(IV. Staatskassen)
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Um der Finanzleitung eine fortlaufende Ueber-
sicht zu verschaffen, besteht beim Finanz Min eine
sog. Hauptbuchhalterei (Instr v. 15. 12. 58), an
die alle rechnungspflichtigen Kassen periodische
Abschlüsse einreichen.
Zur Aufrechterhaltung des pünktlichen Kassen-
verkehrs und Vermeidung von Stockungen sind
den Kassen sog. Betriebsfonds (eiserne Be-
stände) überwiesen. Die Betriebsfonds aller preuß.
Kassen betragen zusammen etwa 140 Mill. Mék.
Ueber das Formelle des Kassen= und Rech-
nungswesens enthält auch die Instr v. 18. 12.
1824 (namentlich § 24) Anordnungen.
II. In Bayern sind die zur Aufnahme und
Zuführung an die verschiedenen Staatsbehörden
zur budgetmäßigen Verausgabung bestimmten
Organe die Finanzkassen, d. h. die Kassen der
allgemeinen Rentämter und der besonderen Aem-
ter und Verwaltungen, die Haupt= und Kreiskassen
und die unmittelbar dem Finanz Min unterstehende
„Zentral St“. Den Nachweis über die Tätigkeit
dieser Kassen bilden deren Staatsfondsrechnungen.
Das Kassenwesen des Heeres ist von dem
übrigen St. Wesen getrennt. Die Generalmilitär-
kasse untersteht direkt dem Kriegs Min (v. Sutner
224, v. Seydel 376).
III. Sachsen hat eine „Finanzhauptkasse“,
in der als Zentralkasse der Grundsatz der fiskali-
schen Kasseneinheit zum Ausdruck gelangt. Unter
ihr stehen besondere Spezialkassen der einzelnen
Verwaltungen (Eisenbahnen, Forsten, Hütten-
werke, Lotterie, Bezirkssteuereinnahmen, Haupt-
zollämter, Justizkassen usw.). Unter diesen sog.
Mittelkassen stehen wieder Neben-, Unter= und
Hilfskassen, die teils nur als Einnehmereien oder
Zahlstellen fungieren, teils beide Funktionen in
sich vereinigen.
IV. In Württemberg ist die Zentral-
stelle zur Verwaltung des St. Wesens die „Staats-
hauptkasse“, in der die gesamte Einnahme und
Ausgabe des Staates vereinigt ist. Sie teilt sich
in die „Obereinnehmerei" und in die „Oberzahlmei-
sterei“. In die Obereinnehmerei fließen alle Einnah-
men der verschiedenen Zweige, der Finanzverwal-
tung und der Verkehrsanstalten, nach Abzug der
Verw Kosten. Durch die Oberzahlmeisterei wer-
den die Ausgaben der Staatsverwaltung, unmittel-
bar oder mittelst Anweisung auf die Spezialkassen
(die Ministerialkassen) bestritten und verrechnet, so-
weit sie nicht als unmittelbare VerwkKosten von
den Einnahmekassen bestritten werden. Die Amts-
kaution ist für alle Beamte im Sinne des a 1
des Beamten G aufgehoben (Gv. 28. 3. 99).
Als Mittelkassen fungieren einmal gewisse Spezial-
kassen, vor allem die Kassen der Kameralämter
und des Hauptsteueramts Stuttgart. Weitere
Mittelkassen sind die Ministerialkassen, die Eisen-
bahnhauptkasse und die Oberpostkasse. Als Orts-
kassen fungieren Unterkassen der letztern Behörden,
Ortssteuerämter und Grenzsteuerämter.
V. In Baden sind zur unmittelbaren Lei-
tung der einzelnen Zweige der Finanzverwaltung
besondere, dem Finanz Min unterstellte Zentral-
mittelbehörden eingesetzt; so zur Leitung des
Kassenwesens die „General--Staatskasse“, unter
dieser als Kassenstellen besondere Finanzbezirks-
behörden: die Amtskassen der Finanzämter, die
Bezirksforsteien und Domänenverwaltungen, die
Hauptzoll- und Hauptsteuerämter, die Oberein-
nehmereien.
