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Ströme
Streik
Koalitionsfreiheit (Band II, 587).
Ströme
# 1. Begriff und Umfang. * 2. Ordnung der Benutzung.
* 3. Instandhaltung.
5 1. BVegriff und Umfang. St. find natürlich-
fließende Gewässer, welche öffentliche Verkehrs-
straßen bilden. Das Merkmal ist, daß sie geeignet
sind zur Schiffahrt und zur Floßfahrt mit verbun-
denen Hölzern oder zu einem von beiden. Um
dieses Umstandes willen erhalten sie zugleich
eine rechtliche Verschiedenheit von anderen Flüssen.
Während diese privatrechtlicher Herrschaft, und
zwar regelmäßig dem Rechte der Angrenzer unter-
worfen sind [J Flüsse §& 2), stehen jene als Verkehrs-
straßen unter dem öffentlichen Rechte des Staates.
Sie sind öffentliche Sachen II. Daher
sie auch bezeichnet werden als öffentliche
Flüsse im Gegensatz zu den gewöhrnlichen
Flüssen, den Privatflüssen.
Welche Wasserläufe zu den Strömen, zu den
öffentlichen Flüssen in diesem Sinne gehören, das
entscheidet sich nach dem Vorhandensein jenes
Merkmals der Schiff= oder Flößbarkeit. Denkbar
ist, daß die staatliche Gesetzgebung eingreift und
zwingend die Flüsse bezeichnet, die als Ströme,
als öffentlich-rechtlich geordnete Wasserstraßen zu
behandeln sind. Doch wird man den wahren
Willen eines solchen Gesetzes zu suchen haben: mit
dem Ausspruch, daß bestimmte Flüsse als öffent-
liche angesehen werden sollen, kann auch nur die
rechtliche Zugehörigkeit an den Landesherrn, den
Staat, den Fiskus gemeint sein, ohne eine Ent-
scheidung darüber, ob diese Zugehörigkeit nach
öffentlichem oder nach Zivilrecht zu beurteilen ist.
So nach dem oft zitierten sächsischen „Befehl“ v.
7. 10. 1800, der die Elbe, die Mulde und die beiden
Elstern für „öffentliche Flüsse“ erklärt, während
zweifellos in Sachsen nur die Elbe als schiffbarer
Strom und öffentlicher Fluß in dem hier gemein-
ten Sinne in Betracht kommt. Auch das württ.
Wasser Ga, wenn es alle regelmäßig frei fließen-
den Gewässer für öffentliche erklärt, versteht das
nicht in dem hier in Betracht kommenden Sinne;
es hat wesentlich nur die öffentlich-rechtliche Rege-
lung der Nutzungsrechte im Auge und sieht diese
Gewässer ordentlicherweise als herrenlos an. Um-
gekehrt vermeidet jetzt das Preußische Wasser G
v. 7. 4. 13 für das, was wir St. oder öffentliche
Flüsse nennen, den Hinweis auf eine besondere
Oeffentlichkeit und zählt, was dazu gerechnet wer-
den soll, unter dem Namen „natürliche Wasser-
läufe erster Ordnung" in einem erschöpfenden
Verzeichnis auf #).
Ueber die danach etwa noch offen bleibende
Frage, ob ein Wasserlauf als Strom anzu-
sehen sei oder nicht, wird auch ohne ausdrück-
liche Bestimmung die Verw Behörde in erster Linie
1) Ueber das neue preußische Recht 1 Wasserrecht.
zur Entscheidung berufen sein. Denn der Strom
bedeutet ein Gebiet der Strompolizei, die in sei-
nem Bereich über gute Ordnung und über guten
Stand der Verkehrsstraße zu wachen hat (unten
#§ 3). Ob im Einzelfall diese ihre Zuständigkeit
gegeben ist, entscheidet die Verw Behörde selbst.
Steht die Eigenschaft eines Flusses als eines
öffentlichen fest, so ist nicht gesagt, daß ihm diese
nun auch ganz und gar bis in seine ersten Anfänge
hinauf zukommt. Sie beginnt vielmehr
mangels einer ausdrücklichen Abgrenzung, wie sie
das Preußische Wassergesetz gibt, erst an dem
Punkte, wo er das maßgebende Merkmal der
Schiffbarkeit erhält; was dahinter liegt, ist Privat-
fluß. Auch die Bestimmung dieses Punktes ist
in erster Linie wieder Sache der Verw Behörde;
sie sagt, wie weit ihre Strompolizei reicht. Damit
stellt sie zugleich den polizeilichen Besitzstand her.
Inwieweit gegen diese Bestimmungen Rechts-
mittel gegeben sind, das richtet sich nach den be-
sonderen landesgesetzlichen Vorschriften; von selbst
versteht sich nur der gewöhnliche Beschwerdeweg.
Zum Teil ist den VerwGerichten hier eine Zu-
ständigkeit übertragen, zum Teil sind auch die
ordentlichen Gerichte für zuständig erklärt worden,
um dem behaupteten Privateigentum zur An-ü
erkennung zu verhelfen oder wenigstens Entschä-
digungsansprüche zu bescheiden (bayer. G v. 28. 8.
78 a 8; württ. Gv. 16. 12. 76 a 10; Nieberding 81).
Andererseits kommt auch die seitliche Ab-
grenzung der öffentlichen Sache in Frage.
Zu ihr gehört nicht bloß der Teil des Stromes, der
die eigentliche Verkehrsstraße bildet, auch die
seichteren Stellen, die Seitenarme gehören dazu.
Die Grenze zieht sich am Ufer hin; das Ufer ge-
hört den verschiedenen Angrenzern und die Linie
zwischen deren Privateigentum und dem im öffent-
lichen Eigentum des Staates stehenden Strom-
bette bestimmt sich nach gewissen gesetzlichen oder
aus der Natur der Sache entnommenen Regeln.
Maßgebend ist entweder der mittlere Wasserstand
(preuß. Wasser G 5 12, bad. WasserG 6, bayer.
Wasser G a 6) oder der höchste Wasserstand, wobei
außerordentliche Hochwasser nicht mitzählen (preuß.
Okr v. 22. 3. 69) oder auch, was nicht immer
damit übereinstimmen wird, der Ueberschwem-
mungspunkt, d. h. derjenige Punkt, mit dessen
Ueberschreitung der St. in den Zustand der Ueber-
schwemmung tritt (Els-Lothr., Entsch d. franz.
Staatsrats v. 8. 3. 66). Nach diesen Grundsätzen
wird auch die seitliche Abgrenzung durch die
Verw Behörde festgestellt und der Besitzstand der
öffentlichen Sache gewahrt. Steine oder Marken
geben die festgesetzte Linie kund.
*#2. Ordnung der Bennutzung. Die Benutzung
der St. ist den Einzelnen in mancherlei Weise zu-
gänglich. Der Rechtsform nach ist sie entweder
Gemeingebrauch oder besondere Benutzung.
Deem Gemeingebrauch gehört der St.,
seinem Wesen als Verkehrsstraße entsprechend,
vor allem für die Zwecke der Binnenschiffahrt (I
und der Flößerei ([V|. Daneben sind gewisse ge-
ringfügige Benutzungen hier ebenso freigegeben
wie bei den Privatflüssen, als da sind: Baden,
Waschen, Viehschwemmen, Trinken, Wasserschöp-
fen, Viehtränken. Auch ist der St. bestimmt,
das von den einzelnen Ufergrundstücken ablaufende
Wasser aufzunehmen. Alle diese Benutzungen
bilden keine besonderen Rechte, sondern sind