Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Patronat (katholische Kirche) 51 
  
8 8. Uebergang und UNebertragnng. Der 
dingliche P. geht als Realgerechtsame mit 
dem Gute auf denjenigen über, der das Gut unter 
Lebenden oder von Todes wegen zu Eigentum 
erwirbt. Im Zweifel hat es bei bestehendem 
Nießbrauche der Nießbraucher als Vertreter des 
Patrons und Gutseigentümers auszuüben, bei der 
Pacht und der Verpfändung zu Faustpfand aber 
nicht der Pächter und Pfandgläubiger. Bei geteil- 
tem Eigentum (Lehn (Jl, in Preußen auch Fami- 
lienfideikommiß#h erwirbt es der dominus utilis 
(Vasall) zu eigenem Rechte, es folgt also dem nutz- 
baren Eigentume. Eine Trennung des dinglichen 
P. vom berechtigten Gute ist, obwohl in einzelnen. 
Ländern eine gegenteilige Praxis herrscht, unstatt- 
haft und nichtig, wennschon der Patron darauf 
verzichten kann. Der persönliche P. kann 
unter Lebenden nicht durch onerose Geschäfte 
gegen ein geldwertes Aequivalent an einen an- 
deren übertragen werden, weil die darin liegende 
Simonie das Geschäft nichtig macht, wohl aber 
durch Tausch gegen ein anderes nicht geldwertes 
kirchliches Recht, z. B. gegen ein anderes P., wenn 
die Genehmigung des kirchlichen Oberen hinzu- 
kommt. Zulässig und gültig ist die Schenkung unter 
Lebenden, jedoch ist auch hierzu die Genehmigung 
erforderlich, falls die Schenkung nicht an einen 
Mitvpatron oder an eine kirchliche Anstalt oder 
Korporation oder an einen kirchlichen Amtsträger 
als solchen geschieht, weil sich in den letzteren Fällen 
der P. in einen geistlichen verwandelt. Freie Ver- 
fügung ist ferner auch von Todes wegen, also durch 
Erbeinsetzung und Legat beim erblichen P 
statthaft. Mangels solcher letztwilligen Anord- 
nungen geht das ius patr. hereditarium auf die 
Intestaterben über (vgl. auch oben §& 3). Njach 
gemeinem Rechte ist auch eine translative Er- 
sitzung, also Uebergang des P. von dem bis- 
herigen Patron auf den Ersitzenden zulässig. 
Ueber die Erfordernisse herrscht viel Streit. Als 
richtig ist die Ansicht zu bezeichnen, die neben der 
fortdauernden bona fides bei Ersitzung eines geist- 
lichen P. Quasibesitz von 40 Jahren, und falls der 
Ersitzende ein Laie ist, außerdem noch einen iustus 
titulus verlangt, dagegen beim Laien P. Quasi- 
besitz von 10 Jahren inter praesentes und von 
20 Jahren inter absentes bei vorhandenem iustus 
titulus. und ohne einen solchen Quasibesitz von 30 
Jahren genügen läßt. 
5 9. Untergang und Suspension. I. Seiner Sub- 
stanz nach erlischt der P., so daß das bisher 
patronatspflichtige Institut oder Benefizium von 
dem P. frei, namentlich wieder der freien Be- 
setzung des kirchlichen Oberen unterworfen wird: 
durch Verzicht des Patrons, sofern 
derselbe nicht etwa in der freien Verfügung über 
den P. (wie z. B. den Familien P., bei welchem 
jeder Patron sein Recht direkt vom Stifter herleitet, 
oder durch besondere Bestimmungen in der Stif- 
tungsurkunde) beschränkt ist. Einer Genehmigung 
des kirchlichen Oberen bedarf es nur dann, wenn 
der Patron als solcher Lasten (sog. P. Lasten) zu 
tragen hat (vgl. 5 7). Auch auf den dinglichen P. 
kann der Patron gültig verzichten und das Recht 
dadurch zum Erlöschen bringen. 2. Dasselbe ist der 
Fall, wenn das berechtigte Subjekt 
untergeht, z. B. beim Familien P. infolge 
Aussterbens aller berechtigten Anwärter, beim P. 
von Korporationen infolge Aufhebung oder Auf- 
  
