Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Umsatzsteuer (Reich — Preußen) 
  
Mit der amtlichen Wertermittlung sind die 
Steuerämter oder Gemeindebehörden betraut. 
Die Grundbuchämter haben dabei Hilfe zu leisten, 
stellenweise auch sie selbst vorzunehmen (Baden). 
Daneben besteht in der Regel eine Anzeige- 
pflicht seitens der Steuerpflichtigen sowie der 
beim Erwerbsakt mitwirkenden Behörden und 
eine Auskunftspflicht seitens der ersteren über die 
Höhe des Wertobjekts usw. 
Der Steuersatz wird in der Regel in 
Prozenten des Wertes ausgedrückt. Ausnahms- 
weise kommen auch Fixstempel vor. Den höchsten 
Satz erhebt Elsaß-Lothringen mit 5%, dann folgen 
Baden mit 2 ½% , Bayern mit 1—209, die drei 
Hansestädte, Hessen (bei über 50 000 Mk.) mit 2000, 
Württemberg mit ½% . Die übrigen Staaten 
haben zumeist 1%, einige Staaten gehen noch 
weiter herab (3¾4, 76, ½, ½, ½10%). Das Reich 
erhebt ½% und bis zur Neueinführung der 
Reichswertzuwachssteuer (verlängert bis Ende 1916 
RG 3. 7. 13) 29%. Die Gemeinden und Kreise 
in Preußen erheben in der Regel ½% , 1%, 1½% 
20°%, ausnahmsweise kommen auch 3% vor. In 
Staaten, wo die Staatssteuern höher sind, wie in 
Preußen (lo), sind für die Gemeinden nur 
niedrigere Sätze zugelassen (z. B. in Bayern 
früher ½, jetzt ½ des staatlichen Satzes). Geringe 
Werte (100—150 Mk.) pflegen steuerfrei zu sein. 
§# 6. Rechtsmittel und Strafverfahren. Ueber 
die Steuerpflicht und Steuerhöhe entscheidet die 
Steuerbehörde, gegen deren Entscheidung die 
üblichen Rechtsmittel im Verw Wege gegeben sind, 
vielfach daneben auch Klage im Rechtswege [Nj. 
Unter Strafe gestellt werden die gänzliche 
Unterlassung der Anzeige, die nicht rechtzeitige 
Anzeige, unrichtige und unvollständige Auskünfte 
und Angaben, Vorlegung unwahrer Urkunden. 
Bei unabsichtlicher Steuerverkürzung tritt Straf- 
milderung ein oder eine bloße Ordnungsstrafe. 
Rechtzeitige Berichtigung hat Straffreiheit zur 
Folge. Bei absichtlicher Steuerverkürzung be- 
trägt das Höchstmaß der Strafe meist das 3-, 4-, 
5öfache, steigert sich aber stellenweise sogar bis zum 
10fachen (Hamburg, in gewissen Fällen auch 
Preußen, Schaumburg-Lippe). 
Die Verjährung lläuft meist 3 oder 5 
Jahre. Eine Umwandlung von Geld= in Frei- 
heitsstrafen findet nicht statt. Die Zwangs- 
versteigerung eines Grundstücks behufs Beitrei- 
bung der Geldstrafe ist im allgemeinen ausge- 
schlossen. 
B. Im einzelnen 
# 7. Regelung der Umsatzstener im Reich. 
Während bis 1909 U. von Grundstücken nur in den 
Einzelstaaten und in neuerer Zeit in ziemlich 
umfangreicher Weise auch in den Gemeinden 
(Kreisen) zur Erhebung gelangt sind, hat neuer- 
dings die Finanznot des Reiches I[J Reichsfinan- 
zen] dazu geführt, daß auch das Reich den 
Besitzwechsel von Grundstücken mit einer Abgabe 
für Reichszwecke belegt. Die Bestimmungen sind 
enthalten in dem R v. 15. 7. 09 (Rö)Bl 717) 
wegen Aenderung des Reichsstempelgesetzes. Da- 
nach werden unter Nr. 11 des Tarifs besteuert 
die Beurkundungen der Uebertragung 
des Eigentums an im Inlande gelegenen Grund- 
stucken und der Uebertragung von Berechtigungen, 
  
