Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Unfallversicherung (Leistungen) 
  
geführt haben. Die BG kann die Untersuchung 
verlangen, ebenso das Versicherungsamt auf An- 
regung eines Berechtigten. An ihr können der 
Verletzte, die Hinterbliebenen, die BE und die 
Krankenkasse, der Unternehmer, das Versicherungs- 
amt, eventuell auch der Gewerbeaufsichtsbeamte 
teilnehmen. Festgestellt werden soll der Sachver- 
halt, insbesondere nach den im Gesetz bezeichneten 
Richtungen, z. B. Veranlassung und Hergang 
des Unfalls, Art der Verletzung, Hinterbliebene 
usw. Nach Schluß werden die Verhandlungen der 
BG übersandt (5§5 1559 ff). 
0) Ueber die Zuständigkeit der berufs- 
genossenschaftlichen Organe (Genossen- 
schafts- oder Sektionsvorstand, Ausschüsse, Kom- 
missionen, Vertrauensmänner) bestimmen Gesetz 
und Satzung je nach der Bedeutung der Fälle. 
Hält die Stelle die Sache noch nicht für geklärt, 
so kann sie entweder selbst weitere Ermittlungen 
anstellen oder die ganze Sache an den Vorsitzenden 
des Versicherungsamts zur Aufklärung und gut- 
achtlichen Aeußerung abgeben. Gleichzeitig hat 
der Unternehmer auf Verlangen der Be den für 
die Entschädigungsberechnung maßgebenden Ent- 
gelt des Versicherten nachzuweisen (55 1568 ff). 
d) Hierauf ergeht der „Bescheid“ der B, 
der entweder den Anspruch ablehnt oder eine 
Leistung gewährt. Der Bescheid ergeht schriftlich 
und ist zu begründen, er muß gegebenenfalls die 
Höhe der Entschädigung und die Art ihrer Berech- 
nung erkennen lassen. Er ist keine bloße Partei- 
erklärung, sondern zugleich ein Urteil, das rechts- 
kräftig wird, wenn der Ansprecher nicht binnen 
einem Monat nach Zustellung „Einspruch“ bei 
der Bo#. erhebt. Das muß im Bescheide zum 
Ausdruck kommen. Bei der Gewährung einer 
Verletztenrente ist zu unterscheiden und für das 
spätere Verfahren wichtig, ob es sich um eine 
„Dauerrente" oder um eine bloß „vorläufige 
Rente“ handelt. Letzteres muß ausdrücklich im 
Bescheide zum Ausdruck kommen. Die Dauer- 
rente muß gewährt werden, wenn ein gewisser 
Beharrungszustand im Befinden des Verletzten 
erreicht erscheint, anderenfalls kann, aber nur 
während der ersten zwei Jahre nach dem Unfall, 
eine vorläufige Rente festgestellt werden; spä- 
testens mit Ablauf dieser Frist ist die Dauer- 
rente festzustellen (S 1583 ff). 
e) Der Einspruch soll dem Berechtigten 
die rechtlich gesicherte Möglichkeit persönlicher 
Interessenvertretung schon in der berufsgenossen- 
schaftlichen Instanz gewähren und begründet da- 
her für ihn „das Recht auf persönliches Gehör“. 
Die Vernehmung erfolgt nach Bestimmung der 
Bö bei ihr selbst oder dem Versicherungsamt; 
der Berechtigte aber kann letzteres verlangen. 
Dabei soll auf Angabe aller erheblichen Tatsachen 
und Beweismittel hingewirkt werden; auch kann 
der Berechtigte unter bestimmten Voraussetzungen 
die Vernehmung eines noch nicht gehörten Arztes 
durch das Versicherungsamt verlangen. Findet 
die Vernehmung vor dem Versicherungsamt statt, 
so kann es sich auch zur Sache äußern und hier- 
zu Ermittlungen anstellen, die ohne Schwierigkeit 
und große Kosten zu ermöglichen sind (§5 1591 ffj. 
1) Demnächst erläßt, nach etwa noch nötiger 
Beweiserhebung, das entscheidende Organ der 
Ba den „Endbescheid“, der den Vermerk 
enthalten muß, daß er rechtskräftig wird, wenn 
  
