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Stammgüter
Schwertmagen (Kursächsische Konstitutionen, s. u.),
gelegentlich fortbestehende Reste singulären Erb-
rechts an Rittergütern (Schlesien, bestr.); ferner
sind in Preußen durch die KabO v. 16. 1. 36
und 21. 1. 37 für die rheinische Ritterschaft, durch
KabO v. 26. und 28. 2. 37 für die westfälische
Ritterschaft erbrechtliche Privilegien erteilt, ins-
besondere Befreiung vom Pflichtteilsrecht für die
letztwilligen Verfügungen gewährt.
Ein einigermaßen ausgebildetes
Stammgutsrecht besteht nur in einigen Ge-
bieten der Provinz Hannover. Es ge-
hören hierher das Bremische Ritterrecht v.
19. 4. 47 (erlassen auf Grund des zum Teil fort-
geltenden Bremischen Ritterrechts v. 22. 12.
1577, neugefaßt 1738), die Statuten der Ritter-
schaft von Calenberg-Göttingen-Grubenhagen v.
4. 9. 47 und die Statuten der Ritterschaft des
Fürstentums Lüneburg v. 14. 6. 63 (a 4); auch ist
durch die V v. 15. 5. 1778 für das Gebiet von
Osnabrück das Stammgutsprinzip in dem Sinne
aufrechterhalten, daß Töchter adliger Besitzer von
der Erbfolge in Rittergüter ausgeschlossen sind
und nur eine landesübliche Abfindung zu bean-
spruchen haben. (Vgl. zum hannoverschen Recht
das preuß. G. v. 24. 12. 72). Die Statuten von
1847 und 1863 erleichtern im Gegensatz zu dem
alten Stammgutsrechte die Bildung einer fidei-
kommißartigen Gutsbindung durch Erklärung
und schränken auch die Veräußerlichkeit unter
Annäherung an das Fideikommißrecht stark ein.
Im bremischen Gebiet haben die bürgerlichen Be-
sitzer matrikelfähiger Güter wenig Gebrauch von
der Eintragungsmöglichkeit gemacht. Das In-
stitut ist aber für den Adel von erheblicher prakti-
scher Bedeutung. In den hannoverschen Gebieten
von Hildesheim, Verden, Hoya und Anrich, welche
ebenfalls ritterschaftliche Statuten besitzen, gibt
es keine St. (Vgl. besonders v. Rössing, 1. c.)
St. kommen ferner auch in dem ehemaligen
Kurhessen vor (Theobald-Hofmann-Fritze, HB
des im früheren Kurfürstentum Hessen geltenden.
Zivilrechts, 1888, S 276, Klauhold, Kurhessisches
Rechtsbuch §§s 278, 279); ferner werden sie in
Schleswig-Holstein neben den Fidei-
kommissen genannt (Paulsen, Lehrbuch des Pri-
vatrechts des Herzogtums Schleswig-Holstein,
§*45, Neubauer I. c. S3); in den thüring-
ischen Staaten bestanden St. auf Grund
der Kursächsischen Konstitutionen 12 und 31
T. II (bei den von den Großeltern her ab
intestato vererbten Gütern bestand ein Näher-
recht gegenüber Schenkungen für nicht zustimmen-
de Erben, und gegenüber Verkäufen ein Vorkaufs-
recht der Kinder), doch sind diese St. entweder
ausdrücklich oder aber gewohnheitsrechtlich beseitigt
und nur noch in Reuß ä. Linie (87 St O für Zeu-
lenroda v. 1. 9. 48) vorhanden (Porzig-Unger-
Stichling-Krause, Landesprivatrecht der Thüringi-
schen Staaten, 642); auch scheinen in Reuß j. L.
noch Reste gemeinsächsischen Stammgutsrechts
zu herrschen (Neubauer l. c. S 10); im Königreich
Sachsen hat sich von diesen Bestimmungen
der Kursächsischen Konstitutionen nichts erhal-
ten (St. sind dort solche Güter, deren Dismem-
bration untersagt ist). Die St. des badischen
Rechts (577 ca. — 577 cy.) sind Fideikommisse
oder decken doch beide Begriffe (Dorner-Seng,
Badisches Landesprivatrecht, 102) und die baye-
rischen (wenig praktischen) landwirtschaftlichen
Erbgüter nach dem G v. 22. 2. 55 sind eine Art
Anerbengüter (vgl. Oertmann, Bayer. Landes-
privatrecht 462).
