Steuerverwaltung (I. Veranlagung; II. Rechtsmittel)
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behörde auf Grund jener Veranlagung. Die Mit-
teilung der Veranlagung erfolgt durch Steuer-
zuschriften.
* 3. Die Veraulagung bei den einzelnen
Stenerarten findet ihre Darstellung in den ihnen
gewidmeten besonderen Artikeln, auf die hiermit
verwiesen werden muß:
1. Die allgemeine Einkommensteuer
Band 1 S 635f.
2. Die ergänzende Vermögens-(Ergänzungs-)
Steuer Vermögenssteuer, Band III.
3. Die partiellen Einkommen-
steuern (Kapitalrenten-, Lohn- und
Besoldungssteuern) / Band II S 493f.
4. Die Gewerbesteuer vom ttehenden
Gewerbe # Band II S 267f.
5. vom Hausierbetriebe J Wanderge-
werbe (Wanderlager) Band III.
6. Die Gebäudesteuer Band 11 Slf.
7. Die Grundsteuer 7 Band II S 293f.
# 4. Ab= und Sugangsberaulagung.
1. Einmal erfolgt eine Zugangsstellung im
Laufe des Jahres, wenn jemand während des
Jahres aus dem Zustande der Steuerfreiheit in
den der Steuerpflicht tritt und umgekehrt; ferner
wenn ein Steuerpflichtiger zuzieht, verzieht oder
stirbt; bei Gewerbesteuern, wenn eine wesentliche
Aenderung des Betriebes erfolgt; bei der Ein-
kommen- und Vermögensbesteuerung, wenn das
Einkommen bezw. Vermögen durch Erbschaften,
Schenkungen usw. sich erhöht. Eine Ermäßi-
gung oder Steuererlaß finden in der Regel statt
bei der Einkommen= und Ergänzungssteuer, wenn
eine Minderung des Einkommens und Vermögens
um mehr als ein Fünftel oder ein Viertel ein-
getreten ist. Auch bei außergewöhnlichen Unglücks-
fällen sind Ermäßigungsmöglichkeiten vorgesehen.
In all diesen Fällen, deren mannigfache Ka-
fuistik hier nicht verfolgt werden kann, wirken Ge-
meinde- und Staatsbehörden zusammen. Erstere
haben (zum Teil auf Grund von Meldepflichten
der Zensiten bei An= und Abzug z. B. 66 pr.
Eink StG) Kontrollen über diese Veränderungen
zu führen und auf Grund davon Vorschlagslisten
bezw. Listenauszüge an die Vorsitzenden der
Veranlagungsbehörden bezw. die Steuerbehör-
den einzureichen oder Mitteilungen darüber zu
machen. Somweit Neuveranlagungen nötig sind, er-
folgen dieselben bald durch die Veranlagungs-
kommissionen bezw. deren Vorsitzenden, bald durch
die Steuerämter, bei Neuveranlagung durch die
Vorsitzenden öfters mit nachfolgender endgültiger
Festsetzung durch die Kommission beim nächsten
Zusammentritt (z. B. Elf.-Lothr. Kapitalsteuer G
v. 13. 7. 01 J 22 und Gewerbesteuer G v. 1896
527), während die Festsetzung von Steuerermäßi-
gungen und Steuererlassen meist den beruflichen
Steuerbehörden zusteht; stellenweise sind aber auch
hier die veranlagenden Ausschüsse mitbeteiligt,
z. B. a 70 bayr. EinkStG von 1910.
In Sachsen spricht man bei Zugangsveran-
lagungen von „Nachschätzungen“, 8§8 47, 48 Eink-
StG v. 24. 7. 00; in Württemberg von
„Veränderung der Steueranlage“, a 65 ff Eink-
St# v. 8. 8. 03.
