Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Theaterrecht 
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behörden angewiesen worden, diese Gutachten 
einzuholen. 
II. Die Konzession kann bei einem späteren 
Fortfall der für die Erteilung geforderten Vor- 
aussetzungen gemäß # 53 Abs 2 GewO wieder 
entzogen werden. Es findet das Verw Streit- 
verfahren Anwendung. 
Die Konzession erlischt gemäß § 49 GewO 
wenn sie drei Jahre nicht ausgeübt wird. 
§5 3. Theater ohne höheres Kunstinteresse. 
Für die Konzessionierung theatralischer Vorstel- 
lungen, bei denen ein höheres Interesse der Kunst 
oder Wissenschaft nicht obwaltet, ist auch noch die 
Bedürfnisfrage zu prüfen. Der Konzessionär 
bedarf ferner noch der Konzession aus §532 GewO. 
An den Varietedirektor stellte man so strenge An- 
forderungen, wie nach §J32 GewO an den Bühnen- 
leiter nicht. Will er aber Theatervorstellungen 
veranstalten, so soll er nicht besser gestellt sein als 
der Bühnenleiter, der nur ernste Kunst betreibt. 
Aus dieser doppelten Konzessionierung haben sich Miß- 
stände ergeben. Die Varietödirektoren haben vielfach von 
den gesetzlichen Bestimmungen Gebrauch gemacht und auf 
jeden Fall beide Konzessionen zunächst einmal erworben, 
sehr zum Schaden der Bühnenleiter. Es ist deshalb jetzt, 
bei den Beratungen des Reichstheatergesetzes in den Sit- 
zungen im Reichsamt des Innern, die Forderung ausgestellt 
worden, von allen Interessentengruppen gemeinsam, daß 
eine vollkommene Trennung der beiden Konzessionen ein- 
tritt, dergestalt, daß die eine Konzession neben der andern 
an die gleiche Person nicht erteilt werden darf. Der Ent- 
wurf des Reichstheatergesetzes kommt diesem Wunsch inso- 
weit entgegen, als die Erteilung der Konzession aus 1 33 a 
RG setzt von den gleichen, schärferen Voraussetzungen — 
Zuverlässigkeit in artistischer, finanzieller und moralischer 
Oinsicht — abhängig ist, wie sie 5 32 R0O erfordert. 
Der Unternehmer von theatralischen Vorstellun- 
gen ohne ein höheres Interesse der Kunst oder 
Wissenschaft bedarf eines Wandergewerbe- 
scheines, wenn er diese Vorstellungen außerhalb 
des Gemeindebezirkes seines Wohnortes oder durch 
besondere Anordnung der höheren Verw Behörde 
dem Gemeindebezirke des Wohnortes gleichge- 
stellten nächsten Umgebung derselben veranstaltet 
(* 55 GewO)y). Vor der Ausstellung des Wander- 
gewerbescheines ist die Bedürfnisfrage zu prüfen 
(+57 Ziff. 5 GewO). Die Gültigkeit des Wander- 
gewerbescheines erstreckt sich örtlich lediglich auf 
den Bezirk der Verw Behörde, die ihn ausgestellt 
hat und zeitlich auf die Dauer eines Kalenderjahres, 
aber auch für eine kürzere Zeit, eventuell nur auf 
bestimmte Tage (§ 60 GewO), er darf endlich 
umherziehenden Schauspielunternehmungen nur 
dann erteilt werden, wenn der Unternehmer die 
im §# 32 vorgeschriebene Erlaubnis besitzt (§ 60 d 
Abs 4 GewO). IJ Wandergewerbe.!] 
#§ 4. Theaterzenfur. Die Zensur ist nicht durch 
Reichsgesetz geregelt, sondern dem Landesrecht 
vorbehalten geblieben (S 3 Ec z. GewO). In 
Preußen findet sich die gesetzliche Grundlage 
für die Ausübung der Zensur im §& 10 II 17 ALR 
und einer Reihe von Kabinettsordern und Mini- 
sterialerlassen; in Bayern in einem Erl v. 
23. 1. 1782 und zahlreichen Ministerialentschei- 
dungen; in Hessen in Gesetzen von 1793 und 
1807. Württemberg, Baden, Braun- 
schweig, Sachsen-Koburg-Gotha, Sachsen-Meinin- 
gen und Hamburg haben überhaupt keine 
Theaterzensur. 
  
