Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Patentwesen 
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auf 1200, 1890 auf 4680, 1900 auf 8784, 1910 auf 12 100, 
1911 auf 12 610, 1912 auf 13 080. 
#+ 2. Begriff des Patentrechts. Das PRecht 
ist nur ein Teil des sog. „gewerblichen Rechts- 
schutzes“, unter welchem Begriff außer dem mit 
ihm eng zusammengehörigen Gebrauchsmuster- 
recht v. 1. 6. 91 noch das Warenzeichenrecht 
(G v. 12. 5. 94), das Geschmacksmusterrecht 
(G v. 11. 1. 76), das Kunstschutzrecht (G v. 9. 1. 07), 
das Namens= und Firmenrecht, sowie das Recht 
betr. den unlauteren Wettbewerb (G v. 7. 6. 
09) zusammengefaßt werden. Von diesen wer- 
den das P= und Musterrecht nach den grund- 
legenden Arbeiten Kohlers als Rechte an im- 
materiellen Gütern, die andern als Individual- 
rechte, hergeleitet aus dem Rechte der Per- 
sönlichkeit, bezeichnet. — Das PRecht (ebenso das 
Gebrauchsmusterrecht) befaßt sich mit dem Rechte 
der Erfindungen:; dies sind im Sinne des 
PGesetzes immaterielle Güter auf tech nischer 
Grundlage. Die Erfindung muß neu sein und eine 
gewerbliche Verwertung gestatten, d. h. sie muß 
auf dem Gebiet der Gewerbe (einschließlich der 
Landwirtschaft) erwachsen und anwendbar sein. 
Vom PSchutz ausgeschlossen sind „Erfindungen, 
deren Verwertung den Gesetzen oder guten Sitten 
zuwider laufen würde, und Erfindungen von 
Nahrungs-, Genuß= oder Arzneimitteln, sowie 
von Stoffen, die auf chemischem Wege herge- 
stellt sind, soweit die Erfindungen nicht ein be- 
stimmtes Verfahren zur Herstellung der Gegen- 
stände betreffen“ (§ 1 Abs 2 P ). 
53. Geltungsbereich des Patentgesetzes, Vor- 
aussetzungen und Wirkungen des Pateutschutzes 
(Beziehungen zur Landesverteidigung; Geheim- 
patente). Das P gilt im gesamten Reichsge- 
biet, ferner (früher streitig) auch in den Schutz- 
gebieten (Kais. V v. 9. 11.00 54), nicht dagegen 
in den Konsulargerichtsbezirken. Nach dem streng 
durchgeführten Territorialitätsprinzip sind die 
Wirkungen des P auf das Deutsche Reich und 
seine Schutzgebiete beschränkt, richten sich andrer- 
seits aber auch gegen alle auf diesem Territorium 
stattfindenden widerrechtlichen Benutzungen (auch 
solche durch Ausländer). Eine Ausnahme gilt im 
Interesse der Erleichterung des internationalen 
Verkehrs für Einrichtungen an Fahrzeugen (Schif- 
fen, Eisenbahnen, Luftfahrzeugen usw.), die nur 
vorübergehend in das Inland gelangen. Sie sind 
von der PWWirkung ausgeschlossen (§ 5 Abs 3 P). 
Die Wirkung des P besteht darin, daß der P’In- 
haber „ausschließlich befugt ist, gewerbsmäßig den 
Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr 
zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen“ 
(*§ 4 Abs1 P). Patentfrei ist also nur „jede nicht 
rein vrivate Benutzung, wenn sie auch nicht für 
Zwecke eines Gewerbes erfolgte“" (RO 3 66, 164). 
