Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Stiftungen (Württemberg) 
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auf die Vorschriften des älteren Rechts über die 
Beaufsichtigung der geistlichen Güter zurückzu- 
gehen sein (Generale v. 1. 1. 50, Seydewitz 12 ff, 
Weber 2, S 608 ff. 736). Die Annahme von 
Schenkungen bedarf nicht der Genehmigung (V 
v. 30. 4. 69, Seydewitz 394). 
III. Die Verwaltung bestimmt sich zu- 
nächst nach den Anordnungen des Stifters. Fehlen 
solche, so hat die Behörde, der die Genehmigung 
der St. zusteht, die Verfassung der St. zu regeln 
(AG z. BGB F 1). Jedoch ist für einzelne Arten 
von St. die VerwZuständigkeit subsidiär allge- 
mein geregelt. Dem Wirkungskreis der lokalen 
Armenbehörden gehört die Verwaltung der 
Armen St. an (ArmenO v. 22. 10. 40 J87, GBBl 
286). Dem Schulvorstand obliegt die Verwaltung 
der Schul St., soweit nicht „die Verwaltung von 
Stadträten seither durch besondere Organe er- 
folgt ist" (Schul G § 24 d). Dagegen ist eine all- 
gemeine Zuständigkeit der Gemeinden zur Ver- 
waltung der örtlichen St. nicht begründet. Die 
neueren Gemeindeordnungen stellen nur einzelne 
Bestimmungen über die Verw Führung der St. 
auf, die sich etwa in der Verwaltung der Gemeinde 
befinden. 
Im Geltungsbereich der rev. St O v. 24. 4. 73 1 68 
unterstehen die in der Verwaltung des Stadtrats befindlichen 
St. der Kontrolle der Stadtverordneten. Sie haben die 
Rechnungen zu prüfen und richtig zu sprechen. In den 
Fällen, in denen für die Verwaltung des Gemeindevermö- 
gens ihre Genehmigung vorgeschrieben ist, bedürfen auch 
bei den St. die Beschlüsse des Stadtrats einer solchen. In 
den andern Städten steht die Kontrolle und Justifizierung 
der KRechnungen dem Stadtgemeinderat (St O für mittlere 
und kleine Städte v. 24. 4. 73 a 1I 2), in den Landgemeinden 
dem Gemeinderat zu (1 57 LEO v. 11. 7. 13, GBl 180). 
Doch gelten auch diese Vorschriften nur, soweit nicht „be- 
sondere Vorschriften“ bestehen. 
# 10. Württemberg. 
I. Die wichtigste Quelle bildete bis in die neueste Zeit 
das VerwEdikt v. 1. 3. 1822 (Friedberg, Verf Gesetze 409; 
dazu Weinheimer, Verwaltung der öff. St. im Königreich 
W., 1880). Es hielt an dem althergebrachten Rechtszustand, 
daß Kirchengemeinde und politische Gemeinde zusammen- 
fallen, sest, und übertrug demgemäß die Verwaltung der 
sämtlichen Orts St. einem gemischten, aus dem Gemeinderat 
und den Ortsgeistlichen zusammengesetzten Stiftungsrate. 
Die Auseinandersetzung des weltlichen und kirchlichen Orts- 
vermögens wurde durch Ach zum Unterstützungswohnsitz 
v. 17. 4. 73 (Reg Bl 109) eingeleitet und durch die G v. 
14. 7. 87 betr. die Vertretung der ev. Kirchengemeinden und 
die Verwaltung ihrer Vermögensangelegenheiten (Regl 
237) bezw. die Bertretung der kath. Pfarrgemeinden usw. 
(Kegn#l 272) allseitig — vorbehaltlich aber des Rechts der 
Kirchengemeinden mit überwiegender kath. bezw. ev. Kon- 
session, unter bestimmter Voraussetzung dem St. Rat die 
Verwaltung des Kirchenvermögens zu belassen — durch- 
ge führt. 
II. Das örtliche St. Vermögen zerfällt 
demnach in kirchliche und weltliche St. 
