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Unterrichtswesen (höheres)
stige Quellen 5 %. In Hessen sind alle höheren Knaben-
schulen staatlich und simultan; simultan sind auch alle öffent-
lichen höheren Lehranstalten in Baden. In Elsfaß-
Lothringen werden die — sämtlich paritätischen —
höheren Knabenschulen von den Gemeinden errichtet und
unterhalten; der Staat zahlt jedoch, meist gegen Ueberlas-
sung der Schulgeldeinnahme, die Lehrergehälter; die Dis-
serenz zwischen Einnahmen und Ausgaben beträgt beim
Staat rund 1 300 000 Mk., bei den Gemeinden 330 000 Mk.
Die Auslandsschulen erhalten einen Reichszu-
schuß von rund 700 000 Mk.
III. Das Schulgeld ist eine dem Verw-
Zwangsverfahren unterliegende Abgabe, bei der
die Forderungen gemäß §& 196 11 BE nach
2 Jahren verjähren; den Gemeinden ist durch § 4
Kommübg G v. 14. 7. 93 die Erhebung eines der
Genehmigung der Aufsichtsbehörde unterliegenden
Schulgeldes vorgeschrieben.
Für den Fall des Schulwechsels ist in Preußen
zwischen dem Staat und den meisten Städten
vereinbart, das schon gezahlte Schulgeld für das
Quartal unter Verzicht auf Doppelzahlung der
zuerst besuchten Anstalt zu belassen.
Die staatlichen Schulgeldsätze:
1. Preußen: Oberstufe der Vollanstalten 150 Mk.,
Mittel- und Unterstufe der Vollanstalten, Pro-
gymnasien und Realprogymnasien 130 Mk., Real-
schulen 110 Mk. 2. Bayern: 45—60 Mk. 3. Sach-
sen: 150 Mk. 4. Württemberg: Oberklassen 60
bis 70, Unterklassen 40—50 Mk. 5. Baden:
Gymnasien 108 Mk. 6. Hessen: Oberstufe 150,
Mittel- und Unterstufe 130, Vorschule 120 Mk.
Braunschweig 120 Mk. Mecklenburg-Schwerin
140 Mk. Oldenburg 130—150 Mk. Hamburg:
Vorschule 120, 6 stufige Anst. 144, 9 stufige Anst.
192 Mk. Bremen: Oberklassen 150, Unterklassen
120 Mk. Lübeck 160, Realschule 120 Mk.
Für die auswärtigen Schüler, deren Zahl in
der Form sog. „Fahrschüler“ (uvgl. Vholg der
Dir.-Vers. Westfalen 1904, Bd. 69) an vielen
Orten sehr groß ist, kann ein Zuschlag zum Schul-
gelde erhoben werden.
Von den an die Zustimmung der staatlichen Aufsichts-
behörde gebundenen städtischen Schulgeldsätzen seien
folgende erwähnt: Berlin Vollanstalten 140 (Ausw. 180),
Vorschulen 120 Mk., Realschulen 80 (Ausw. 140) Mk.;
B. Grunewald Realgymn. 250 (Ausw. 300) Mk.; B.-Schö-
neberg Vollansl. 130 (Ausw. 200) Mk., Vorschulkl. 200 Mk.,
Realsch. 90 (Ausw. 130) Mk.; Charlottenburg 120 (Ausw.
160) Mk.; Stettin 120—160 Mk., Zuschlag für Ausw.
in Pension am Ort 40, sonst 80 Mk.; Frankfurt a. M. Gym-
nasien und Realgymnasien sowie O II u. I der Oberrealsch.
150 (Ausw. 250), Vorsch, der G. u. Rg. 200 (Ausw. 250),
Realsch. und entspr. Klassen der Oberrealsch. 100, Vorsch.
dort 150 Mk.; Köln VBollanst. 150, Vorsch. 120, Realschule
120 Mk., Ausw. überall 50 Mk. mehr. Die Schulgeld-
veranlagung nach Einkommenstufen ergibt in Hagen 80
bis 228 Mk. Leipzig 150, für nicht Ortsangehörige 225,
bezw. 300, für Reichsausländer 300, bezw. 450 Mk.; Stutt-
gart 60—105 M., Nichtwürttemberger z. T. die Haälfte
mehr: Karloruhe 84 Mk.; Straßburg 120—160 Mk.
