Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
(IV. Staatskassen) 
493 
  
Um der Finanzleitung eine fortlaufende Ueber- 
sicht zu verschaffen, besteht beim Finanz Min eine 
sog. Hauptbuchhalterei (Instr v. 15. 12. 58), an 
die alle rechnungspflichtigen Kassen periodische 
Abschlüsse einreichen. 
Zur Aufrechterhaltung des pünktlichen Kassen- 
verkehrs und Vermeidung von Stockungen sind 
den Kassen sog. Betriebsfonds (eiserne Be- 
stände) überwiesen. Die Betriebsfonds aller preuß. 
Kassen betragen zusammen etwa 140 Mill. Mék. 
Ueber das Formelle des Kassen= und Rech- 
nungswesens enthält auch die Instr v. 18. 12. 
1824 (namentlich § 24) Anordnungen. 
II. In Bayern sind die zur Aufnahme und 
Zuführung an die verschiedenen Staatsbehörden 
zur budgetmäßigen Verausgabung bestimmten 
Organe die Finanzkassen, d. h. die Kassen der 
allgemeinen Rentämter und der besonderen Aem- 
ter und Verwaltungen, die Haupt= und Kreiskassen 
und die unmittelbar dem Finanz Min unterstehende 
„Zentral St“. Den Nachweis über die Tätigkeit 
dieser Kassen bilden deren Staatsfondsrechnungen. 
Das Kassenwesen des Heeres ist von dem 
übrigen St. Wesen getrennt. Die Generalmilitär- 
kasse untersteht direkt dem Kriegs Min (v. Sutner 
224, v. Seydel 376). 
III. Sachsen hat eine „Finanzhauptkasse“, 
in der als Zentralkasse der Grundsatz der fiskali- 
schen Kasseneinheit zum Ausdruck gelangt. Unter 
ihr stehen besondere Spezialkassen der einzelnen 
Verwaltungen (Eisenbahnen, Forsten, Hütten- 
werke, Lotterie, Bezirkssteuereinnahmen, Haupt- 
zollämter, Justizkassen usw.). Unter diesen sog. 
Mittelkassen stehen wieder Neben-, Unter= und 
Hilfskassen, die teils nur als Einnehmereien oder 
Zahlstellen fungieren, teils beide Funktionen in 
sich vereinigen. 
IV. In Württemberg ist die Zentral- 
stelle zur Verwaltung des St. Wesens die „Staats- 
hauptkasse“, in der die gesamte Einnahme und 
Ausgabe des Staates vereinigt ist. Sie teilt sich 
in die „Obereinnehmerei" und in die „Oberzahlmei- 
sterei“. In die Obereinnehmerei fließen alle Einnah- 
men der verschiedenen Zweige, der Finanzverwal- 
tung und der Verkehrsanstalten, nach Abzug der 
Verw Kosten. Durch die Oberzahlmeisterei wer- 
den die Ausgaben der Staatsverwaltung, unmittel- 
bar oder mittelst Anweisung auf die Spezialkassen 
(die Ministerialkassen) bestritten und verrechnet, so- 
weit sie nicht als unmittelbare VerwkKosten von 
den Einnahmekassen bestritten werden. Die Amts- 
kaution ist für alle Beamte im Sinne des a 1 
des Beamten G aufgehoben (Gv. 28. 3. 99). 
Als Mittelkassen fungieren einmal gewisse Spezial- 
kassen, vor allem die Kassen der Kameralämter 
und des Hauptsteueramts Stuttgart. Weitere 
Mittelkassen sind die Ministerialkassen, die Eisen- 
bahnhauptkasse und die Oberpostkasse. Als Orts- 
kassen fungieren Unterkassen der letztern Behörden, 
Ortssteuerämter und Grenzsteuerämter. 
V. In Baden sind zur unmittelbaren Lei- 
tung der einzelnen Zweige der Finanzverwaltung 
besondere, dem Finanz Min unterstellte Zentral- 
mittelbehörden eingesetzt; so zur Leitung des 
Kassenwesens die „General--Staatskasse“, unter 
dieser als Kassenstellen besondere Finanzbezirks- 
behörden: die Amtskassen der Finanzämter, die 
Bezirksforsteien und Domänenverwaltungen, die 
  
Hauptzoll- und Hauptsteuerämter, die Oberein- 
nehmereien. 
