Paßwesen
nach 88 267—270 StGB als Urkundenfälschung,
wenn aber die Täuschung lediglich zum Zwecke des
besseren Fortkommens erfolgt ist, gemäß 8 363
StGB als einfache Uebertretung geahndet.
#* 2. Geschichte. Das P. war schon dem Altertum nicht
ganz unbekannt. Im 18. Jahrhundert mußten schon vielfach
eingzelne Kl ssen von Personen mit paßähnlichen Papieren
versehen sein, so z. B. die Juden und Handwerksgesellen,
denen sogenannte Wanderbücher ausgesertigt wurden. Fer-
ner pflegten in Seuchen= und Kriegszeiten zum Eintritt in
das Juland von jedem Fremden Pässe verlangt zu werden.
Eine systematische Ausbildung hat das P. aber erst durch
die Gesengebung der französischen Revolution erhalten.
Durchk G v. 28. 3. 1792, v. 2. 10. 1795 (10. Vendémianire IV)
und v. 19. 10. 1797 (28. Vendémiaire VI) wurde in Frank.
reich sowohl zum Eintritt in das Lond wie auch zum
NReisen innerhalb des Staates von jedermann, sowohl von
dem Fremden, wie von den eigenen Staatsangehörigen ein
Paß verlangt, der außer der Bedeutung eines Kontroll-
mittels die einer Reiseerlaubnis hatte. So ist Frankrcich die
eigentliche Heimat des polizeilichen Paß= und Fremden-
wesens; dort hat sich unter dem Einfluß innerer Unruhen
als teils politische, teils sicherheitspolizeiliche Maßregel das
unfreieste Paßsystem Europas entwickelt. Die Praxis hat
indes die Härten dieser Gesetze während der letzten Dezennien
wesentlich gemildert. Während England und die Schweiz
Anhänger des freien P. blieben, fand in Deutschland
die französische Gesetzgebung sehr bald Nachahmung, indem
in den meisten deutschen Staaten von jedem Reisenden ein
Paß verlangt wurde, der überall der Polizei zur Einsicht
und Bisierung vorgelegt werden mußte. Bei längerem
Aufenthalt wurde vielfach die Ablieferung des Passos, an
desien Stelle dann eine Aufenthaltskarte erteilt wurde, ge-
fordert. So konnte es nicht auebleiben, daß zu Anfang des
vorigen Jahrhunderts in Deutschland über den höchst lästigen
Paßzwung überall geklagt wurde, zumal da häufig die Er-
teilung und Lisierung von Pässen lediglich aus Gründen
rein politischer Natur versagt wurde. Dazu kamen noch die
violen Gebühren, die für die Ausfertigung und Visierung
der Pässe zu zahlen waren, und die den ärmeren Klassen
der Bevölkerung das Reisen und den Wechiel des Aufenthalts
sehr erschwerten. Es brach sich immer mehr die Ueberzeugung
Bahn, daß die strengen Vorschriften des Paßzwanges bei
der außerordentlichen Vermehrung des Reiseverkehrs nicht
mehr durch führbar seien, und daß die freie Bewegung des
unverdächtigen Reisenden nicht länger mehr durch Maß-
regeln gehemmt werden dürfe, die doch nur verdächtige
Individuen treffen sollten, deren Anzahl gegen die stets
wachsende Zahl der Reisenden verschwindend klein war.
Nachdem Preußen seine erste allgemeine Paß V v.
20. 3. 1813 schon im Jahre 1817 wesentlich gemildert hatte,
und nachdem serner der am 21. 10. 50 zwischen allen deutschen
Staaten und Oesterreich abgeschlossene Paßkartenver-
trag weitere Erleichterungen gebracht hatte, die zur
Hauptsache darin bestanden, daß an Stelle der Reisepässe
die auf ein Kalenderjahr auszustellenden Paßkarten traten,
die eines Visums nicht mehr bedurften (unten # 3 11), wurde
unter dem 7. 2. 65 zwischen Sachsen, Bayern, Württemberg
und Hannover eine auf dem Grundsatze der Paffrei-
heit beruhende Konvention geschlossen, der später noch
mehrere andere deutsche Staaten beitraten. Im Zahre
1863 hatte sich die preußische Regierung veranlaßt gesehen,
dem Landtage einen auf Aufhebung des Paßzwanges ge-
richteten Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem das Bundes G
p. 12. 10. 67 in allen wesentlichen Punkten übereinstimmt.