Die Erhebung höheren Schulgeldes in den
Oberklassen ist durch die größeren Lehrmittel-
kosten der Oberstufe gerechtfertigt und sollte nicht
als nachteilig für die Bewertung der auf der
Unterstuse unterrichtenden Oberlehrer angefoch-
ten werden, zumal da ein steter Wechsel in der
Beschäftigung der Oberlehrer zwischen den ver-
schiedenen, mit Unrecht hier und da zur Loslösung
voneinander empfohlenen Schulstufen pädago-
gisch dringend zu empfehlen ist.
# 6. Der innere und äußere Organimus.
I. Die Schularten. Neben 3 Arten 9 klas-
siger Vollanstalten — Gymnasium, Real-
gyoymnasium und Oberrealschule —
stehen die bis zum Abschluß der Mittelstufe (U I1)
reichenden entsprechenden 6 klassigen Anstalten,
Progymnasium, Realprogyhmna-
sium und Realschule. Der Charakter des.
Gymnasiums ist bestimmt durch die starke Betonung
der beiden alten Sprachen (Lateinisch und Grie-
chisch in Preußen 68 + 36, in Bayern 66 + 36
Stunden); der der Oberrealschule durch die der
neueren Sprachen, der Mathematik und der
Naturwissenschaften (Französisch, Englisch, Ma-
thematik und Naturwissenschaften in Preußen
18 + 15 + 31 + 44, in Baden 39 + 25 + 48 —J—
36 Stunden); zwischen beiden steht das Real-
gymnasium ohne Griechisch mit Englisch statt
Griechisch und folgenden Stundenzahlen: Latein.
in Preußen 49, Bayern 60, Baden 36; Franzö-
sisch in Preußen 29, Bayern 20, Baden 34;
Englisch in Preußen 13, Bayern 13, Baden 18;.
Mathematik in Preußen 42, Bayern 38, Baden
41; Naturwissenschaften in Preußen 29, Bayern
18, Baden 29. Einen gemeinsamen Unterbau
für alle 3 Schularten bietet der in weiterer Aus-
bildung des seit 1878 bestehenden Altonaer Lehr-
plans 1892 ins Leben getretene Frankfurter
Lehrplan, der von U III ab 52 lateinische, von
UIII ab 31 griechische Stunden im Gymnasium
und von den entsprechenden Klassen des Real-
gymnasiums ab 40 lateinische und 18 englische
Stunden vorsieht, aber in den Klassen U III und
O III an manchen Orten den Lehrplan des
Gymnasiums auch noch ganz mit dem des Real-
gymnasiums übereinstimmen läßt. Die Gesamt--
stundenzahlen der höheren Schulen betragen für-
die 3 Schularten in Preußen 304 (Frankfurter
Lehrplan 298); 307 (Frankf. L. 305); 307, in
Bayern 246, 265, 268; Württemberg 275, 284,
297; Sachsen 292, 298, 298; Elsaß-Lothringen 282,
282, 286; Hessen 292, 304, 299; Hamburg 299,
296, 292; Lübeck 302, 309, 314. Den Nachteilen
dieser ziemlich hohen Gesamtstundenzahlen soll.
in Preußen und einigen anderen Bundesstaaten.
neuerdings durch das die Nachmittage zum großen.
Teil schulfrei machende, wegen der Gefahr der
Ueberhastung im Unterricht und aus anderen
Gründen aber keineswegs allgemein als zweck-
mäßig anerkannte System der sog. Kurzstunden
von 45 statt 50 Minuten vorgebeugt werden.
An wahlfreien Fächern erscheinen im
Gymnasium das Englische und Hebräische, sowie
Zeichnen von U ll ab, am Realgymnasium das
Linearzeichnen, an der Oberrealschule das Linear-
zeichnen und — an manchen Anstalten — das
Lateinische. In Württemberg ist auch italienischer,
im Osten Preußens hier und da auch russischer-
Unterricht wahlfrei vorgesehen, welch letzteres.
nicht nur in praktischen Rücksichten, sondern auch.
in dem hohen formalen Bildungswert der russi-
schen Sprache wohlbegründet ist. Bayern und
Sachsen haben auch wahlfreien stenographischen
Unterricht, der für den Fall der endlichen Er-
langung eines einheitlichen Systems allgemeine-
Einführung verdient. In manchen norddeutschen.
Städten wird aus praktischen Gründen das.