  
  
  
  
  
lösung einer solchen. Die Teilung des patronats- 
berechtigten Gutes (selbst wenn es dadurch auch, 
wie ein Rittergut, seine besondere rechtliche Quali- 
fikation verlieren sollte) führt aber nicht den Unter- 
gang herbei, vielmehr bleibt der P. an den ein- 
zelnen Trennstücken haften und die Erwerber der- 
selben werden Kompatrone; ist eins der Stücke 
Stammgrundstück, so bleibt der P. bei diesem. 
(Eine neuere, u. a. vom Reichsgericht vertretene 
Auffassung läßt den P. bei Dismembration des 
berechtigten Guts untergehen; vgl. P. Schoen, 
Evangel. Kirchenrecht in Preußen, II (1910), 
7 ff.) 3. Geht der P. ferner infolge der Ver- 
nichtung seines Objekts unter, also 
z. B. durch Suppression der betreffenden kirch- 
lichen Anstalt oder des Benefiziums, nicht aber 
infolge solcher Veränderungen, welche das Objekt 
selbst noch bestehen lassen, z. B. der Vereinigung 
desselben mit einer anderen Anstalt zu gleichem 
Recht (unio aeque principalis) oder als Zubehör 
(unio subiectiva), wenngleich hier einzelne Befug- 
nisse, weil der Patron diese, wie das Präsen- 
tationsrecht, nicht mehr ausüben kann, suspendiert 
werden. 4. Der P. (auch der Familien P.) oder 
auch eine einzelne im Penthaltene Befugnis 
kann durch Verjährung erlöschen, jedoch ge- 
nügt dazu nicht der bloße Nichtgebrauch (non usus), 
vielmehr ist die sog. usucapio libertatis erforder- 
lich, d. h. es muß der versuchten Ausübung des 
P. oder einer einzelnen Befugnis durch das zu- 
ständige kirchliche Organ bona fide widersprochen 
sein, und der Patron sich dabei während der Ver- 
jährungszeit, beim geistlichen P. 40, beim Laien- 
P. 30 Jahre lang beruhigt haben. 5. Weiter füh- 
ren gewisse strafbare Handlungen des 
Patrons den Verlust des P. für den Patron 
und zugleich auch der Substanz nach, soweit nicht 
etwa ein dinglicher oder ein solcher, mit stiftungs- 
mäßigen Sukzessionsrechten bestimmter Anwärter 
in Frage kommen, herbei, nämlich die simo- 
nistische Veräußerung des P., die Tötung und 
Verstümmelung eines bei der P. Kirche an- 
gestellten Geistlichen, die Verübung von Ein- 
griffen in das Vermögen der gedachten Kirche, 
endlich auch (wenigstens nach der überwiegenden 
Ansicht) die kirchlichen Verbrechen der Ketzerei, der 
Apostasie und des Schismas. Nach dem staatlichen 
Rechte, das heute diese Verbrechen nicht mehr 
anerkennt, hat aber der Austritt aus der katho- 
lischen Kirche die erwähnte Folge, mit Ausnahme 
des Falles, daß er zugleich übertritt zur protestan- 
tischen Kirche (oben § 4 a. E.). Dasselbe gilt für 
die Staaten, in denen die Altkatholiken aner- 
kannt sind (Preußen, Baden, Hessen) beim Ueber- 
tritt zum Altkatholiziomus. Unpraktisch ist die an 
sich mögliche Derogation durch einen Akt der 
kirchlichen, also päpstlichen Gesetzgebung. 
II. Der P. erlischt nicht durch Konfiskation des 
Vermögens des Patrons; denn der pershönliche 
P., der kein Vermögensrecht ist, verbleibt ihm, 
und der dingliche geht mit dem Eigentume des 
Grundstücks auf den Fiskus über. — Ebensowenig 
tritt eine den P. zur Erlöschung bringende Kon- 
solidation ein, wenn der nirchenobere einen P. 
über eine in seinem Sprengel belegene Kirche er- 
wirbt, vielmehr nur eine Suspension des Präsen- 
tationsrechts, weil der P. kein in der bischöflichen 
Jurisdiktion enthaltener Bestandteil ist, also eine 
substantielle Absorption desselben in dem erwähn- 
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