Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
  
Staatsrat — Staatsromane 
501 
  
  
Verw Lehre 1 1°, 1869, S 179 ff; Gneist in der 1. Aufl. 
diescs Wörterbuchs 2, 497 ff. 
b) In bezug auf Deutschland überhaupt: Herm. 
v. Schulze, Lehrb. des beutschen Staatsrechts 1, 1881, 
Sr 301 f; Meyer-Anschütz 362—363; Löning, 
Lehrb. des deutschen VerwRechts & 15. 
c) Für einzelne deutsche Stoaten. 
Breußen: Cosmar und Klaproth, Versuch einer 
Geschichte des Kal preuß. und kurf. brand. Wirkl. Geh. 
Staatsrats, 1805; E. Meier, Die Reform der Berw Organi- 
sation unter Stein und Hardenberg, 1881, S 177 ; Born- 
hak, Preuß. Staats= und Rechtsgesch., 1903, bes. S 84 ff, 
105 ff, 303, 338 ff, 355, 377 ff; Sailer, Der preußische 
St. und seine Reaktivierung, 1884; Rönne-= Zorn 1 17; 
H. v. Schulze, Preuß. Staatsrechte 11 93; Bornhak'- 
2 § 136; E. v. Meier in Holtzendorff-Kohlers Enzyklop. 
2, S 662—663, 668—669, 686. — Bayern: Seydel 
StR 1 1, S37 ff, 222 ff; 2, 268 ff (1913 1 S 7, 45, 
# 68 und 69). — Sachsen: Opitz, Staatsr. d. 
Königr. Sachsen 1, 239 ff O. Mayer, Staater. v. 
Königr. Sachsen S 227, 257. — Württemberg: v. 
Sarwey, Staatsr. d. Königr. Württemberg 2 56# 89 
und 91; Göz, Staatsr. d. Königr. Württemberg 85 36 
und 41. — Hessen: Gareis, Staatsr. d. Großh. 
Hessen, 1884, S 68 und 71; van Calker, Staatesr. 
d. Großh. Hessen, 1913, S 65. — Braunschweig: 
Rhamm, Staatsr. d. Herzogtums Braunschweig, 1908, 
S 32. — Elsaß--Lothringen: Labaid“ 2, 
S 233, 252; »2, S 251 N. 3 Bruck, Verfassungs- und 
VerwRecht von Elsaß-Lothringen 1, 1908, 5 29. 
d) Ueber das englische Prlvy Council: Gneist, 
Das englische Berwfecht der Gegenwart 1°, 1883, S 187 ffj 
Hatschek, Englisches Staatsrecht 2, 1906, S144 ff. Ueber 
den französischen Staatsrat: O. Mayer, Theorie 
des französischen Verwechts, 1886, S 72ff. Brie. 
Staatsromane 
1. Allgemeines. Plato und Morus. 1 2. Campanella 
und Andreae. ## 3. Aus der Zeit des Wohlfahrtsstaats. 
# 4. Staatsromane in Form der Biographie (Fürsten- 
sviegel). 1 5. Die Aufklärungsperiode. # 6. Das 19. Jahr- 
hundert. 1 7. Verwirklichungsversuche. 1 8. Neuere Er- 
scheinungen. 3 9. Kritisches. 
1. Allgemeines. Plato und Morus. St. 
sind Schriften, die im Gewande der Dichtung ein 
Staatsideal vorführen, einen „besten Staat“ in 
Form eines konkreten Bildes zeichnen. Sie schil- 
dern ein politisches Schlaraffenland, sie geben 
keine wissenschaftliche Theorie, sondern Phanta- 
sien. Vielleicht wählten ihre Verfasser diese Form 
in einer Zeit, in der man gegen ihre „Theorien“ 
im Wege der Zensur vorgegangen wäre — so 
konnten sie mittelbar durch Schilderungen eines 
Phantasiestaats die bestehenden Zustände geißeln. 
Veranlaßt sind sie alle durch Unzufriedenheit über 
staatliche Mißstände und durch den Traum von 
einem goldenen Zeitalter, sei es in der Urzeit, sei 
es als Endziel der Menschheit („und der Mensch 
hofft immer Verbesserung"). Sie erscheinen in 
mannigfachsten Formen: das Ideal wird versetzt 
in eine längst entschwundene Zeit (Athen und 
Atlantis 9 Jahrtausende vor Solon) oder in eine 
ferne Zukunft (2300, 3000 n. Chr.), auf den 
1913), 
  