Daher dürfen weder der Staat, noch Stadt= oder 
Kirchengemeinden in ihren Betrieben Erfindun- 
gen, die für andere patentiert sind, benutzen; das 
gilt auch, wenn die Benutzung in Ausübung 
öffentlicher Gewalt für das Heer oder die 
Marine erfolgt, und der RK von dem Ent- 
eignungsrecht nach § 5 Abs 2 P keinen Ge- 
brauch gemacht hat; sowohl für die Schadens- 
ersatz= wie für die Feststellungsklage ist der Rechts- 
weg zulässig (RG 3 19. 6. 12); eine Unterlassungs- 
klage ist ausgeschlossen. Nach § 5 Abs 2 ist der RK 
befugt, zu bestimmen, daß die Erfindung für das 
Heer oder die Flotte oder sonst im Interesse der 
öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll; als- 
dann tritt die Wirkung des P gegenüber solcher 
Benutzung nicht ein; doch hat der PInhaber 
Anspruch auf angemessene Vergütung (Rechts- 
weg). Weiter ist im Interesse der Landesvertei- 
digung bestimmt, daß weder das Aufgebotsver- 
fahren stattfindet, noch auch die Einsicht der 
Polle (s. unten §& 7) gestattet ist, wenn es sich 
um ein im Namen der Reichs verwaltung für 
die Zwecke des Heeres und der Flotte nachge- 
suchtes P handelt (sog. Geheimpatente: 
§5lf19 Abs 3, 5 23 Abs 5 PG). [Der Entwurf beab- 
sichtigt eine Neuregelung.) 
#s 4. Rechtsnatur der Patenterteilung. Ueber 
die Rechtsnatur der PErteilung herrscht noch 
heute Streit; die Mehrzahl der Staatsrechts- 
lehrer (namentlich Laband und G. Meyer), aber 
auch Isay, Kommentar # 4,1 erblicken in ihr 
einen Verwükt; die überwiegende Meinung der 
Pechtsliteratur und auch die neueste Reichs- 
gerichtsjudikatur sehen in ihr eine Rechtsentschei- 
dung. Letzterer Ansicht ist beizupflichten. Die 
PErteilung oder -Versagung ist jeder Zweck- 
mäßigkeiteerwägung entzogen; sie hat sich aus- 
schließlich nach Rechtsgründen zu richten; sie ist 
vom Willen der Behörde unabhängig, da diese, 
wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, 
in der Entschließung nicht frei ist, ob das P erteilt 
werden soll oder nicht; sie hat nur zu ermitteln, 
ob die Voraussetzungen der PFähigkeit (§& 1—3 
PW) vorliegen und die Formvorschriften beob- 
achtet sind. Soweit die Vernichtung und Zurück- 
nahme eines P, bezw. die Erteilung einer Zwangs- 
lizenz in Frage stehen, wird das PMA als Verwche- 
richt tätig; als Erteilungsbehörde dagegen übt es 
eine Tätigteit der freiwilligen Gerichtsbarkeit aus. 
In beiden Eigenschaften bedarf es aller Ga- 
rantien, die eine unabhängige Rechtsprechung 
gewährleisten und Sicherheit für einen unpartei- 
ischen Schutz der Erfindungen und damit des 
nationalen Gewerbefleißes bieten. Deshalb muß 
auch 8 158 des Reichsbeamtengesetzes auf die 
Mitglieder des PA ausgedehnt werden, da ihnen 
in jeder Tätigkeit in den Abteilungen richterliche 
Geschäfte obliegen. 
5. Arten der Patente, Dauer. — Gebühren. 
Das Gesetz selbst erwähnt nur Haupt= und 
Zusatz patente. Letztere werden auf Erfindun- 
gen erteilt, die die Verbesserung oder sonstige 
weitere Ausbildung einer andern, zugunsten des 
PSuchers geschutzten Erfindung bezwecken (§ 7 
Abs 2); sie erreichen ihr Ende mit dem Haupt P; 
wird dieses für nichtig erklärt, so werden sie selb- 
ständige Haupt P; doch bestimmt sich Dauer und 
Fälligkeitstag der Gebühren nach dem Anfangs- 
tage des Haupi P. Im übrigen sind für das 
ZusatzP, solange das Zusatzverhältnis besteht, 
nur die Anmelde= und erste Jahresgebühr (zu- 
sammen 50 Mk.) zu zahlen. — Theorie und Praxis 
kennen ferner noch Abhängigkeits- und 
Kombinationspatente. Bei ersteren 
werden Erfindungsgedanken einer älteren Er- 
findung benutzt, die infolge eines erfinderischen 
Ueberschusses an sich patentfähig sind. Ueber die 
Frage der Abhängigkeit haben ausschließlich die 
ordentlichen Gerichte zu entscheiden (RG 33, 149 
und die ständige Judikatur; vgl. auch unten § 8). 
Unter einem Rombinations P versteht man im 
  
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