Stiftungen (Verwaltung)
543
Anstalt hervorgegangen ist (Reich, Staat, Ge-
meinde), sei es daß dessen Vertreter die Organe
zu ernennen, sei es daß sie selbst in Erfüllung ihrer
Dienstpflicht die öffentliche Anstalt zu verwalten
haben (O. Mayer 1, 408 ffg).
III. Ass Destinatäre der St. werden die-
jenigen Personen bezeichnet, denen die St. zu-
gute kommen soll. Für ihr rechtliches Verhältnis
zur St. ist vor allem der größere oder geringere
Grad der Bestimmtheit maßgebend, mit der ihr
Kreis in der Satzung abgegrenzt ist. Ein Recht
auf den Genuß besteht dann, wenn die Satzung
die Teilnahme daran unmittelbar an das Vorhan-
densein bestimmter Tatbestandsmerkmale (z. B.
persönliche Eigenschaften) knüpft. Unerheblich ist
es dabei, ob diese Tatbestandsmerkmale ohne
weiteres sicher erkennbar (z. B. Alter, Familien-
angehörigkeit) sind, oder aber wie z. B. das Er-
fordernis der Würdigkeit, Dürftigkeit dem Er-
messen einen gewissen Spielraum lassen. Ein
rechtlicher Anspruch besteht dagegen unmittelbar
nicht, sondern wird erst durch die Verfügung des
zuständigen St. Organs begründet, wenn ihm
innerhalb des wenn auch fest begrenzten Kreises
von Personen die Auswahl überlassen ist.
Ein Anteil an der Vertretung der St. steht
den Destinatären an und für sich nicht zu, da sie nicht
Mitglieder im eigentlichen Sinne sind. Jedoch
kann ihnen durch die Satzung ein solches Recht
eingeräumt werden und vereinzelt sind sie auch
durch Gesetz berufen. So nach preußischem Recht
bei Familien St. die Familienglieder (AG #z.
BeBa2), nach badischem Recht bei konfessionell
beschränkten St. die Genußberechtigten (R# # 23).
Insbesondere aber finden sich vielfach bei St. des
öffentlichen Rechts Uebergänge zur Körperschafts-
verfassung insofern, als nicht nur der Kreis der
Destinatäre fest begrenzt, sondern auch an die
Tatsache der Beteiligung Rechte und Pflichten
eknüpft sind, die denen aus der Vereinsmitglied-
chaft entsprechen (z. B. RVO Fs 1329 ffj; vgl.
Gierke, D. Privatrecht 1, 641). N Oeffentliche
Anstalten.
Rechte auf Anteil an den Nutzungen oder der
Verwaltung, die gegenüber St. des bürgerlichen
Rechts bestehen, sind privatrechtlicher Natur und
daher an sich auf dem ordentlichen Rechtsweg IANI
klagbar (Oppenhoff, Gesetze über die Ressortver-
hältnisse in Preußens, 36 ff). Die neuere Gesetz-
gebung hat sie aber vielfach auf den Verwechts-
weg verwiesen (vgl. Sartorius, Staatl. Verw-
Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Kirchenrechts,
1892, 74 ff; Sarwey, Das öffentl. Recht und die
Verwechtspflege, 1880, 533 ff). Im weitesten
Umfang das bad. St. G F§ 11, nach dem nur Strei-
tigkeiten über das private St. Geschäft vor die
ordentlichen, alle Ansprüche aber auf Genuß oder
die Verwaltung auch der Familien St. vor die
Verw Gerichte gehören. In Württemberg sind
für Streitigkeiten über Genuß und Verwaltung
von Familien St. die ordentlichen Gerichte, über
Ansprüche auf Genuß von öffentlichen St. die
Verw erichte zuständig (G v. 16. 12. 75 a 2, 10,
dazu Goez, Die VerwRechtspflege in Württem-
berg, S 60, 315). Auch in Bayern ist nach herr-
schender Praxis der Charakter der Privat= oder
öffentlichen St. für die Zuständigkeit der Gerichte
oder Verw Behörden und -Gerichte maßgebend
(Kahr, Bayer. Gem O 1, 688 ff).
