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Bereine und Versammlungen
Personen als „Berein“ kein reichsrechtlich ge-
schützter „Verein“ ist (siehe & 4). Wichtig beson-
ders für Gewerkschaftskartelle, die nur dann als
B. anzusehen sind, wenn nicht die Gewerkschaften
selbst, sondern die von den Gewerkschaften dele-
gierten physischen Personen Mitglieder des Kar-
tells sind und diese Mitglieder nach außen hin als
Einheit auftreten (preuß. O G v. 23. 1. 03,
PrVerw#l 25, 180, Reger 25, 178). Das früher
in Frage kommende Verbot gegenüber inländi-
schen V., miteinander in Verbindung zu treten,
ist, unter Aufhebung entgegenstehender landes-
gesetzlicher Bestimmungen schon durch das R
v. 11. 12. 99 beseitigt worden. Auch die Ver-
bindung mit ausländischen Vereinen ist, wenn
keine strafbaren Ziele damit verfolgt werden,
ebenso gestattet, wie das Schaffen von zweige
im Auslande durch inländische V. Auf den Na-
men kommt es nicht an; der V. kann auch „Ge-
sellschaft", „Verbindung“, „Komitee“, „Agita-
tionsausschuß", „Kongreßleitung“", „Delegierten-
versammlung“ oder sonstwie heißen.
b) Die Freiwilligkeit des Zusammen-
schlusses sehlt auch nicht, wenn Mitglieder aus
ahlen hervorgehen (preuß. OV 42, 404,
R 18, 172), wohl aber, wenn die Mitgliedschaft
einen Zwang zur Angehörigkeit bei einer Partei-
sektion in sich schließt (Goltd Arch 17, 522; 18, 631;
24, 392; 25, 249; 40, 208; 43, 283).
) Die Voraussetzung der Gemeinschaft-
lichkeit eines erlaubten Zweckes weist auf die
straf= oder verwaltungsrechtlich unerlaubten V.
hin, wobei nicht nur die Satzung, sondern das
tatsächliche Verhalten maßgebend ist.
d) Eine gewisse Dauer des Zusam-
menschlusses, demnach eine fortgesetzte
Tätigkeit gehört des weiteren zum „Verein“ und
unterscheidet ihn insbesondere gegenüber der
Vers. (siehe § 3). Ein mehrtägiger Kongreß ist
kein V., wohl kann es ein von ihm zur Ausfüh-
rung seiner Beschlüsse gewählter und auf längere
Zeit zusammentretender Ausschuß sein, z. B.
ein Aktionskomitee der sozialdemokratischen Parteie
(preuß. OVG 42, 407). Parteileitung als Ver-
ein RG 19, 162, Wahlkomitee DJZ 1904 Sp. ö57.
e) Es darf nicht an einer einheitlichen
Führung, die mit der Frage der Rechts-
fähigkeit nichts zu tun hat, mangeln, d. h. es muß
eine Mehrheit von Personen mittels Unterord-
nung unter eine organisierte Willensmacht nach
außen hin zu einer Einheit zusammengeschlossen
werden (preuß. OVG 34, 439). Dagegen gehört
es nicht zum Begriff des Vereins, daß er selb-
ständig ist, so daß z. B. Zahlstellen eines Zentral V.,
besondere örtliche Zweig V. selbständige V. sind.
B. Arten des Vereins. In privat-
rechtlicher Beziehung können V. sein rechtsfähig
oder nicht rechtsfähig, wirtschaftliche oder ideale
(#& 21, 22 Bo#), politische, sozialpolitische oder
religiöse V. (szs 61, 43, 73 BG), Religions-
gesellschaften (I (a 13 Pr. Vu), Versicherungs-
vereine (I (R v. 12. 5. 01) usw. In öffent-
lichrechtlicher Beziehung: politische V.; öffent-
liche nicht politische, wie z. B. gemeinnützige, wohl-
tätige, wissenschaftliche, künstlerische, gesellige,
wirtschaftliche V., kirchliche oder religiöse B.
