Vereine und Versammlungen
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und # 6 Abs 2 Nr. 2 Ecs z. St P, während die
sonstigen reich srechtlichen Vorschriften über
Vereine und Versammlungen in Kraft bleiben
(s 23 RV0), so a 68 RV, der die Frage des
Belagerungszustandes (7I betrifft, das sog. Je-
suitengesetz (XI v. 5. 7. 72, § 49 RMil G v. 2. 5.74,
wonach den zum aktiven Heere gehörigen Militär-
personen [K) die Teilnahme an politischen Ver-
einen und Versammlungen untersagt wird, so-
wie 88 101, 113 MSten v. 20. 6. 72 über das
Verbot der Veranstaltung von Versammlungen
von Personen des Soldatenstandes behufs Be-
ratung über militärische Angelegenheiten oder
Einrichtungen, sowie der Beteiligung an solchen
Vers. auch durch Personen des Beurlaubtenstan-
des; ferner die Vorschriften des St GB (§5 110,
1I1, 115, 116, 124, 125, 127, 128, 129), §§ 81, 149
Gen, 562 R# über die G. m. b. H. 1).
II. An landesrechtlichen Bestimmun-
zen gelten fort diejenigen a) über kirch-
iche und religiöse V. und Vers. Religiöse V.
sind diejenigen, welche die Förderung des inneren
und äußeren kirchlichen Lebens sich zur Aufgabe
gemacht haben (KG v. 12. 2. 06, 31 C. 32), z. B.
auch Kirchenbauvereine (bayer. OL# v. 1. 2. 04,
Recht 1904, 191). Sie unterstehen dem jeweili-
gen Landesrecht, das insofern demnach neben
dem R in Wirksamkeit geblieben ist, insbe-
sondere das preußische VG v. 11. 3. 50. Nur
wenn kirchliche und religiöse V. politische Ange-
legenheiten erörtern, unterstehen sie dem RV#;
b) über kirchliche Prozessionen, d. h. festliche mit
ottesdienstlichen Feierlichkeiten veranstaltete kirch-
iche Umzüge zu gottesdienstlichen Zwecken (Ko
v. 15. 1. 00, 20 C. 27), über Wallfahrten und
Bittgänge, sowie über geistliche Orden und
Kongregationen, z. B. a 6 des Gv. 14. 7. 80
(GS 285) J Orden §F 4, 5 (Band III S 27, 30).
Die der Erziehung der männlichen Jugend ge-
widmeten Orden usw. sind auch jetzt noch ver-
boten (preuß. OVG.37, 430; Goltd Arch 50, 400);
c) über V. und Vers. für die Zeiten der Kriegs-
gefahr, des Krieges, des Belagerungszustandes (NI
und Aufruhrs (z. B. a 111 pr. Vl, G über den
Belagerungszustand v. 4. 6. 51); d) über Verab-
redungen ländlicher Arbeiter [/ und Dienstboten
zur Einstellung oder Verhinderung von Arbeit,
z. B. # 3 des preuß. G betr. Verletzungen der
Dienstpflichten des Gesindes [und der ländlichen
Arbeiter v. 24. 4. 54 (GS 214), & 6 des anhalti-
schen Gesetzes betr. den Vertragsbruch in land-
wirtschaftlichen Arbeitsverhältnissen v. 16. 4. 99
(GS 1036), 95 des G für das Fürstentum Reuß
j. L. v. 12. 5. 00 betr. die Bekämpfung des Ver-
tragsbruchs landwirtschaftlicher Arbeiter und Ar-
beitgeber (GS 605); e) die Vorschriften des
Landesrechts zum Schutze der Feier der Sonn-
und Festtage (!; jedoch sind für Sonntage, die
nicht zugleich Feiertage sind, Beschränkungen des
Vers. Rechts nur bis zur Beendigung des vor-
mittäglichen Hauptgottesdienstes zulässig (§ 24
RVGG). Es sind daher für diese besonderen Verhält-
nisse (a bis e) die vereins= und versammlungs-
rechtlichen Vorschriften des Einzelstaates nicht
aufgehoben worden.