2. Ist im Rechtsmittelverfahren (s. 5) eine
Aenderung des Steuersatzes oder eine Sterer-
befreiung erzielt, so muß eine Berichtigung der
Steuerlisten und Heberollen eintreten bezw., da
Für Hessen s. a 49 EinkSt v.
die Rechtsmittel in der Regel aufschiebende Wir-
kung haben, eine Steuerrückerstattung erfolgen
ohne Zinsenvergütung. Aenderungen der festge-
stellten Steuer infolge verminderter Verhältnisse
im Laufe dieses Zeitraums treten regelmäßig
nicht ein, da die Veranlagungen in der Regel
für 1 Jahr, ausnahmsweise für mehrere Jahre
(Vermögens-- T#/ Ergänzungssteuer) erfolgen.
II. NRechtemittel (5 5)
I. Wenn bei der Veranlagung zu den direkten
Steuern im weiten Umfang Laienkommissio-
nen beteiligt sind, so wird das Staats interesse
dabei zunächst schon dadurch gewahrt, daß der
Vorsitzende meist ein Staatsbeamter ist und auch
die Mitglieder zum Teil vom Staat ernannt oder
die gewählten zumeist von ihm bestätigt, gutge-
heißen werden. Eine weitere Garantie gegen eine
Benachteilung der staatlichen finanziellen Inter-
essen durch die Kommissionsbeschlüsse ist in dem
Berufungsrecht des Vorsitzenden
gegen die stattgehabte Veranlagung „ im öffent-
lichen Interesse“ bezw. ein Beschwerde= oder Be-
richtsrecht an die Rechtsmittelbehörden (s. u.) ge-
geben. Dieses Recht muß sofort nach gefaßtem
Beschluß ausgeübt werden. Ein derartiges Be-
rufungsrecht ist z. B. vorgesehen in den preuß.
Gesetzen über die verschiedenen direkten Steuern
. B. EinkStG # 44, ferner in den bayer. Ge-
seen von 1910 (a 49 Eink StG, a 22 GewöSt
und a 18 Kapitalrentensteuer G, #94 Grundsteuer-
und §# 23 Haussteuer G), ebenso in Sachsen Ein-
kommensteuer G und ErgStG v. 24. 7. 00 5# 48
und 31), in Württemberg a 57 des EinkSt G v.
8. 8. 03. Für Baden siehe #1 26 des Veranla-
gungsG zu den direkten Steuern v. 6. 8. 00.
12. 8. 99,
Gewerbe St a 27 des G v. 8. 7. 84, Elsaß-
Lothringen § 28 G v. 8. 6. 96, E v. 13. 7. 01
5*24 bezw. F 19.
II. Ist die Steuerzuschrift dem veranlagten
Zensiten mitzgeteilt, so hat dieser das Recht,
gegen scine Veranlagung eine höhere Ent-
scheidung anzurufen. Dabei ist der all-
gemeine Grundsatz des Rechtsmittels in 2 In-
stanzen (Berufung, auch Reklamation und gegen
die Berufungsentscheidung, Beschwerde, auch Re-
kurs genannt) in den meisten Fällen durchge-
führt, doch findet man auch die Form der Re-
monstration (Einspruch) mehrfach vor,
wobei die veranlagende Instanz zunächst selbst
noch einmal prüft und ihre Entscheidung even-
tuell abändert. Sie wird mehrfach als erstes
Rechtsmittel gegeben, wodurch dann 3 Rechts-
mittel entstehen können, z. B. preuß. Gewöt G
v. 24. 6. 91 §J 35, Eink StG § 43 Ziff. 1, sächs.
Eink StG §556, 57, Erg St G /V 38, 9§I 28, 29 elsaß-
lothr. G v. 8B. 6. 96, Kapit StG und Lohn St G v.
13. 7. 01 § 23 bezw. 5 18. Siehe auch bayer. Ge-
setze von 1910, vor allem a 53 des EinkStG, wo-
nach Berufungen an den Steuerausschuß abzu-
geben sind, der eine Aenderung der angefochtenen
Veranlagung vornehmen kann, wenn Rentamt
und Steuerpflichtiger einverstanden sind.
Ueber die Berufung entscheiden in neuerer
Zeit vielfach nicht mehr wie früher die Steuer-
beamten allein, sondern unter Zuziehung von
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