Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Verhaftung 
  
eines VG#usw. v. 8. 8. 78 a 20 (Württemberg 
Verwechtspflege G 1876 schweigt), Baden, Ver- 
waltungsrechtspflege G v. 14. 6. 84, 16. 11. 99 
#5*24, Hessen, Verwechtspflege G 1911 a 567. — 
Alle Zwangsmaßregeln gegen nicht-militärische 
Zeugen überläßt MSt#GO 5#TP 186, 203 den bürger- 
lichen Gerichten lebenso umgekehrt St POEntw 
1908—1911 8 67). Die Gegenbestimmungen sind 
nicht gleichmäßig: 8PO dKlI 380, 912, St PO 5# 50, 
69. — GVG I178, MStG#O 290 kennen solche 
Ausnahmen nicht. 
Im Disziplinarstrafverfahren [N) gilt jedenfalls 
nicht die St PO. Einige Gesetze haben ausdrück- 
liche Bestimmungen, z. B. Rechts AnwO gsg 66, 
87, Hess. Verw Gerichts G 1911 a 57. Wo diese 
fehlen, behauptet die gemeine Meinung das Recht 
zum Zeugniszwang wegen seiner Notwendigkeit 
(Löwe zu St PO §& 51—54 Anm. 6, Laband III 
* 92, v. Rheinbaben, Artikel „Disziplin“ J 21, — 
richtig z. B. v. Lilienthal im Rechtslexikon „Zeug- 
niszwang"). Jedoch muß demgegenüber daran 
Mestgehatten werden, daß die Verfassungen zum 
eil eine gesetzliche, mindestens eine be- 
stimmte Rechts pflicht zur Aussage verlangen, 
die nicht einfach a priori angenommen werden 
darf. Und dann müssen ebenso nach den meisten 
Verfassungen die Formen des Zwangs ge- 
setzlich oder doch rechtlich festgelegt sein. Wo das 
nicht der Fall, könnte doch höchstens nach der 
gemeinen Meinung des VerwzRechts das zum 
Vollzug der festgestellten Rechtspflicht notwen- 
dige Mittel angewendet werden, was bei Vor- 
führung und Zwangshaft recht zweifelhaft ist 
(s. unten § 15). 
III. Parteien im Zivilprozeß un- 
terliegen nur ausnahmsweise einem Zwang gegen 
ihre Freiheit; hier reichen regelmäßig andere Maß- 
nahmen aus. Vor allem werden sie zum Erscheinen 
vor Gericht nur ausnahmsweise gezwungen: bei 
Ehe-, Kindschafts-, Entmündigungssachen durch 
Vorführung, aber nicht durch Haft, 8 PO § 619. 
640, 654, 671, 679 (nicht 680). — Die Schuldhaft 
zur Erlangung der Zahlung einer Geldsumme 
oder der Leistung einer Quantität vertretbarer 
Sachen oder Wertpapiere ist aufgehoben, RG v. 
29. 5. 68. Zulässig aber ist die Haft zur Erzwingung 
der Vornahme bestimmter unvertretbarer Hand- 
lungen und der Leistung des Offenbarungseides 
nach 8PO # 888, 889 (Strafhaft in 890., 901, 
902 (FreiwGerb G 5 83). Sodann als persönlicher 
Sicherheitsarrest subsidiär mit andern Freiheits- 
beschränkungen (Hausarrest) nach ZPO 8 9l18, 
abwendbar durch Hinterlegung. Diese Haft 
dauert höchstens 6 Monate. Ihre Ausführung 
regeln 3PO 88 904—913, 933. Alle diese Maß- 
regeln sind natürlich nur richterliche. — Konk O 
55 101, 106 gestattet zwangsweise Vorführung 
und Zwangshaft gegen den Gemeinschuldner. 
— B0.B fF 229 kennt vorläufige selbsthilfsweise 
Festnahme eines Verpflichteten mit der Ver- 
pllichtung des § 230 III, IV für den Festneh- 
menden. 
IV. Im Verwaltungszwangsver- 
fahren IX1 wenden die Landesgesetze regel- 
mäßig die Bestimmungen der 8PO an, also auch 
die Zwangshaft. Doch muß die Uebertragung 
dieser Maßregeln eine ausdrückliche sein. Ab und 
zu finden sich Milderungen wie z. B. der Aus- 
  
