Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Ströme 
559 
  
Stücke der allgemeinen bürgerlichen Freiheit und 
haben ihre Schranken an den allgemeinen oder 
örtlichen Polizeigesetzen. 
Was die besonderen Benutzungen 
anlangt, so sind wieder zweierlei Arten zu unter- 
scheiden nach dem Maß, in welchem die öffentliche 
Sache davon ergriffen wird. 
Handelt es sich bloß darum, gewisse Erträgnisse 
des St. sich aneignen zu dürfen, so ist der St. 
selbst nicht Gegenstand der Verfügung. Bezüg- 
lich seiner findet nur die Gestaltung eines vorüber- 
gehenden, jedoch über den Gemeingebrauch hinaus- 
gehenden Verweilens darauf statt. Dabei werden 
Fische gefangen, Grasnutzungen von den Seiten- 
böschungen genommen, Eis und Schilf gewonnen, 
Kies und Steine aus dem Bette gezogen; alles 
nur äußerliches Zubehör, dessen Wegnahme den 
St. selbst in seinem Bestande als öffentliche Sache 
nicht berührt. Das Recht dazu pflegt vom Staate 
in Form privatrechtlicher entgeltlicher Verträge 
eingeräumt zu werden, welche man als Pacht- 
verträge bezeichnet; dem strengen Begriff 
des Pachtvertrages entsprechen sie nicht. 
Dem stehen gegenüber solche Benutzungen, 
welche es mit sich bringen, daß der Benützende 
ein Stück der öffentlichen Sache in ausschließ- 
lichen Besitz nimmt, insbesondere dauernde 
Vorrichtungen daran herstellt, welche die Be- 
nutzung vermitteln. Die wichtigsten Beispiele 
bieten Stauanlagen IJ), eingebaute Mühlenbe- 
triebe [J, Ableitung von Bewässerungskanälen 
[IJ. Auch Badeanstalten, Brückenanlagen, Fähren 
IJNl. gehören hieher, alles überhaupt, was den 
St. und seine Ufer im Sondernteresse dauernd 
beansprucht. Diese Benutzungen können nur ent- 
stehen auf Grund einer Verfügung des Herrn 
der öffentlichen Sache über diese Sache selbst, 
einer Verleihung, Konzession (JXI. Die 
Wiederentziehung des dadurch begründeten sub- 
iektiven öffentlichen Rechtes (N] an der Sache ist 
nur möglich, sofern der Hauptzweck des St., die 
Schiffbarkeit es verlangt, und auch dann nur 
gegen Entschädigung, es sei denn, daß die freie 
Widerruflichkeit bei Verleihung des Rechtes vor- 
behalten worden war. 
Vielfach bestehen noch rein privatrechtliche Be- 
nutzungsrechte an unseren St. Sie stammen aus 
einer Zeit, wo von öffentlichem Recht und öffent- 
lichrechtlicher Auffassung des St. noch nicht die 
Rede war. Praktisch werden sie jetzt wie vorbe- 
haltslos verliehene besondere Nutzungsrechte zu 
behandeln sein. 
5 3. Instandhaltung des St. bedeutet die Her- 
stellung aller Arbeiten und Vorrichtungen, welche 
ihn dienlich bleiben lassen für die Gewährung der 
Nützlichkeiten, denen er gewidmet ist, vor allem 
also für den Verkehr, die Schiffahrt, und ihn ver- 
hindern, durch Ueberschwemmung, Versumpfung 
und sonstige ungeregelte Gewalt des Wassers Scha- 
den anzurichten. Man spricht hier oft von einer 
Pflicht des Staates, in solcher Weise für die öffent- 
lichen Verkehrsstraßen Sorge zu tragen (Preuß. 
Wasser G 5 115 Abs 1 Ziff. 1); in Wirklichkeit ist es 
vielmehr einfach eine der Aufgaben, die sich die 
Staatsgewalt setzt, mit Pflicht gegen Niemanden. 
Bei dieser Instandhaltungstätigkeit tritt die 
öffentliche Verwaltung den Einzelnen in mancher- 
lei Gestalt gegenüber, um sie für ihren Zweck in 
Anspruch zu nehmen. 