für welche die sich aus Grundstücke beziehenden 
Frichriften. gelten, soweit sie zum Gegenstande 
aben: " 
a) Kauf= und Tauschverträge und andere ent- 
geltliche Veräußerungsverträge, einschließlich der 
erichtlichen Zwangsversteigerungen, sowie der 
tretung der Rechte aus dem Meistgebot und 
der Erklärung des Meistbietenden, daß er für 
einen anderen geboten habe, mit ½%. 
Befreit sind u. a.: 1. Kauf= und Tauschverträge 
und andere entgeltliche Beräußerungsverträge zwischen Teil- 
nehmern an einer Erbschaft zum Zwecke der Teilung der 
zu letzterer gehörigen Gegenstände. 2. Ueberlassungsverträge 
zwischen Eltern und Kindern, auch eingekindschafteten, oder 
deren Abkömmlingen. 
b) Das Einbringen in eine Aktiengesellschaft, 
Kommanditgesellschaft auf Aktien oder Gesellschaft 
mit beschränkter Haftung mit ½0. 
Befreit ist: das Einbringen von Nachlaßgegenstän- 
den in eine ausschließlich von den Teilnehmern an einer 
Erbschaft gebildete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. 
) Die Ueberlassung von Gesellschaftsvermögen 
an einen Gesellschafter oder dessen Erben zum 
Sondereigentume seitens einer Aktiengesellschaft, 
Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gewerkschaft, 
Gesellschaft mit beschränkter Haftung, offenen 
Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Kolo- 
nialgesellschaft oder einer dieser gleichgestellten 
Gesellschaft, seitens einer Gesellschaft oder eines 
Vereins des bürgerlichen Rechtes sowie seitens 
einer Genossenschaft mit ½%. 
d) Auflassungen und Anträge auf Eintragung 
der Begründung oder Uebertragung von Erb- 
baurechten oder sonstigen Rechten, die ein Grund- 
buchblatt erhalten können, in Fällen der frei- 
willigen Veräußerung mit ½% des veräußerten 
Gegenstandes. 
Befreit sind nur auf Antrag: Grundstücks- 
übertragungen der in a und d dieser Tarifnummer be- 
zeichneten Art, wenn der stempelpflichtige Betrag bei be- 
bauten Grundstücken 20 000 Mk., bei unbebauten Grund- 
stücken 5000 Mk. nicht überschreitet und der Erwerber weder 
den Grundstückshandel gewerbsmäßig betreibt noch ein 
Jahreseinkommen von mehr als 2000 Mk. hat. 
Die Grundstücks U. sollte in der 1909 festgesetz- 
ten Höhe von ½½% (s. & 5 a. E.) nur solange be- 
stehen, als nicht das dem Reichstage bis zum 1. 4. 
1911 vorzulegende Reichswertzuwachssteuergesetz 
in Kraft getreten sei, von welchem Zeitpunkt ab 
sich die U. auf ½% ermäßigen sollte. Diese Er- 
mäßigung hat aber bekanntlich weder im Zu- 
wachssteuergesetze von 1911, noch durch die Finanz- 
reformgesetze von 1913 stattgefunden. 
# 8. Preußen. Ueber die Gesetzgebung bis zum 
Jahre 1895 s. die Ausführungen der ersten Auf- 
lage im Artikel „Liegenschaftsabgabe“ II, 46 (auch 
2. Erg. Band S 143). 
I. Für den Staat sind die Besitzabgaben zu- 
sammenfassend geregelt durch das Stempel- 
steuergesetz v. 31. 7. 95 (GS 1895, 413 ff), 
das neuerdings wesentliche Abänderungen erfah- 
ren hat durch die Nov. v. 26. 6. 09, infolge 
deren eine Neuredigierung nötig wurde (30. 6. 09 
GS 535); ( Stempelsteuer). 
1. Insbesondere Nr. 8 des Stempeltarifs: 
Steuersatz von Auflassungen von im In- 
land gelegenen Grundstücken und Anträge auf 
Eintragung der Begründung oder Uebertragung
	        
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