Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

558 
Ströme 
  
Streik 
Koalitionsfreiheit (Band II, 587). 
Ströme 
# 1. Begriff und Umfang. * 2. Ordnung der Benutzung. 
* 3. Instandhaltung. 
5 1. BVegriff und Umfang. St. find natürlich- 
fließende Gewässer, welche öffentliche Verkehrs- 
straßen bilden. Das Merkmal ist, daß sie geeignet 
sind zur Schiffahrt und zur Floßfahrt mit verbun- 
denen Hölzern oder zu einem von beiden. Um 
dieses Umstandes willen erhalten sie zugleich 
eine rechtliche Verschiedenheit von anderen Flüssen. 
Während diese privatrechtlicher Herrschaft, und 
zwar regelmäßig dem Rechte der Angrenzer unter- 
worfen sind [J Flüsse §& 2), stehen jene als Verkehrs- 
straßen unter dem öffentlichen Rechte des Staates. 
Sie sind öffentliche Sachen II. Daher 
sie auch bezeichnet werden als öffentliche 
Flüsse im Gegensatz zu den gewöhrnlichen 
Flüssen, den Privatflüssen. 
Welche Wasserläufe zu den Strömen, zu den 
öffentlichen Flüssen in diesem Sinne gehören, das 
entscheidet sich nach dem Vorhandensein jenes 
Merkmals der Schiff= oder Flößbarkeit. Denkbar 
ist, daß die staatliche Gesetzgebung eingreift und 
zwingend die Flüsse bezeichnet, die als Ströme, 
als öffentlich-rechtlich geordnete Wasserstraßen zu 
behandeln sind. Doch wird man den wahren 
Willen eines solchen Gesetzes zu suchen haben: mit 
dem Ausspruch, daß bestimmte Flüsse als öffent- 
liche angesehen werden sollen, kann auch nur die 
rechtliche Zugehörigkeit an den Landesherrn, den 
Staat, den Fiskus gemeint sein, ohne eine Ent- 
scheidung darüber, ob diese Zugehörigkeit nach 
öffentlichem oder nach Zivilrecht zu beurteilen ist. 
So nach dem oft zitierten sächsischen „Befehl“ v. 
7. 10. 1800, der die Elbe, die Mulde und die beiden 
Elstern für „öffentliche Flüsse“ erklärt, während 
zweifellos in Sachsen nur die Elbe als schiffbarer 
Strom und öffentlicher Fluß in dem hier gemein- 
ten Sinne in Betracht kommt. Auch das württ. 
Wasser Ga, wenn es alle regelmäßig frei fließen- 
den Gewässer für öffentliche erklärt, versteht das 
nicht in dem hier in Betracht kommenden Sinne; 
es hat wesentlich nur die öffentlich-rechtliche Rege- 
lung der Nutzungsrechte im Auge und sieht diese 
Gewässer ordentlicherweise als herrenlos an. Um- 
gekehrt vermeidet jetzt das Preußische Wasser G 
v. 7. 4. 13 für das, was wir St. oder öffentliche 
Flüsse nennen, den Hinweis auf eine besondere 
Oeffentlichkeit und zählt, was dazu gerechnet wer- 
den soll, unter dem Namen „natürliche Wasser- 
läufe erster Ordnung" in einem erschöpfenden 
Verzeichnis auf #). 
Ueber die danach etwa noch offen bleibende 
Frage, ob ein Wasserlauf als Strom anzu- 
sehen sei oder nicht, wird auch ohne ausdrück- 
liche Bestimmung die Verw Behörde in erster Linie 
1) Ueber das neue preußische Recht 1 Wasserrecht. 
  