schluß des persönlichen Sicherheitsarrestes im 
hess. VerweZwangs G v. 30. 9. 93 a 6. Siehe 
preuß. V v. 15. 11. 99 é5 21, 53, bayer. VerwGG 
v. 8. 8. 78 a 46, württ. Administrativvollstreckungs- 
Gv. 18. 8.79 à 6, bad. G, die Zwangsvollstreckung 
wegen öffentl.-rechtl. Geldforderungen betr., v. 
12. 4. 99 (— 8##0 899—915, 910 ff). 
#5. Die Verhaftung im Strafprozeß. All- 
gemeines. Der Beschuldigte im bürgerlichen und 
militärischen Strafverfahren hat die Verpflichtung 
zur Stelle zu sein, damit er gehört, über ihn ge- 
urteilt und die Strafe vollstreckt werden könne, — 
nicht aber zu aktiver Mitwirkung. Um sein Da- 
sein vor Gericht zu erzwingen, sind im öffent- 
lichen Interesse eine Reihe von Maßregeln vor- 
gesehen, die niemals Strafen sind: 1. die schrift- 
liche Ladung unter Zwangsdrohung, Verbal- 
zitation, St PO s 133 II, MtGO +P172 gegen 
nicht aktive Soldaten, während diese zu „gestellen“ 
sind, 5171.— 2. Die Zwangsvorführung 
(Realzitation) auf Grund schriftlichen Richterbe- 
fehls, auch ohne vorherige Ladung, mit der Mög- 
lichkeit der Festhaltung, jedoch nicht über den 
nächstfolgenden Tag hinaus, also höchstens 48 
Stunden. Der Vorgeführte ist sofort von dem 
Richter zu vernehmen. St P s 134, 135, 229, 
235, Mt GO #l 172 (= St PO 5 134 f), 5 278 
(= St PO 3229). Eigenartige Vorführung „im 
Wege polizeilichen Zwangs“ (7) nach BRv. 
13. 3. 03 betr. das Strafverfahren vor den See- 
mannsämtern § 11. — 3. Das Festhalten 
während der Unterbrechung einer Verhandlung 
ohne Haftbefehl, StPO 5 230, Mt0 5279.— 
4. Die Verhaftung, St PO # 112 ff, 489, 
MSt#O #s 175 ff, 277. — Sodann gegen Flüch- 
tige noch weiter 5. der Steckbrief. St O 
55 131 f, 489, litterae arrestatoriae patentes. 
nach altem Recht (die Wortdeutung unsicher) 
durch Richter oder Staatsanwalt auf Grund eines 
Haftbefehls; ebenso durch den Gerichtsherrn. nach 
MSt GO # 183.— 6. Die Vermögensbe- 
schlagnahme, St PO F § 232—236, MtEO 
§#l 360—362 (/M Beschlagnahme l. — Ueber freies 
Geleit, St PO#s 337, der MtG unbekannt, 
Geleit, freies. — Eine Reihenfolge in der An- 
wendung der Mittel ist nicht vorgesehen. — 
Daneben hat der Beschuldigte die Pflicht, die 
Untersuchung nicht zu stören, und er kann daher 
in sog. Kollusionshaft genommen werden, 
St PO # 112, MtGO 176. Vgl. unten 56 L, II. 
Ganz eigenartig ist die zwangsweise durchzu- 
führende Verbringung in eine Irren- 
an stalt zur Beobachtung nach StpO s 81, 
MStGO 8 217. 
Eine Reihe von Schwierigkeiten ergeben sich, 
da der Beschuldigte häufig doch gar nicht schuldig 
ist, da der Zwang nicht ein Geständnis erpressen. 
soll und da er doch stets sehr schwer drückend wirkt. 
Die Rücksichten auf die Sicherheit der Rechtspflege 
und die Freiheit der Person sind zu vereinigen. 
Gerade das ist das Bestreben unserer Zeit gegen- 
über vielfacher Willkür, der schon das Römische 
Recht (tit. Dig. 48, 3 und 48, 19, Cod. 9, 4, Momm- 
sen, Röm. Strafr. 326 ff) und die CCC # 1l ff u. % 
entgegentraten. 
Disziplinargesetze schließen mit Recht Zwangs- 
maßregeln gegen den Angeschuldigten aus (hess. 
Gv. 21. 4. 80 a 19). 8 *
	        
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