nicht binnen einem Monat Berufung bei 
dem Oberversicherungsamt eingelegt wird (5 1606 
und 1607). Gegen das Berufungsurteil des Ober- 
versicherungsamts ist der Rekurs, seinem 
Wesen nach eine weitere Berufung, an das RV21 
oder LV gegeben. Jedoch ist in gewissen minder 
bedeutenden Sachen, z. B. Krankenbehandlung, 
Angehörigenrente, Sterbegeld, vorläufige Renten, 
der Rekurs ausgeschlossen (Ss 1699, 1700). Gegen 
rechtskräftige Urteile (§§# 1722 ff) und in gewissem 
Umfange gegen rechtskräftige Bescheide und End- 
bescheide (5 1744) findet eine der zivilprozessuali- 
schen ähnliche Wiederaufnahme des 
Verfahrens statt (näheres über das Verfahren 
bei Berufung usw. Versicherungsämter). Auch 
kann die B, wenn sie sich bei erneuter Prüfung 
Überzeugt, daß die Leistung zu Unrecht ganz oder 
teilweise abgelehnt worden ist, eine neue Fest- 
stellung treffen. Besondere Vorschriften werden 
durch die Vielheit der BG veranlaßt und dienen. 
einerseits der möglichst raschen und durchgreifenden 
Entscheidung eines Streites mehrerer Ver- 
sicherungsträger über die Entschädigungspflicht, 
andererseits einer Verteilung der Entschädigungs- 
last, wenn die unfallbringende Beschäftigung für 
mehrere, bei verschiedenen Versicherungsträgern 
versicherte Betriebe oder Tätigkeiten stattgefunden 
hat (I§ 1735 ff, 1739 ff). 
8) Eine wesentliche Aenderung im Zustande des 
Verletzten kann zu einer neuen Feststel- 
lung Veranlassung geben; auch der Verletzte 
kann sie bei der B direkt oder durch Vermittlung 
des Versicherungsamts beanspruchen. Dabei kann 
innerhalb zweier Jahre nach dem Unfalle statt 
einer vorläufigen Verletztenrente eine neue solche 
gegebenenfalls jederzeit festgestellt werden. Nach 
dieser Frist oder, wenn schon vorher eine Dauer- 
rente rechtskräftig bewilligt wurde, darf dagegen 
eine neue Feststellung nur in Zeiträumen von 
mindestens einem Jahre vorgenommen oder bean- 
tragt werden; doch können die Zeiträume durch 
Vereinbarung gekürzt werden (§58 608/9, 1584/5). 
Besonderheiten des Verfahrens bestehen für den 
Einspruch bei Aenderung von Dauerrenten. Die 
Vernehmung des Berechtigten sindet hier jeden- 
falls vor dem Versicherungsamt statt. Nach Ab- 
schluß der Ermittlungen wird die Sache vor dem 
Versicherungsamt unter Zuziehung je eines Ver- 
treters der Arbeitgeber und der Versicherten in 
mündlicher, aber nicht öffentlicher Verhandlung 
erörtert. Geeignetenfalls können auch die Er- 
hebungen und die Vernehmung des Berechtigten 
damit verbunden werden. Die Be kann sich im 
Termin vertreten lassen, der Berechtigte sich eines 
Beistands bedienen. Das Versicherungsamt er- 
stattet darauf ein Gutachten über alle maßgeben- 
den Fragen, an das jedoch das entscheidende Or- 
gan nicht gebunden ist (s# 1600 ff). Gegen den 
hierauf ergehenden Endbescheid findet Berufung, 
gegen das Berufungsurteil aber kein Rekurs 
statt (5 1700 Nr. 8). 
h) Hat der Verletzte eine das Heilverfahren 
betreffende Anordnung der B ohne gesetz- 
lichen oder sonst triftigen Grund nicht befolgt 
und wird dadurch seine Erwerbsfähigkeit ungünstig 
beeinflußt, so kann ihm, auch wenn noch ein ursäch- 
licher Zusammenhang des Körperschadens mit dem 
Unfall anzunehmen ist (oben Nr. 1 a. E.), der 
Schadensersatz auf Zeit ganz oder teilweise ver-
	        
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