IV. Der Zweck der St. ist durch den Willen des
Stifters ein für allemal gesetzt. Daß die Organe
der St. sie gemäß dieser ihrer Bestimmung ver-
walten, ist nicht nur eine Forderung des Rechts,
die der Geltendmachung der Beteiligten überlassen
werden könnte, sondern ein öffentliches Interesse,
dessen Vertretung Aufgabe der Verwaltung ist.
Die St. stehen daher unter staatlicher Aufsicht.
Sie ist verschieden ausgestattet nach dem Maße
in dem das öffentliche Interesse an der Zweck-
bestimmung der St. beteiligt ist. Gegenstand
einer ständigen Aufsicht sind in der Regel nur die
öffentlichen, nicht auch die Familien St. Und
im besonderen Umfang ist sie der Natur der Sache
nach gegenüber den St. des öffentlichen Rechts
ausgebildet, die als solche nach Maßgabe ihrer
verfassungsmäßigen Bestimmung zur Verwirk-
lichung von Aufgaben der öffentlichen Verwal-
tungsselbst berufen sind. Die rechtlichen Grund-
lagen sind teils durch die Gesetzgebung, teils durch
die Satzung gegeben. Ausschließlich dem öffent-
lichen Recht angehörig, sind die landesrechtlichen
Bestimmungen über die Stiftungsaufsicht durch
Bun überhaupt nicht berührt worden.
V. Die St. sind als rechtsfähige Vermögensträger
nach den für juristische Personen geltenden Nor-
men steuerpflichtig (vgl. E. Mayer in der
1. Aufl. des WB Verw Art. Juristische Personen
1, 696 f). Soweit indessen die Steuergesetze über-
haupt eine Steuerpflicht der juristischen Personen
festsetzen, haben sie doch vielfach für die milden oder
überhaupt gemeinnützigen St. sowie für die St.
des öffentlichen Rechts Privilegien gewährt. Vgl.
Reichserbschaftssteuer G in der Fassung v. 3. 6. 06
5* 12 (Rcnl 1906, 654), preuß. Komm bg G v.
14. 7. 93 5 24 h (GE 152), bayer. Einkommen-
steuerG v. 14. 8. 10 a 8 Nr. 11 (GBBl 493),
Gemeindeumlagen G v. 14. 8. 10 a 4 Nr. 6 (GVBl
581), sächs. Einkommensteuer G v. 24. 7. 00 8 6
Nr. 10 (GVl 562), württ. Einkommensteuer Gv.
8. 8. 03 à 8 Nr. 9—15 (Reg Bl 261), Kapital-
steuer G v. 8. 8. 03 a 6 Nr. 8—12 (Reg l 313),
G betr. die Grund-, Gebäude-, Gewerbesteuer in
der Fassung v. 8. 8. 03 a 2 Nr. 5 (Reg Bl 344),
— — v. S. 8. 03 a 19, 24 (Reg Bl
#s 6. Verwaltung. Geschichtliche Nebersicht.
Die Auffassung der christlichen Kirche, welche die
Wohltätigkeit als eine vorzügliche Aufgabe des
religiösen Gemeinschaftslebens betrachtete, wurde
im römischen Recht rezipiert und wirkte auf die
Ordnung des VerwRechts bestimmend ein. Die
Verwaltung aller St. und Wohltätigkeitsanstalten
stand mit rechtlich anerkannter Notwendigkeit un-
ter dem beherrschenden Einfluß der kirchlichen
Organe. Diese Verbindung der St. Verwaltung
mit dem kirchlichen Versf Organismus erhielt sich,
durch kanonische Rechtsvorschriften bestätigt, das.
ganze Mittelalter hindurch (vgl. Roth, Jahrb. f.
Dogmatik usw., 1, 189 ff; Meurer, Begriff und
Eigentümer des Kirchenvermögens, 2, 250 ff;
auch E. Löning, Geschichte des deutschen Kirchen-
rechts, 1878, 2, 648 ff).
Schon am Ausgang des Mittelalters zeigen sich
jedoch zahlreiche Spuren einer bürgerlichen Ar-
menpflege (l. Der entscheidende Umschwung setzt
mit der Reformation ein. Den äußeren Anlas
des staatlichen Eingreifens bot der seit dem 15.
Jahrhundert immer deutlicher wahrnehmbare Ver-