VI. In Hessen bildet den Zentralpunkt des 
Kassenwesens die „Haupt-Staatskasse“, der alle 
ablieferungspflichtigen fiskalischen Kassen unter- 
stehen (V. und Instr v. 4. 6. 79). Die Wirksam- 
keit der Haupt St. erstreckt sich auf alle Einnah- 
men und Ausgaben aus der Vl. und dem je- 
weiligen Finanzgesetze, der Staatsschuld und aus 
Anordnungen der zu Dekretur der Einnahmen 
und Ausgaben ermächtigten Behörden. 
Eine Neugestaltung des gesamten provinziellen 
Kassenwesens hat durch Bek v. 8. 9.00 stattgefunden. 
Danach trat an Stelle der seitherigen Territorial- 
organisation der Rentämter und Distriktseinneh- 
mereien eine neue Organisation von Kontroll- 
Distriktseinnehmerei= und Unterhebebezirken. Die 
Rentämter wurden ganz aufgehoben. Die Di- 
striktseinnehmereien erhielten die Benennung 
„Bezirkskassen“" (Bek v. 21. 11. 00). Die Haupt- 
tätigkeit des für jeden Kontrollbezirk bestellten 
Kontrollbeamten besteht in der Aufsicht über die 
Dienstführung der Beamten der nachgeordneten 
Kassen usw. Ueber die Funktionen der Dienstein- 
nehmereien (Bezirkskassen) vgl. Instr v. 10. 2. 98 
und Bek v. 9. 9. 00 Anl. 2. 
VII. In Elsaß-Lothringen fließen 
sämtliche Einnahmen des Landes direkt in die 
Zentralkasse, die Landeshauptkasse, welche die 
Zahlungen leistet und verrechnet. Unter der 
Landeshauptkasse bestehen Lokal- und Spezial- 
kassen, die mit Vereinnahmung und Verausga- 
bung der Staatsgelder beauftragt sind. 
55. Die Kassenorganisation nud -verwaltung 
des Reichs. Von dem Reichsschatzamte als Zen- 
tralbehörde (Kaiserl. V v. 14. 7. 79) ressortieren 
die „Reichshauptkasse“ sowie die Reichsbeamten 
und Reichsbehörden für das gesamte Zoll= und 
Steuerwesen. Als Bundeskasse fungierte ur- 
sprünglich die preußische General St. (General= 
kasse des Norddeutschen Bundes, Erl v. 21. 1. 
68). Das Reichsbankgesetz v. 14. 3. 75 legte 
indessen der Reichsbank die Verpflichtung auf, 
für Rechnung des Reichs Zahlungen anzu- 
nehmen und zu leisten, welche Bestimmung zur 
Errichtung einer besonderen Geschäftsabteilung 
bei der Hauptkasse der Reichsbank als Reichs- 
Zentralkassenstelle unter dem Namen „Reichs- 
hauptkasse“ führte (Bek des RK v. 29. 12. 75, 
Reichsbank 5 5, oben S 271)). Letzterer 
liegt nur die Buchführung und Rechnungsab- 
lage ob, die Zahlgeschäfte vermittelt die Reichs- 
bankhauptkasse, bei welcher die Reichshaupt- 
kasse ein Girokonto besitzt (Mindestguthaben 
10 Mill. Mk.). Einzahlungen für dies Konto von 
jedermann sind gebührenfrei. Der Betriebsfonds 
der Reichskasse betrug ursprünglich 3 750 000 
Taler, stellt sich aber heute auf annähernd 62 Mill. 
Mark. Auch diese Summe reicht natürlich nicht 
aus. Solange das System der Clausula Francken- 
stein noch voll in Geltung war, half man sich zum 
Teil mit den Matrikularumlagen, die vorschuß- 
weise von den Einzelstaaten gezahlt werden müs- 
sen. Dafür erwuchsen dem Reich aus der sozialen 
Versicherungsgesetzgebung (Vorschüsse der Post 
an die Berufsgenossenschaften) erhebliche, die 
Betriebsmittel schwächende Vorauslagen. Endlich 
brachte neuerdings die Stundung der Matrikular= 
umlagen IX Reichsfinanzwesen I & 4, oben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.