Mars, in das Innere der Erde, in fserne Welten, 
auf schwimmende Inseln. Verwandt mit dieser 
Literaturgattung sind „Utopien“ für einzelne Ge- 
biete, Utopien der Technik (Kellermann, Tunnel 
Schilderungen von Zukunftskriegen, so- 
ziale, auch politische Romane. 
Urquellen für alle St. sind Plato und 
Thomas Morus. 
Platons „Staat“ und „Gesetze“ IN Politik 58 3 
bis 5, S. 85, 86) haben den meisten Utopisten Ma- 
terial geliefert. Er stellt den Staat als Gegenbild 
der sittlichen Vollkommenheit hin. Den drei Glie- 
dern des menschlichen Seins — 1##Fe, S##nce, ant- 
Houle — entsprechen Nährstand, Wehrstand, Herr- 
scher. Dieser soll durch Weisheit, jener durch Mäßig- 
keit, Tapferkeit ausgezeichnet, das Ganze von Ge- 
rechtigkeit durchdrungen sein. Weibergemeinschaft 
und vollster Kommunismus werden vertreten, 
Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts und 
gute Ausbildung desselben (4 Jahrh. vor Chr.]) 
empfohlen, Fortpflanzung und Erziehung staat- 
lich geregelt. Das Land ist in 5040 gleichwertige, 
nicht gleich große Loose geteilt, alle Beamten 
gehen aus Volkswahlen hervor, Handels= und Pri- 
vat-, Straf= und Prozeßrecht sind genau geregelt. 
Diese platonischen Gedanken lagen gewissermaßen 
in der Luft und gaben die kommunistischen An- 
schauungen wieder, die z. B. Aristophanes mehr- 
fach geißelt: das Recht auf Faulheit war in den 
sinkenden griechischen Staaten proklamiert (vgl. 
Moreau, Droit de Foisivet6é dans les républ. 
grecques etc. 1849). 
Eine zweite Quelle ist das Werk des Thomas 
Morus, De optimo reipublicae statue deque 
nova insula Utopia 1516 und in zahllosen Aus- 
gaben bis zum heutigen Tag (Reclam Nr. 513/4) 
erschienen, an der Grenzscheide zweier Zeitalter 
stehend, einesteils auf platonischem Ideal fußend, 
andererseits die Schilderungen der Reisenden aus 
den neuentdeckten Weltteilen verwertend und dem 
Gedanken des Philosophen die sozialpolitische 
Anschauung hinzufügend. Morus gibt durch einen 
Reisenden Raphael eine anziehende und gründ- 
liche Schilderung der Insel „Nirgendland“ mit 
ihren 54 ganz gleichen Stücken, wo die Bürger- 
familien (stets 42 Personen) alle 10 Jahre die 
Wohnungen tauschen müssen. Eine einfache 
Staatsverfassung, allgemeine Ackerbaudienstpflicht, 
keine politische Vereinsfreiheit (bei Todesstrafe!#), 
Einfachheit, gemeinsame Mahlzeiten, Vervönung 
des Goldes, Zulassung der Sklaverei (ihr ver- 
fallen die Kriegsgefangenen und schwere Ver- 
brecher), Einschränkung der Zahl der Gesetze, volle 
Religionsfreiheit, aber Versagung des Bürger- 
titels an Monisten, „deren einzige Hoffnung die 
Materie und das Nichts ist“ und denen man kein 
Amt anvertraut — das sind die Grundgedanken 
dieses St. den man als bedeutendsten aller Zeiten 
bezeichnet, und der der Gattung den Namen 
„Utopien“ gegeben hat. 
5*s 2. Campanella und Andreae. Nahezu ein 
Jahrhundert später erschienen zwei St., unter- 
einander und von der Utopie sehr verschieden. 
Des eigenartigen Philosophen Tommaso Cam- 
panellas „Sonnenstaat"“ 1620 ist mit der aus- 
schweifender Phantasie eines süditalienischen Mön- 
ches entworfen. Genau unter dem Aequator liegt 
die Sonnenstadt, sieben ineinander geschachtelte 
Kreise, überragt im Zentrum vom Tempel mit
	        
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