Ströme
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Stücke der allgemeinen bürgerlichen Freiheit und
haben ihre Schranken an den allgemeinen oder
örtlichen Polizeigesetzen.
Was die besonderen Benutzungen
anlangt, so sind wieder zweierlei Arten zu unter-
scheiden nach dem Maß, in welchem die öffentliche
Sache davon ergriffen wird.
Handelt es sich bloß darum, gewisse Erträgnisse
des St. sich aneignen zu dürfen, so ist der St.
selbst nicht Gegenstand der Verfügung. Bezüg-
lich seiner findet nur die Gestaltung eines vorüber-
gehenden, jedoch über den Gemeingebrauch hinaus-
gehenden Verweilens darauf statt. Dabei werden
Fische gefangen, Grasnutzungen von den Seiten-
böschungen genommen, Eis und Schilf gewonnen,
Kies und Steine aus dem Bette gezogen; alles
nur äußerliches Zubehör, dessen Wegnahme den
St. selbst in seinem Bestande als öffentliche Sache
nicht berührt. Das Recht dazu pflegt vom Staate
in Form privatrechtlicher entgeltlicher Verträge
eingeräumt zu werden, welche man als Pacht-
verträge bezeichnet; dem strengen Begriff
des Pachtvertrages entsprechen sie nicht.
Dem stehen gegenüber solche Benutzungen,
welche es mit sich bringen, daß der Benützende
ein Stück der öffentlichen Sache in ausschließ-
lichen Besitz nimmt, insbesondere dauernde
Vorrichtungen daran herstellt, welche die Be-
nutzung vermitteln. Die wichtigsten Beispiele
bieten Stauanlagen IJ), eingebaute Mühlenbe-
triebe [J, Ableitung von Bewässerungskanälen
[IJ. Auch Badeanstalten, Brückenanlagen, Fähren
IJNl. gehören hieher, alles überhaupt, was den
St. und seine Ufer im Sondernteresse dauernd
beansprucht. Diese Benutzungen können nur ent-
stehen auf Grund einer Verfügung des Herrn
der öffentlichen Sache über diese Sache selbst,
einer Verleihung, Konzession (JXI. Die
Wiederentziehung des dadurch begründeten sub-
iektiven öffentlichen Rechtes (N] an der Sache ist
nur möglich, sofern der Hauptzweck des St., die
Schiffbarkeit es verlangt, und auch dann nur
gegen Entschädigung, es sei denn, daß die freie
Widerruflichkeit bei Verleihung des Rechtes vor-
behalten worden war.
Vielfach bestehen noch rein privatrechtliche Be-
nutzungsrechte an unseren St. Sie stammen aus
einer Zeit, wo von öffentlichem Recht und öffent-
lichrechtlicher Auffassung des St. noch nicht die
Rede war. Praktisch werden sie jetzt wie vorbe-
haltslos verliehene besondere Nutzungsrechte zu
behandeln sein.
5 3. Instandhaltung des St. bedeutet die Her-
stellung aller Arbeiten und Vorrichtungen, welche
ihn dienlich bleiben lassen für die Gewährung der
Nützlichkeiten, denen er gewidmet ist, vor allem
also für den Verkehr, die Schiffahrt, und ihn ver-
hindern, durch Ueberschwemmung, Versumpfung
und sonstige ungeregelte Gewalt des Wassers Scha-
den anzurichten. Man spricht hier oft von einer
Pflicht des Staates, in solcher Weise für die öffent-
lichen Verkehrsstraßen Sorge zu tragen (Preuß.
Wasser G 5 115 Abs 1 Ziff. 1); in Wirklichkeit ist es
vielmehr einfach eine der Aufgaben, die sich die
Staatsgewalt setzt, mit Pflicht gegen Niemanden.
Bei dieser Instandhaltungstätigkeit tritt die
öffentliche Verwaltung den Einzelnen in mancher-
lei Gestalt gegenüber, um sie für ihren Zweck in
Anspruch zu nehmen.