Als kirchliche sind nach a 30 des evang. und 
a 20 des kath. Gazusehen: die ausschließlich zu 
Zwecken des Gottesdienstes und des kirchlichen 
Lebens, zur Versorgung der Kirchendiener, zur 
Anschaffung religiöser Schriften für Konfessions- 
angehörige bestimmten St., sowie die von Geist- 
lichen für arme Gemeindeangehörige errichteten 
St. ohne weiteres, St. für milde Zwecke, welche 
durch kirchliche Organe stiftungsmäßig verwaltet 
  
oder verwendet werden sollen oder herkömmlich 
verwendet worden sind, rein konfessionelle oder 
zur Erinnerung an einen kirchlichen Akt errichtete 
St. sowie diejenigen, deren Erträgnisse an kirch- 
lichen Feiertagen oder in kirchlichen Räumen zu 
verteilen sind, alle diese, sofern nicht nach den 
Umständen vom Stifter eine weltliche St. beab- 
sichtigt war — alle übrigen, sofern sich aus den 
Umständen ergibt, daß der Stifter eine kirchliche 
St. beabsichtigt hat. Streitigkeiten über die Aus- 
scheidung sind Verwaltungsrechtssachen. 
Die Verwaltung aller nichtkirchlichen 
öffentlichen Orts St. (einschließlich der sog. ge- 
mischten Familien St.) ist, sofern anderweitige 
stiftungsmäßige Anordnungen nicht bestehen oder 
doch unausführbar sind, Gemeindeangelegenheit, 
und wird nach den Bestimmungen der GemO 
v. 28. 7. 06 (Reg Bl 323) a 151 ff geführt. Zu- 
ständig ist der Gemeinderat. Die Verwaltung der 
ausschließlich den Zwecken der öffentlichen Armen- 
pflege gewidmeten St. führt er in seiner Eigen- 
schaft und Zusammensetzung als Ortsarmenbe- 
hörde. Bei der Verwaltung der gemischten St., 
d. h. der für weltliche und kirchliche Zwecke oder 
für kirchliche Zwecke mehrerer Konfessionen be- 
stimmten St. treten die Ortsgeistlichen des oder 
der Bekenntnisse hinzu, deren Angelegenheiten 
durch die Verwaltung berührt werden. Für die 
Besorgung der laufenden Geschäfte kann durch 
Beschluß der Gemeindekollegien ein Ausschuß 
bestellt werden, der aus dem Ortsvorsteher und 
zwei bis vier weiteren vom Gemeinderat auf 
2 Jahre aus seiner Mitte gewählten Mitgliedern 
besteht. Dem Ermessen des Gemeinderats bleibt 
ees vorbehalten, besondere Rechner zu bestellen 
oder die Verwaltung dem Gemeindepfleger zu 
übertragen. Die Verwaltung ist jedoch in allen 
Fällen von der des Gemeindevermögens getrennt 
zu halten. Das Grundstocksvermögen der St. 
ist ungeschmälert zu erhalten und darf nur in den 
gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen (a 157) 
angegriffen werden. Die Erträgnisse des St. Ver- 
mögens dürfen nur zur Bestreitung der Verw- 
Kosten und Erfüllung der St. Zwecke verwendet 
werden. Der St. Haushalt wird auf Grund eines 
jährlich von den Gemeindekollegien beschlossenen 
und aufsichtlich für vollziehbar erklärten Voran- 
schlags geführt. In den gesetzlich bestimmten 
Fällen (a 159) bedürfen die Beschlüsse des Ge- 
meinderats der Zustimmung des Bürgeraus- 
schusses. Ueber sämtliche Einnahmen und Aus- 
gaben der St. ist jährlich — nach Beschluß der 
Gemeindekollegien mit aufsichtlicher Genehmigung 
bei kleineren St. nur alle 2 oder 3 Jahre — Rech- 
nung zu legen. Im übrigen finden die Vorschriften 
über die Verwaltung des Gemeindevermögens 
auch auf die Verwaltung der St. entsprechend 
Anwendung. 
Die Aufsicht über die Verwaltung der 
nichtkirchlichen Orts St. wird unter Oberaussicht 
des Min Inn in den großen und mittleren Städten 
durch die Kreisregierungen, in den übrigen Ge- 
meinden zunächst durch die Oberämter, bei ge- 
mischten St. in Gemeinschaft mit dem betr. 
Dekan (gemeinschaftliches Oberamt) geführt. Bei 
allen Entscheidungen über gemischte St. ist zuvor 
die Oberkirchenbehörde des beteiligten Bekennt- 
nisses zu hören. Die Aufsichtsübung beschränkt 
sich im allgemeinen darauf, daß die VerwBefug- 
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