Patentwesen 45
30. 11. 93) über Fragen, welche P betreffen,
und nur dann erstattet werden dürfen, wenn im
gerichtlichen Verfahren voneinander abweichende
Gutachten mehrerer Sachverständiger vorliegen
(X* 18 PG), geben die Beschwerdeabteilungen ab
(Nais. Vo v. 11. 7. 91 52).
8 7. Verfahren in Patentsachen.
1. Erteilungsverfahren. Das deut-
sche P # hat das System der sog. Vorprüfung
angenommen, das den hohen Wert der deutschen
Pbegründet hat; im Gegensatz hierzu steht das
sog. Anmeldesystem Frankreichs, Belgiens, Ita-
liens, Spaniens, Portugals und anderer Staaten,
die P ohne Prüfung erteilen. Jede PAnmeldung
wird in einer besonderen Plasse, je nach dem
Gebiet des Gewerbes, dem sie angehört, behan-
delt; jede Klasse ist wieder in mehrere Unterklassen
und diese sind in über 8000 Gruppen geteilt, wo-
durch Ordnung und Uebersicht in dem ungeheuern
Material geschaffen ist. — Die formellen Er-
fordernisse der PAnmeldung geben § 20 PG und
die auf Grund dieser Vorschrift erlassenen „Be-
stimmungen über die Anmeldung von Erfindun-
gen v. 22. 11. 98“ näher an. Die PAnmeldung
unterliegt zunächst in formeller und materieller
Hinsicht der Vorprüfung durch ein Mitglied der
Anmeldeabteilung; ergibt sie, daß eine patent-
fähige Erfindung nicht vorliegt oder die Anmel-
dung den vorgeschriebenen Anforderungen nicht
genügt, so erläßt der Vorprüfer einen mit Grün-
den versehenen „Vorbescheid“ unter Setzung einer
bestimmten Frist zur Aeußerung (§ 21 Abs 2 und 3);
nach fruchtlosem Ablauf der Frist gilt die Anmel-
dung als zurückgenommen; andernfalls entschei-
det die Abteilung (§21 Abs 4). Wenn das Pdlie
Anmeldung als gehörig erfolgt und die Erteilung
eines P nicht für ausgeschlossen erachtet (§5 23
Abs 1), beschließt es die Bekanntmachung,
mit der einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des
eintreten, die rückwärts hinfällig werden, wenn
das P später versagt wird (§ 27 Abs 2). Die
Bekanntmachung erfolgt auszugsweise im Reichs-
anzeiger und durch Auslegung der Anmeldung
nebst sämtlichen Beilagen beim P zur Einsicht
für Jedermann. Sie kann auf Antrag des An-
melders bis zur Dauer von 6 Monaten ausgesetzt
werden (§ 23 Abs 4), um ihm Zeit zur wirtschaft-
lichen Ausnutzung der Erfindung zu geben, bevor
sie der Allgemeinheit bekannt wird.
zweckt, dem Publikum die Möglichkeit des Ein-
spruchs zu gewähren. Durch dieses Aufgebots-
systeim wird also die gesamte Industrie an der Mit-
prüfung des Pbeteiligt. Der gebührenfreie Ein-
spruch muß binnen 2 Monaten und schriftlich er-
folgen, muß mit Gründen versehen sein, und kann
nur darauf gestützt werden, daß der angemeldete
Gegenstand nicht patentfähig, vorpatentiert oder
dem Eisprechenden widerrechtlich entnommen
sei (§24 Abs 2). — Erfolgt kein Einspruch, so hat
die Abteilung das Pzu erteilen, andernfalls
über den Einspruch zu beschließen. Die Anhörung
der Beteiligten kann jederzeit bei der Vorprüfung
und in dem Verfahren vor der Abteilung ange-
ordnet werden. Gegen den Zurückweisungs-
beschluß hat der Anmelder und gegen den Ertei-
lungsbeschluß der Einsprecher innerhalb eines
Monats nach Zustellung das Beschwerde-
recht; Anschlußbeschwerde ist zulässig. Kosten der
Beschwerde (20 Mk.) sind mit der Einlegung zu
Sie be-
zahlen (§F§ 26 Abs 1). Die Ladung und Anhörung
der Beteiligten muß hier auf einseitigen Antrag er-
folgen, falls nicht der Antragsteller im Verfahren
vor der Anmeldeabteilung bereits geladen war
(5 26 Abs 3). Die Beschwerdeabteilung kann
über die Kosten nach freiem Ermessen bestimmen.