  
  
In den meisten Staaten finden sich Vorschrif- 
ten über Darstellungen aus der biblischen Ge- 
schichte und die Aufführung von solchen Stücken, 
in denen Mitglieder der betr. regierenden Häuser 
auftreten 1). 
Ueber die Gültigkeit der die Zensur regelnden 
Rechtssätze besteht heute kaum mehr Streit, wohl 
aber über ihre Zweckmäßigkeit. Ein großer Teil 
der Theaterpraktiker, die die Zensurfrage in der 
Hauptsache angeht, der Bühnenleiter, steht auf 
dem Standpunkt, daß die Zensur im Interesse der 
Theaterleiter durchaus aufrecht zu erhalten sei. 
Die Ausübung der Zensur, in der milden und 
ausgleichenden Weise, wie sie in den letzten Jahren 
gehandhabt wurde, gibt dem Bühnenleiter die 
Gewißheit, daß er das Stück auch wirklich unge- 
fährdet aufführen darf. Er braucht nicht zu be- 
fürchten, daß das Stück am Tage nach der Erst- 
aufführung verboten wird, daß dadurch unendliche 
Mühen und Kosten umsonst aufgewandt worden 
sind. Wenn der Entscheid der Zensurbehörde auch 
weder für den Richter noch für die Zensurbehörde 
selbst für die Dauer bindend ist, so hat sich doch 
ein Fall, wo nach der Genehmigung durch die 
Zensur ein Stück verboten wurde, in der Praxis 
kaum ereignet. 
In dem Entwurf des Reichstheatergesetzes sind irgend- 
welche gesetzliche Bestimmungen über die Theaterzensur 
nicht enthalten, die landesgesetzlichen Bestimmungen bleiben 
somit weiter in Kraft. 
In dem Entwurf eines österreichischen Theatergesetzes 
(1913) ist die Zenfsur ausdrücklich beibehalten; es ist aller- 
dings der Zensurbehörde ein sog. Theaterrat als Gutachter 
beigeordnet, dem Fachmänner aus dem Kreise von Theater 
und Literatur angehören sollen. 
Gegen die Entscheidung der Zensurbehörde gibt 
es. in den meisten Staaten nur eine Beschwerde, 
in Preußen ist außerdem der Klageweg vor den 
VerwGerichten (Bezirksausschuß, Oberverwal- 
tungsgericht) gegeben I/ Polizeiliche Verfügung, 
Verwaltungsgerichtsbarkeit!. 
55. Weitere öffentlichrechtliche Normen. Bau- 
polizei — Kinderschutz — Stellenvermittlung — 
Reichsversicherung. Die Bemühungen der Ver- 
waltungsbehörden, die Betriebssicherheit der Thea- 
ter nach Möglichkeit zu erhöhen, hat zu Verord- 
nungen und Verfügungen geführt, die nach jedem 
Theaterunglück, die in Deutschland glücklicherweise 
zu den größten Seltenheiten gehören, immer noch 
verschärft worden sind. Ausgegangen wird davon, 
daß überhaupt keine öffentliche Vorstellung ohne 
ausdrückliche Erlaubnis der Aufsichtsbehörde statt- 
finden darf (preuß. V v. 10. 7. 51). Es finden 
sich ferner in einer preuß. V v. 8. 12. 74 genaue 
Bestimmungen über die Dauer der öffentlichen 
Vorstellungen, über die Mitwirkung der Feuer- 
wehr an jeder Vorstellung durch Stellung der 
Feuerwache usw. 
Am wesentlichsten sind die baupolizeilichen 
[IXBand I, 3151] Vorschriften, die für Preußen im 
Jahre 1881 erlassen, späterhin vielfach ergänzt und 
erweitert worden sind. Unter anderem wird von 
den neu zu errichtenden Bühnenhäusern verlangt, 
daß sie an zwei Zufahrtsstraßen liegen müssen. Die 
Bühne muß eine automatisch einsetzende Regen- 
  
1) Für Preußen val. das Berzeichnis der zugelassenen 
Stücke bei v. Rohrscheidt, Gewerbeordnung ? I, 1912 
S 158. (D. H.)
	        
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