. Schwarz, Form Fin Verw, 11, 22).
Die Einnahmen und Ausgaben sind nach den
einzelnen Verw Ministerien gesondert aufgeführt,
bei den dauernden Ausgaben sind hierbei wieder-
um voneinander gesondert: a) Betriebs-, Erhe-
bungs- und Verw Kosten der einzelnen Einnahme-
zweige, b) Dotationen (d. i. Zuschuß zur Kron.
fideikommißrente, Staatsschuld und Ausgaben für
beide Häuser des Landtags) und allgemeine Fi-
nanzverwaltung (Beiträge zu den Ausgaben des
Deutschen Reichs, Apanagen, Renten, Abfin-
dungen, Zuschüsse usw.), c) Verwaltungs-Aus-
gaben.
Außerdem sind diesem zur Grundlage des St.=
Etats dienenden Hauptfinanzetat in 2 Bänden
Anlagen die Spezial-Etats der einzelnen Zentral-
behörden und der von diesen ressortierenden ein-
zelnen Verwaltungen und Institute nebst um-
fassenden, neuerdings etwas eingeschränkten An-
Allaem Fin Berw. Naheres darüber in „Verwaltung und lagen und Erläuterungen beigegeben.
Statistik“ Avrilheft 1912 S 90.
Etatsjahr: vom I. April bis 31. März.