zur Entscheidung berufen sein. Denn der Strom 
bedeutet ein Gebiet der Strompolizei, die in sei- 
nem Bereich über gute Ordnung und über guten 
Stand der Verkehrsstraße zu wachen hat (unten 
#§ 3). Ob im Einzelfall diese ihre Zuständigkeit 
gegeben ist, entscheidet die Verw Behörde selbst. 
Steht die Eigenschaft eines Flusses als eines 
öffentlichen fest, so ist nicht gesagt, daß ihm diese 
nun auch ganz und gar bis in seine ersten Anfänge 
hinauf zukommt. Sie beginnt vielmehr 
mangels einer ausdrücklichen Abgrenzung, wie sie 
das Preußische Wassergesetz gibt, erst an dem 
Punkte, wo er das maßgebende Merkmal der 
Schiffbarkeit erhält; was dahinter liegt, ist Privat- 
fluß. Auch die Bestimmung dieses Punktes ist 
in erster Linie wieder Sache der Verw Behörde; 
sie sagt, wie weit ihre Strompolizei reicht. Damit 
stellt sie zugleich den polizeilichen Besitzstand her. 
Inwieweit gegen diese Bestimmungen Rechts- 
mittel gegeben sind, das richtet sich nach den be- 
sonderen landesgesetzlichen Vorschriften; von selbst 
versteht sich nur der gewöhnliche Beschwerdeweg. 
Zum Teil ist den VerwGerichten hier eine Zu- 
ständigkeit übertragen, zum Teil sind auch die 
ordentlichen Gerichte für zuständig erklärt worden, 
um dem behaupteten Privateigentum zur An-ü 
erkennung zu verhelfen oder wenigstens Entschä- 
digungsansprüche zu bescheiden (bayer. G v. 28. 8. 
78 a 8; württ. Gv. 16. 12. 76 a 10; Nieberding 81). 
Andererseits kommt auch die seitliche Ab- 
grenzung der öffentlichen Sache in Frage. 
Zu ihr gehört nicht bloß der Teil des Stromes, der 
die eigentliche Verkehrsstraße bildet, auch die 
seichteren Stellen, die Seitenarme gehören dazu. 
Die Grenze zieht sich am Ufer hin; das Ufer ge- 
hört den verschiedenen Angrenzern und die Linie 
zwischen deren Privateigentum und dem im öffent- 
lichen Eigentum des Staates stehenden Strom- 
bette bestimmt sich nach gewissen gesetzlichen oder 
aus der Natur der Sache entnommenen Regeln. 
Maßgebend ist entweder der mittlere Wasserstand 
(preuß. Wasser G 5 12, bad. WasserG 6, bayer. 
Wasser G a 6) oder der höchste Wasserstand, wobei 
außerordentliche Hochwasser nicht mitzählen (preuß. 
Okr v. 22. 3. 69) oder auch, was nicht immer 
damit übereinstimmen wird, der Ueberschwem- 
mungspunkt, d. h. derjenige Punkt, mit dessen 
Ueberschreitung der St. in den Zustand der Ueber- 
schwemmung tritt (Els-Lothr., Entsch d. franz. 
Staatsrats v. 8. 3. 66). Nach diesen Grundsätzen 
wird auch die seitliche Abgrenzung durch die 
Verw Behörde festgestellt und der Besitzstand der 
öffentlichen Sache gewahrt. Steine oder Marken 
geben die festgesetzte Linie kund. 
*#2. Ordnung der Bennutzung. Die Benutzung 
der St. ist den Einzelnen in mancherlei Weise zu- 
gänglich. Der Rechtsform nach ist sie entweder 
Gemeingebrauch oder besondere Benutzung. 
Deem Gemeingebrauch gehört der St., 
seinem Wesen als Verkehrsstraße entsprechend, 
vor allem für die Zwecke der Binnenschiffahrt (I 
und der Flößerei ([V|. Daneben sind gewisse ge- 
ringfügige Benutzungen hier ebenso freigegeben 
wie bei den Privatflüssen, als da sind: Baden, 
Waschen, Viehschwemmen, Trinken, Wasserschöp- 
fen, Viehtränken. Auch ist der St. bestimmt, 
das von den einzelnen Ufergrundstücken ablaufende 
Wasser aufzunehmen. Alle diese Benutzungen 
bilden keine besonderen Rechte, sondern sind
	        
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