§ 3. Geltendes Recht. I. Das G über das P.
ist am 12. 10. 67 vom Norddeutschen Bunde er-
lassen worden und am 1. 1. 68 in Kraft getreten.
Durch die Reichsverfassung ist das Gesetz auf
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Württemberg, Baden und Hessen und durch das
Gv. 22. 4. 71 auch auf Bayern ausgedehnt wor-
den. Es gilt also im ganzen Deutschen
Reich mit Ausnahme von Elsaß-Loth-
ringen, wo formell noch die alte französische
Paßgesetzgebung gilt, die indes zurzeit nicht in
Anwendung gebracht wird. Auf die altfranzöfsi-
schen Gesetze gründete sich die V v. 22. 5. 88,
welche allen über die französische Grenze zureisen-
den Ausländern den Besitz eines von der deutschen
Botschaft in Paris visierten Passes zur Pflicht
machte. Diese Verordnung ist aufgehoben; an
ihre Stelle trat die V des Kaiserlichen Min v.
21. 9. 91, nach der seit dem 1. 10. 91 der Paß-
pflicht nur noch die aktiven Militärpersonen, die
ehemaligen aktiven Offiziere, die Zöglinge mili-
tärisch organisierter Schulen des Auslandes, sowie
diejenigen Personen unterliegen, welche die
deutsche Staatsangehörigkeit vor Erfüllung der
Wehrpflicht verloren und das 45. Lebensjahr noch
nicht überschritten haben. Den paßpflichtigen Per-
sonen wird auf ihren Antrag durch das Kaiserliche
Min eine Aufenthaltserlaubnis erteilt; ein Paß-
visum ist nicht mehr erforderlich. Von anderen
Ausländern als den in der Verordnung von 1891
genannten wird bei ihrem Anzuge in Elsaß-Loth-
ringen nur der Nachweis der Staatsangehörig-
keit verlangt, der natürlich auch durch eine andere
Urkunde als einen Paß geführt werden kann.
II. Nach dem Reichs-Paß G v. 12. 10. 67 be-
dürfen Reichsangehörige zum Austritt aus dem
Reiche, zur Rückkehr in dasselbe, sowie zum Auf-
enthalte und zur Reise innerhalb des Reichs keines
Reisepapiers mehr. Doch sollen ihnen auf ihren
Antrag, wenn gesetzliche Hindernisse (z. B. Mili-
tärpflicht, strafrechtliche Verfolgung) nicht ent-
gegenstehen, Pässe oder sonstige Reisepapiere er-
teilt werden. Damit ist das System der Paß-
freiheit eingeführt. Das Gesetz will den ge-
wöhnlichen Reiseverkehr von den Belästigungen
des Paßzwanges befreien. Da andererseits die
Verpflichtung eines jeden In= und Ausländers,
sich über seine Person genügend auszuweisen,
durch § 3 aufrechterhalten worden ist, und da in
manchen anderen Staaten wie z. B. in Rußland,
Rumänien, Frankreich und der Türkei noch der
Paßzwang besteht, so muß natürlich für jeden
Deutschen die Möglichkeit gegeben sein, sich mit
Reisepapieren zu versehen. Als solche kommen
außer den eigentlichen Reisevässen für das Deutsche
Reich und Oesterreich nach Maßgabe des auch jetzt
noch gültigen Paßkarten Vt v. 1850 (oben F 2 a. C.)
vornehmlich Paßkarten in Frage, die indes
nur solchen Personen erteilt werden sollen, die als
vollkommen zuverlässig bekannt, völlig selbständig
sind und im Bezirk der ausstellenden Behörde ihren
Wohnsitz haben. Handwerksgesellen und Gewerbe-
gehilfen, Dienstboten und Hausierern sollen Paß-
karten dagegen versagt bleiben. Pässe und Paß-
karten, für welche übereinstimmende Formu-
lare benutzt werden sollen, haben im Zweifel
Gültigkeit für das ganze Reichsgebiet (388 4, 5)
und bedürfen nicht mehr der Visierung. & 6 er-
wähnt besonders die sogenannten Konsulatspässe
d. h. solche Pässe, die für den Eintritt in das Reichs-
gebiet bestimmt sind und den Reichsange-
hörigen von den Gesandten und Konsuln des
Reichs bezw. eines Bundesstaats ausge ertigt
werden. 5 25 des Nonsular G# v. S. 11. 67 gibt den