Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
618 
Umsatzsteuer (Bayern — Sachsen) 
  
gabe in zwei Hauptformen zur Erhebung: 1. als 
Staatsgebühr für die Notariatsurkunden über 
Immobiliarverträge, 2. als „Besitzveränderungs- 
gebühr“ in jenen Fällen, in denen die Uebertra- 
gung von Grundvermögen außerhalb des Gebietes 
der notariellen Verträge stattfindet. 
1. Die notariellen Immobiliarver- 
träge (a 45, 146) werden besteuert: a) mit 
les bei Verträgen zwischen Verwandten oder 
Stiefverwandten in auf= und absteigender Linie 
oder zwischen Ehegatten oder Geschwistern, sowie 
bei Verträgen über Nachlaßteilungen usw. und 
bei Beträgen bis 1000 Mk. Wert, b) mit 1 ½% 
bei Beträgen von 1001—2000 Mk., c) mit 2% 
in allen übrigen Fällen. 
Stiftungen von Immobilien unter Lebenden 
unterliegen den Gebühren für Immobiliarverträge, 
desgleichen Schiedsverträge, Vergleiche oder Ver- 
steigerungen (einschließlich der Zwangsversteige- 
rungen). 
Bei Arrondierungstauschen, durch welche Grundbesitz 
behufs günstigerer landwirtschaftlicher Benützung in Zu- 
sammenhang gebracht wird, gelangt nur eine feste Gebühr 
von 1 Mk. zur Erhebung. Treffen die Voraussetzungen der 
Arrondierung nur auf einer Seite zu, so wird eine Gebühr 
von 1% erhoben. — Nach dem G v. 29. 5. 86 sind die 
auf Grund des Flurbereinigungsoperates erfolgenden Be- 
sitzänderungen und Ein= und Umschreibungen in den öffent- 
lichen Büchern von der Entrichtung von Staatsgebühren be- 
freit (a 390). I7 Feldbereinigung, Bd. 1, 752.) 
2. Die Besitzveränderungsgebühr 
(à 249 f) hat einen subsidiären Charakter; sie 
kommt namentlich zur Erhebung bei Eigentums- 
übergängen (außerhalb des Gebiets der notariellen 
Verträge) infolge von Beschlüssen oder Entschei- 
dungen der Behörden, im Erbgang oder in 
sonstiger Weise (auch bei Zwangsenteignungen, 
sofern nicht ausdrücklich gesetzliche Gebühren- 
freiheit gewährt ist). 
Die Besitzveränderungsgebühr wird (a 250) 
aus dem Werte des Gegenstandes der Besitz- 
veränderung ohne Abzug der Schulden berechnet 
und beträgt 1. 1%9 a) bei dem Erwerb von Erb- 
schaften, Vermächtnissen oder Schenkungen für 
den Todesfall, sowie bei der Sukzession in Lehen, 
Familienfideikommisse, Majorate, Stamm= oder 
Erbgüter, b) bei sonstigen Uebergängen auf Ver- 
wandte oder Stiefverwandte in auf= und abstei- 
gender Linie, auf Ehegatten oder Geschwister 
sowie bei einem Wertgegenstand bis 1000 Mk. 
einschließlich, 2. 1½% bei einem Wert von 
1000—2000 Mk., 3. 2% in allen übrigen Fällen. 
Geht der Besitz auf mehrere Personen, die ver- 
schiedene Prozentsätze schulden, gemeinschaftlich 
über, so ist die Gebühr nach den Anteilsrechten 
der einzelnen Personen gesondert zu berechnen. 
Ehegatten und Verwandte und Stiefverwandte 
in absteigender Linie sind bei Besitzwechsel von 
Todes wegen (die Fälle unter a) von Entrichtung 
der Besinveränderungsgebühr befreit. Gleiches 
gilt für alle Besitzveränderungen, nach dem ehe- 
lichen Güterrechte kraft Gesetzes unter Lebenden. 
3. Dem Grundbesitz der toten Hand (a 254 fff ist 
unter dem Namen „Gebührenäquiva= 
lent“ eine Ausgleichungsabgabe zum Ersatz der 
von diesem Besitz nicht zur Erhebung kommenden 
Liegenschaftsabgaben auferlegt. Zu entrichten ist 
diese alle zwanzig Jahre, vom Tage des letzten 
Aufalls einer verhältnismäßigen Gebühr gerech- 
  
net, von juristischen Personen, öffentlichen Kor- 
porationen, Handels= und Versicherungsgesell- 
schaften, Genossenschaften, Vereinen, sowie an- 
deren Gesellschaften und Anstalten. 