VI. In Hessen bildet den Zentralpunkt des
Kassenwesens die „Haupt-Staatskasse“, der alle
ablieferungspflichtigen fiskalischen Kassen unter-
stehen (V. und Instr v. 4. 6. 79). Die Wirksam-
keit der Haupt St. erstreckt sich auf alle Einnah-
men und Ausgaben aus der Vl. und dem je-
weiligen Finanzgesetze, der Staatsschuld und aus
Anordnungen der zu Dekretur der Einnahmen
und Ausgaben ermächtigten Behörden.
Eine Neugestaltung des gesamten provinziellen
Kassenwesens hat durch Bek v. 8. 9.00 stattgefunden.
Danach trat an Stelle der seitherigen Territorial-
organisation der Rentämter und Distriktseinneh-
mereien eine neue Organisation von Kontroll-
Distriktseinnehmerei= und Unterhebebezirken. Die
Rentämter wurden ganz aufgehoben. Die Di-
striktseinnehmereien erhielten die Benennung
„Bezirkskassen“" (Bek v. 21. 11. 00). Die Haupt-
tätigkeit des für jeden Kontrollbezirk bestellten
Kontrollbeamten besteht in der Aufsicht über die
Dienstführung der Beamten der nachgeordneten
Kassen usw. Ueber die Funktionen der Dienstein-
nehmereien (Bezirkskassen) vgl. Instr v. 10. 2. 98
und Bek v. 9. 9. 00 Anl. 2.
VII. In Elsaß-Lothringen fließen
sämtliche Einnahmen des Landes direkt in die
Zentralkasse, die Landeshauptkasse, welche die
Zahlungen leistet und verrechnet. Unter der
Landeshauptkasse bestehen Lokal- und Spezial-
kassen, die mit Vereinnahmung und Verausga-
bung der Staatsgelder beauftragt sind.
55. Die Kassenorganisation nud -verwaltung
des Reichs. Von dem Reichsschatzamte als Zen-
tralbehörde (Kaiserl. V v. 14. 7. 79) ressortieren
die „Reichshauptkasse“ sowie die Reichsbeamten
und Reichsbehörden für das gesamte Zoll= und
Steuerwesen. Als Bundeskasse fungierte ur-
sprünglich die preußische General St. (General=
kasse des Norddeutschen Bundes, Erl v. 21. 1.
68). Das Reichsbankgesetz v. 14. 3. 75 legte
indessen der Reichsbank die Verpflichtung auf,
für Rechnung des Reichs Zahlungen anzu-
nehmen und zu leisten, welche Bestimmung zur
Errichtung einer besonderen Geschäftsabteilung
bei der Hauptkasse der Reichsbank als Reichs-
Zentralkassenstelle unter dem Namen „Reichs-
hauptkasse“ führte (Bek des RK v. 29. 12. 75,
Reichsbank 5 5, oben S 271)). Letzterer
liegt nur die Buchführung und Rechnungsab-
lage ob, die Zahlgeschäfte vermittelt die Reichs-
bankhauptkasse, bei welcher die Reichshaupt-
kasse ein Girokonto besitzt (Mindestguthaben
10 Mill. Mk.). Einzahlungen für dies Konto von
jedermann sind gebührenfrei. Der Betriebsfonds
der Reichskasse betrug ursprünglich 3 750 000
Taler, stellt sich aber heute auf annähernd 62 Mill.
Mark. Auch diese Summe reicht natürlich nicht
aus. Solange das System der Clausula Francken-
stein noch voll in Geltung war, half man sich zum
Teil mit den Matrikularumlagen, die vorschuß-
weise von den Einzelstaaten gezahlt werden müs-
sen. Dafür erwuchsen dem Reich aus der sozialen
Versicherungsgesetzgebung (Vorschüsse der Post
an die Berufsgenossenschaften) erhebliche, die
Betriebsmittel schwächende Vorauslagen. Endlich
brachte neuerdings die Stundung der Matrikular=
umlagen IX Reichsfinanzwesen I & 4, oben