III. Darüber hinaus sind aber in allen Fällen,
1) Ueber landwirtschaftliche Bereine 7 Band II, 751;
Gewerbliche Vereine II, 257; Kriegewereine II, 674.
bei denen es sich um V. und Vers. handelt, die
nicht dem RV unterstellt sind, insbesondere
die nicht öffentlichen sog. geschlossenen
Vereine und Versammlungen (ms-
gen letztere in umfriedeten Räumen oder unter
freiem Himmel stattfinden, politische Gegenstände
erörtern oder nicht) den einschlägigen gesund-
heits-, bau-, feuer= usw. polizeili-
chen Vorschriften des Einzelstaates unterwor-
fen. Geschlossene Gesellschaften stellen „#einen
nach außen hin abgeschlossenen Kreis von Perso-
nen, die nach innen miteinander verbunden sind“,
dar. Auf sie erstreckt sich nach wie vor das einzel-
staatliche Landesrecht (OVG 29, 420 und Pr.
VerwBl 21, 279; 24, 437; RösSt 44, 132).
Gegenüber der Auffassung, daß die geschlossene
Gesellschaft ein durch das innere Band wechsel-
seitiger persönlicher Beziehungen in sich zu-
sammengehaltener und nach außen bestimmt
abgeschlossener Personenkreis sei, wandte sich zu
unrecht das Koe (1900) 20 C 112. Während die
öffentlichen Tanzlustbarkeiten (] einer Polizei-
stunde unterliegen, trifft dies für Veranstaltungen
einer geschlossenen Gesellschaft nicht zu. Es hindert
das RV die Wirksamkeit einzelstaatlicher Verw-
Vorschriften auch nicht auf den besonderen Gebieten
der öffentlichen Lustbarkeiten, der Verteilung von
Druckschriften, der Geldsammlungen u. a. m.
Den allgemeinen sicherheitspo-
lizeilichen Bestimmungen des Landes-
rechts gegenüber dem V.-- und Vers. Recht der
Reichsangehörigen ist insofern eine Grenze ge-
zogen, als sie nur Anwendung finden,
soweit es sich um die Verhütung unmit-
telbarer Gefahr für Leben und
Gesundheit der Teilnehmer an einer Ver-
sammlung handelt. Soweit es sich demnach
um Rechtsverhältnisse handelt, die dem RV#
unterstehen, gelten von landesrechtlichen Polizei-
vorschriften nur die sicherheitspolizeilichen und
auch nicht, soweit es sich um das Vereins-
recht handelt. Präventivverbote sind unzulässig.
IV. Schränken sonach reichs= und landespoli-
zeiliche Vorschriften die Wirksamkeit des RVG
erheblich ein, so bleibt ferner zu beachten, daß es
nur die öffentlich-rechtliche Seite des V.= und
Vers. Wesens regelt, und daß eine Ausnahme nur
die Abänderung des 8 72 BGB darstellt, der aber
wesentlich auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts
wirksam wird.
Das RVc enthält also nicht das gesamte
öffentliche Recht über Vereine und Versamm-
lungen; auch die Regelung des KoalitionsrechtsVI
ist einem anderen Gesetze, der GewO (§85 152,
153, 154 a) überlassen. Ueber die privatrechtliche
Regelung siehe insbesondere §# 21, 22 BG,
wobei das Hineinspielen des öffentlichen Rechts
bei Vereinen mit politischen, sozialpolitischen und
religiösen Zwecken allerdings offensichtlich ist
(65 43, 61, 73 BG).
s 2. Begriff und Arten des Bereins.
A. Begriff. V. im Sinne des öffentlichen
V. Rechts ist jeder auf längere Zeit berechnete
freiwillige Zusammenschluß mehrerer physischer
Personen zur Verfolgung gemeinschaftlicher er-
laubter Zwecke unter einheitlicher Führung.
Vorausgesetzt ist daher:
a) Eine Mehrheit von physischen Per-
sonen, so daß der Zusammenschluß juristischer