Das Gebührenäquivalent beträgt 19 vom 
Wert des Immeobilliarbesitzes lohne Abzug der 
Schulden). Dasselbe wird nicht erhoben von Ob- 
jekten, welche 1. den Kreis-, Distrikts-, politischen 
und Ortsgemeinden sowie landwirtschaftlichen Ge- 
nossenschaften gehören, 2. ständig und ausschließ- 
lich einem frommen, milden, gemeinnützigen oder 
Unterrichtszwecke oder dem Bergbau dienen, 
3. öffentlichen Verkehrszwecken dienen, wie 
Eisenbahnen, Kanäle und Straßen nebst den dazu 
gehörigen Gebäuden, Brücken und ähnlichen 
Gegenständen. 
II. Die Gemeinden sind durch G v. 15. 6. 
98 mit Genehmigung des Staats Min ermäch- 
tigt worden, bei Veränderungen im Besitz oder 
Eigentum unbeweglicher im Gemeindebezirk be- 
legener Sachen, wenn diese Veränderungen nicht 
unter Verwandten in gerader Linie, Ehegatten 
und Geschwistern erfolgen, sowie von den im 
Gemeindebezirk gelegenen gebührenäquivalent- 
pflichtigen, unbeweglichen Sachen eine örtliche 
Abgabe im Betrage von einem Viertel der- 
jenigen Gebühr zu erheben, die aus gleichem 
Anlaß an den Staat abzuführen ist. Die Erhe- 
bung dieser örtlichen Abgabe erfolgt in der Form 
eines Zuschlags zu den für die Staatskasse zu er- 
hebenden Gebühren. Das neue Besitzverände- 
rungsabgabengesetz vom 14. 8. 10 gestattet den 
Gemeinden Zuschläge bis zur Hälfte der Staats- 
gebühr zu erheben. 
10. Sachsen. 
I. Staatsabgaben. Die Besitzsteuer kommt 
zur Erhebung als Urkundenstempel (Gv. 
13. 11. 76, in der Fassung der Bek v. 10. 6.-98 
ls. auch Abänd.G v. 5. 4. 08J). Die Stempel- 
pflichtigkeit der Urkunden tritt (abgesehen von den 
unbedingt stempelpflichtigen Versteigerungsproto- 
kollen) dann ein, wenn sie von einer öffentlichen 
Behörde oder von einem Notar ausgenommen 
oder ausgefertigt sind, oder bei einer öffentlichen 
Behörde oder bei einem Notar vorgelegt oder 
eingereicht werden. Gemeindliche Urkunden nur 
in letzteren Fällen. I/ Stempelsteuer.) 
Aehnlich wie in Preußen sind Urkunden über 
Gegenstände, deren Wert, ausschließlich etwaiger 
Zinsen, den Betrag von 150 Mk. nicht übersteigt, 
vom Urkundenstempel befreit; ferner außerhalb 
Sachsens ausgestellte Urkunden, welche keine Ver- 
fügungen enthalten, die in Sachsen rechtliche Wir- 
kungen ausüben, Erbschaftsteilungsverträge usw. 
Endlich bestehen, wie allenthalben, persönliche 
Steuerbefreiungen (Nönig, Königin, königliche 
Witwen, Diplomaten, Reichs= und Landesfiskus). 
Die Besitzabgabe kommt hauptsächlich zur Er- 
hebung als Urkundenstempel von Verträgen, ins- 
besondere Kauf= und Tauschverträgen, auch von 
Auflassungen, Vergleichen und Abtretungen. Er- 
hoben wird ½1% der Vertragssumme oder, wenn 
eine solche nicht im Vertrage enthalten, des Geld- 
wertes des Vertragsgegenstandes. 
Bei Tausch verträgen wird der Stempel nur 
nach dem Werte der von einem der Vertrag- 
schließenden in Tausch gegebenen Gegenstände und 
übernommenen Leistungen, und zwar nach den- 
jenigen Gegenständen und Leistungen berechnet, 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.