In den landrechtlichen und französischrechtlichen
Gebieten Preußens sowie in dem ehemaligen Her-
zogtum Nassau, in Frankfurt a. M. und Lauen-
burg gibt es keine St. für niederen Adel oder
Bürgerliche, ebenso nicht in Bayern, Württem-
berg, Großherzogtum Hessen, Mecklenburg, Olden-
burg, Braunschweig, Waldeck, Schaumburg-Lippe
und Lippe-Detmold sowie in den Hansestädten
und im Reichsland.
II. Durch a 59 EG# B#B ist neben dem Recht
der Fideikommisse auch das Recht der St. auf-
rechterhalten (vgl. auch #à# 57 und 58 daselbst),
und zwar einschließlich der auf sie bezüglichen all-
gemeinen Normen des Bürgerlichen Rechts; vorbe-
halten ist damit auch Statut und Observanz. Es
ist aufrechterhalten nicht nur voll ausgebildetes
Stammgutsrecht wie es sich z. B. in Hannover
findet, sondern auch alles, was von bloßen Ansätzen
zum Stammgutsrecht sich erhalten hat, z. B. die
erwähnten preußischen Bestimmungen für die
rheinische und westfälische Ritterschaft, die Reste
der Kursächsischen Konstitutionen usw. Besondere
Bedeutung gewinnt der Vorbehalt da, wo man
im Einzelfalle schwer entscheiden kann, ob Fidei-
kommiß oder Stammgut vorliegt.
Literatur: Beseler, Deutsches Privatrecht
2, 54 173 ff, 1 179 ff; O. v. Gierke, Deutsches Privat-
recht 2, 1 152f; Stobbe-Lehmann, Deutsches
Privatrecht 2, # 196; Rosin, JIherings Jahrb. 32, 323 ff;
Zimmerle, Das deutsche Stammgutsystem, 1857; Neu-
bauer, Zusammenstellungen des in Deutschland gelten-
den Rechts betr. St., Familienfideikommisse usw., 1879;
Franklin, „Stammgüter“ in Holtzendorffs R2 III, 1,
72 (1881); über die St. des Hochadels und des niederen
Adels vgl. Schücking im Art. Adel dieses Werks und vort
angegebene Literatur; über die St. des niederen Adels:
Fr. v. Rössing, Hannoversche St., Gött. (Ziebarth) Diss.
1885 (orientiert für Hannover gut); Wachsmuth,
Magazin für Hannoversches Recht 8, 1858, S 7ff; Eb-
hardt, Die Staatsverfassung des Königreichs Hanno=
ver, 1860, S 400 ff; v. Bülow, 8 für Hannoversches
Recht 8, 234 ff; Grefe, Hannovers Recht 2, 354; RG3
30, 173 ff (Fideikommißstempel für Stammgutserrichtun-
gen); v. Richthofen, Ueber singuläre Erbrechte in
schlesische Rittergüter, 1844; Wentzel, Schlesisches
Provinzialrecht, 1839, Jé 34 ff und dazu S 300.
Kommentare zu a 59 Ec# z. Bn, sowie zu a 57, 58
EG 3. BGB. 7 Mediatlsierte. Ernst Heymann.
Standesãmter, Standesregister
Personenstand (Band III, 62—70)j:z
v. Erich sen und Weiße, Führung der Stan-
desregister#:o, 1912 dazu Friedrich Meß, Die Rechts-
stellung des Standesbeamten, Diss., Jena 1913.
—
Standesherren
Band II S 830—833.