— Neben der förmlichen und befristeten Be-
schwerde kennt das P die form= und fristlose,
gebührenfreie Beschwerde gegen Beschlüsse
der Anmeldeabteilungen und der Nichtigkeitsab-
teilung (& 16), sowie eine Verwaltungs-=
beschwerde an den Präsidenten, die unzu-
lässig ist, soweit Prozeßbeschwerde stattfindet.
Ist die Erteilung endgültig beschlossen, so erläßt
das P. hierüber im Rünz eine Bekanntmachung
und fertigt dem PInhaber die Patentur-
kunde aus (§27 Abs 1). Die „Patentschriften“
werden vom PI selbst vertrieben (Stück 1 Mk.)
und unentgeltlich in der Auslegehalle des PU,
wie an zahlreichen andern Stellen (Technischen
Hochschulen, Handels= und Gewerbekammern)
ausgelegt. Ferner wird das P in die Patent-
rolle eingetragen (Inhalt und Einrichtung
519), deren Einsicht jedermann freisteht.
Im gesamten Verfahren sieht der Entwurf
wesentliche Aenderungen vor.
2. Nichtigkeitsverfahren. Die Nichtigkeits-
erklärung und Zurücknahme eines P ’erfolgen, wic die Er-
teilung einer Zwangslizenz, nur auf Antrag. Die Nichtig-
keitsklage ist Popularklage: Nachweis eines besonderen
Interesses ist nicht erforderlich: bei widerrechtlicher Ent-
nahme ist nur der Verletzte antragsberechtigt. Wegen
mangelnder PgFähigkeit kann die Klage nur innerhalb von
5 Jahren vom Tage der über die PErteilung erfolgten Be-
kanntmachung an erhoben werden. Die mit dem Antrage
einzuzahlende Nichtigkeitsgebühr beträgt 50 Mk. Er-
klärt sich der PZZnhaber nach Aufforderung nicht binnen
cinem Monat, so kann ohne Ladung und Anhörung der
Beteiligten sosort nach dem Antrage entschieden und bei
dieser Entscheidung iede von dem Antragsteller behauptete
Tatsache für erwiesen angenommen werden (§5 20 Abs 2);
im Falle rechneitigen Widerspruchs, oder, wenn die Ent-
scheidung nach dem Antrag nicht sosfort ergehen kann, trifft
das Pldie zur Aufklärung erforderlichen Verfügungen
(* 30 Abs 1) und entscheidet nach Ladung und Anhörung
der Beteiligten;:; es kann die Vernehmung von Zeugen
und Sachverständigen anordnen; auf sie finden die Vor-
schriften der 3PO Anwendung. Im allgemeinen ist das
Verfahren dem Partreiverfahren durch die Praris nach-
gebildet: es ist nicht öffentlich und von der Cffizialmaxime
beherrscht. Nebenintervention und Widerklage sind zu-
lässig; Parteieid und richterlicher Eid ausgeschlossen. Die
Gerichte haben dem PA Rechiehilfe I7) zu leisten (6 32).
Die abweisende Entscheidung erzeugt Rechteskraft nur unter
den Parteien und nur im Umsange des Klagegrundes;
die Vernichtung des P wirkt inter omnes. In der Entschei-
dung ist nach freiem Ermessen über die Kosten des Verfah-
rens zu befinden (5 31 Pe#).
Gegen die Entscheidung des PA ist die Berufung
binnen 6 Wochen nach Zustellung an das Reichs-
gericht zulässig (s5 33). Das Versahren vor dem
Rcichsgericht ist gegenüber dem patentamtlichen Verfah-
ren ein völlig neues; es ist des Näheren geregelt durch
die Kais. V v. 6. 12.91;: Ladung und Anhörung der Parteien
ist erforderlich. Anschlußberufung ist nach der Praris unzu-
lässig. Das Rrichsgericht kann zur Beratung Sachverständige
zuziehen, die an der Abstimmung nicht teilnehmen dürsen.
Die Zahl der Nichtigkeitsklagen betrug im Jahre 1910:
281, 1911: 287, 1912: 271. Das Rrichsgericht hatte im