Die Strombauarbeiten genießen die
besondere Rechtsnatur der öffentlichen Arbeiten,
denen das Privatinteresse, namentlich der Ufer-
grundbesitzer in gewissem Maße zu weichen hat.
Deshalb pflegt der Plan solcher Arbeiten im voraus
in einem förmlichen Verfahren festgestellt zu wer-
den mit geeigneten Veröffentlichungen und mit
Eröffnung des Gehörs für die beteiligten Angren-
zer und Nutzungsberechtigten. Die Ufergrund-
stücke unterliegen alsdann zugunsten der festge-
setzten Strombauarbeiten gewissen öffentlich-
rechtlichen Beschränkungen des Eigentums: sie
können in Anspruch genommen werden zur La-
gerung von Materialien, zur Anlage von Arbeits-
plätzen, zur Entnahme von Erde und Steinen;
den an den Arbeiten Beteiligten ist das Betreten
der Grundstücke, das Anbringen von Markzeichen
gestattet. Schwerere Eingriffe können in Aus-
führung der Arbeiten vorgenommen werden, in-
dem man Inseln, Anschütten, Ufervorsprünge im
Interesse des guten Standes des Stromes besei-
tigt, und dessen Bett darauf ausdehnt, und zwar
ohne die gewöhnlichen Formen des Enteignungs-
verfahrens, auf Grund des Regulierungsplanes.
(preuß. Gv. 20. 8. 83 Ziff. 2; bayer. Wasser Gag;
sächs. WasserG 88 96—98.
In dauernder Weise sind über diese die Ufer-
besitzer im Interesse der Instandhaltung des St.
belastet durch die Pflicht zur Duldung des Lein-
pfades und die Last des Uferschutzesl bie
Art. Deichwesen und Wassergenossenschaften).
Außerdem wird die obrigkeitliche Gewalt in
Form der Strompolizei tätig, um alle
schädlichen Einwirkungen der Einzelnen und ihrer
Unternehmungen auf den Strom und seinen guten
Stand zu verhindern. Verbot, Strafdrohung und
Zwangsmaßregeln sind hier wieder die Mittel,
mit welchen sie wirkt.
Ouellen: Preuß. Wasser G v. 7. 4. 13; Bayer.
Wasser G v. 23. 3. 07 a 1 i#, a 26 ff; Sächs. Wasser Gv.
12. 3. 00 § 93 ff; Württemb. Wasser G v. 1. 12. 00 à 1, 7 ff;
Bad. Wasser G v. 12. 4. 13 385 1, 6 ff, 16.
Literatur: Schwab, Die Konflikte der Wasser-
fahrt auf den Flüssen mit der Benützung der letzteren zum
Maschinenbetrieb, Arch f. eivil. Praxis XXX. Beil.;
Wappaeus, Zur Lehre von den dem Rechtsverkehr
entzogenen Sachen, 1867; Wiener, Das bad. Wasser-
recht, 1913: Nieberding, Wasserrecht und Wasser-
volizel im Preußischen Staate", bearbeitet von Frank,
1889; Brunner in Rechtslexikon 1, 848 ff; Pfizer
daselbst 87; Schenkel daselbst III 2, 1243 ff; Frank,
Ueber öffentl. und Privatgewässer im Berwürch Bd. 11
Eymann, Das Wasser für das Kgr. Bayern v. 23. 3. 07,
1908; Nieder, Wassergesetz für Württemberg, 1902;
Schelcher, Sächs. Wassergesetz, 1909/10; v. Hippel,
Preuß. Wassergesetz, 1913, Sp, 144; Gottschalk,
Preuß. Wassergesetz, 1913, S 1—162; Wulf und He-
rold, Weasser G v. 7. 4. 13, S7—279; Kloeß, Kom-
mentar z. Wassergesetz f. d. Kgr. Preußen 1, 6—104.
Otto Watver.
Suez-Nanal
Band II S 490, 491; dazu jetzt Dedreur,
Der Suezkanal im internationalen Rechte, 1913;
Georgi-Dufour, Urkunden zur Geschichte
des Suezkanals, 1913.