  
  
Die Strombauarbeiten genießen die 
besondere Rechtsnatur der öffentlichen Arbeiten, 
denen das Privatinteresse, namentlich der Ufer- 
grundbesitzer in gewissem Maße zu weichen hat. 
Deshalb pflegt der Plan solcher Arbeiten im voraus 
in einem förmlichen Verfahren festgestellt zu wer- 
den mit geeigneten Veröffentlichungen und mit 
Eröffnung des Gehörs für die beteiligten Angren- 
zer und Nutzungsberechtigten. Die Ufergrund- 
stücke unterliegen alsdann zugunsten der festge- 
setzten Strombauarbeiten gewissen öffentlich- 
rechtlichen Beschränkungen des Eigentums: sie 
können in Anspruch genommen werden zur La- 
gerung von Materialien, zur Anlage von Arbeits- 
plätzen, zur Entnahme von Erde und Steinen; 
den an den Arbeiten Beteiligten ist das Betreten 
der Grundstücke, das Anbringen von Markzeichen 
gestattet. Schwerere Eingriffe können in Aus- 
führung der Arbeiten vorgenommen werden, in- 
dem man Inseln, Anschütten, Ufervorsprünge im 
Interesse des guten Standes des Stromes besei- 
tigt, und dessen Bett darauf ausdehnt, und zwar 
ohne die gewöhnlichen Formen des Enteignungs- 
verfahrens, auf Grund des Regulierungsplanes. 
(preuß. Gv. 20. 8. 83 Ziff. 2; bayer. Wasser Gag; 
sächs. WasserG 88 96—98. 
In dauernder Weise sind über diese die Ufer- 
besitzer im Interesse der Instandhaltung des St. 
belastet durch die Pflicht zur Duldung des Lein- 
pfades und die Last des Uferschutzesl bie 
Art. Deichwesen und Wassergenossenschaften). 
Außerdem wird die obrigkeitliche Gewalt in 
Form der Strompolizei tätig, um alle 
schädlichen Einwirkungen der Einzelnen und ihrer 
Unternehmungen auf den Strom und seinen guten 
Stand zu verhindern. Verbot, Strafdrohung und 
Zwangsmaßregeln sind hier wieder die Mittel, 
mit welchen sie wirkt. 
Ouellen: Preuß. Wasser G v. 7. 4. 13; Bayer. 
Wasser G v. 23. 3. 07 a 1 i#, a 26 ff; Sächs. Wasser Gv. 
12. 3. 00 § 93 ff; Württemb. Wasser G v. 1. 12. 00 à 1, 7 ff; 
Bad. Wasser G v. 12. 4. 13 385 1, 6 ff, 16. 
Literatur: Schwab, Die Konflikte der Wasser- 
fahrt auf den Flüssen mit der Benützung der letzteren zum 
Maschinenbetrieb, Arch f. eivil. Praxis XXX. Beil.; 
Wappaeus, Zur Lehre von den dem Rechtsverkehr 
entzogenen Sachen, 1867; Wiener, Das bad. Wasser- 
recht, 1913: Nieberding, Wasserrecht und Wasser- 
volizel im Preußischen Staate", bearbeitet von Frank, 
1889; Brunner in Rechtslexikon 1, 848 ff; Pfizer 
daselbst 87; Schenkel daselbst III 2, 1243 ff; Frank, 
Ueber öffentl. und Privatgewässer im Berwürch Bd. 11 
Eymann, Das Wasser für das Kgr. Bayern v. 23. 3. 07, 
1908; Nieder, Wassergesetz für Württemberg, 1902; 
Schelcher, Sächs. Wassergesetz, 1909/10; v. Hippel, 
Preuß. Wassergesetz, 1913, Sp, 144; Gottschalk, 
Preuß. Wassergesetz, 1913, S 1—162; Wulf und He- 
rold, Weasser G v. 7. 4. 13, S7—279; Kloeß, Kom- 
mentar z. Wassergesetz f. d. Kgr. Preußen 1, 6—104. 
Otto Watver. 
Suez-Nanal 
Band II S 490, 491; dazu jetzt Dedreur, 
Der Suezkanal im internationalen Rechte, 1913; 
Georgi-Dufour, Urkunden zur Geschichte 
des Suezkanals, 1913.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.