Während die letzteren dem Landesrecht unter-
stehen, sind die beiden ersten auch im E## einer
besonderen Regelung teilhaftig geworden.
a) Der politische Verein ist nach § 3
Abs 1 G „ein Verein, der eine Einwirkung
auf politische Angelegenheiten bezweckt“. „Poli-
tische Angelegenheiten“ sind solche, die sich be-
iehen auf die Erhaltung der staatlichen Organi-
4 oder auf deren Veränderung, auf die Be-
einflussung der Funktionen des Staates
oder der ihm angegliederten öffentlich-
rechtlichen Körperschaften. Nach
der Rechtsprechung des Ro und des preußischen
O sind politische Angelegenheiten diejenigen,
die „die Verfassung, Verwaltung und Gesetz-
. des Staates, die staatsbürgerlichen Rechte
der Untertanen und die internationalen Be-
ziehungen der Staaten untereinander begrei-
fen"“. A van Calker, Z f. Politik 3, 284.
Die politische Angelegenheit ist stets eine ôffent-
liche, nicht aber die öffentliche stets eine politische.
Der Begriff der „öffentlichen Angelegenheit“
umfaßt nicht ausschließlich die Interessen einzel-
ner Personen oder einer zahlenmäßig begrenzten
Gruppe, sondern alle diejenigen Angelegenhei-
ten, welche nicht ausschließlich einzelne (physische
oder juristische) Personen und deren Privat-
interessen, auch nicht die Interessen einer be-
grenzten, durch bestimmte persönliche Beziehungen
verbundenen Personenzahl, sondern die Gesamt-
heit des Gemeinwesens und das gesamte öffent-
liche Interesse berühren (Rö 22, 338; Ko# 3,
S 308, 307; 11, 310; 16, 421; 17, 441; 20 C 83;
23 C 107; Goltd Arch 38, 465; 48, 370). Der B-
muß ferner eine Einwirkung bezweckt
haben- nach der Auffassung des K#S muß die
inwirkung eine unmittelbare sein. Dem ist
nicht zuzustimmen. Der Einfluß braucht nicht auf
eine konkrete Aktion des Staates hinauszulaufen.
Es kommt vielmehr im wesentlichen auf das
Maß der Einwirkung auf Gesetzgebung und Ver-
waltung des Staates an, auf die Intensität, mit
der die den Staat in seiner Organisation und Funk-
tion betreffenden Angelegenheiten verfolgt wer-
den. Ist die Beziehung auf jene Angelegenheiten
eine entfernte und lose, so wird sich damit auch
der Grad der Einwirkung abschwächen und die
von 8 3 nicht betroffene Grenze der „öffentlichen
Angelegenheit“ erreicht sein. Auch das wird für
die Beurteilung eines V. als eines politischen ein
Merkmal abgeben, ob er mehr aktiv im Sinne der
zugreifenden praktischen Tat oder mehr theoretisch
in rein geistiger Klarlegung der Notwendigkeiten,
mehr intellektuell anregend als aktuell anspor-
nend sein will. Für die politischen V. gelten zum
Teil erschwerende Vorschriften (unten § 5). Da
der ausdrücklichen Bestimmung des RVG 5 4
gelten nicht als politische Vereine Personen-
mehrheiten, die vorübergehend zusammentreten,
um im Auftrage von Wahlberechtigten Vorbe-
reitungen für bestimmte Wahlen zu den auf Ge-
setz oder Anordnung von Behörden beruhenden.
öffentlichen Körperschaften zu treffen (Wahl-
vereine); dies vom Tage der amtlichen Bekannt-
machung des Wahltages bis zur Beendigung der
Wahlhandlung. Vgl. auch unten §# 5.
b) Der Begriff des nicht politischen
Mienichen V. nrhict nch Einerseite aus dem
egensatze zum politischen, anderseits zum ni
öffentlichen Verein. rieit a icht
Erwähnt seien hier die Freimaurer-
logen. Es sind in Preußen nach dem Edikt