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Verjährung
dessen Auslübung erst zu dem Erlöschen selbst führt.
In diesem Sinne spricht das BG von V. und
wegen des Charakters der V. im weiteren Sinn
als einer allgemeinen Nechtskategorie dürfte sich
auch für den Sprachgebrauch des öffentlichen
Rechts die Beschränkung des eigentlichen
Verjährungs begriffs sowie des Begriffs
der „Verjährungsfristen“ auf diesen Fall der
Schaffung eines Einrederechts empfehlen. Diese
B. ist im Prozeß nur dann zu berücksichtigen,
wenn der Berechtigte sich selbst auf die V. be-
rufen hat.
3. Der Zeitablauf kann rechtserzeugend wirken.
Hier sprechen wir von Ersitzung und „Ersitzungs-
fristen“. Ueber die Behandlung der Ersitzung im
Prozeß gilt dasselbe wie von der Verschweigung.
4. Der Zeitablauf kann endlich von Bedeutung
werden, indem er, ohne rechtserzeugende Kraft
zu haben, doch eine sohochgradige rechtsbezeugende
Kraft besitzt, daß der Nachweis des Bestehens eines
bestimmten Zustandes während gewisser Zeit den
Nachweis seines Entstehens ersetzt.. Das ist der
Fall der unvordenklichen Verjäh-
rung. Für den Prozeß hat diese die Bedeutung
eines besonders gearteten Beweismittels.
#s2. Verjährung und Berschweigung: Zu-
lässigkeit.
Die Frage der Zulässigkeit von V. und Ver-
schweigung gegenüber öffentlich-rechtlichen Rechts-
beziehungen hängt zusammen mit der Frage
nach dem Gegenstand dieser Rechtsinstitute.
1. Die vermögensrechtlichen An-
sprüche nehmen eine Sonderstellung ein; mö-
gen es nun Ansprüche des Staats oder anderer
öffentlich-rechtlicher Verbände gegen seine Unter-
tanen sein wie die Steuerforderungen oder An-
sprüche des Untertanen gegen diese Verbände wie
Gehaltsansprüche und Steuerrückforderungsan-
sprüche oder Ansprüche öffentlich-rechtlicher Ber-
bände (wie Armenverbände oder Versicherungs-
träger) gegeneinander.
ie Sonderstellung dieser vermögensrechtlichen
Ansprüche liegt einmal darin, daß nur bei ihnen
neben dem im öffentlichen Recht vorwiegenden
pustitut der Verschweigung auch die V. vor-
ommt. Das letztere ist der Fall vor allem bei
den schon erwähnten Ansprüchen, auf die un-
mittelbar die V. Vorschriften des BGB anwend-
bar sind; aber auch, wo sonstige reichsgesetzliche
V. Schriften bestehen, neigen Literatur und
Rechtsprechung überwiegend zu der Auffassung,
daß diese V. echte V. im Sinn des BG#B sei. Da-
gegen unterliegen die Abgabenansprüche der Ein-
lstaaten und Gemeinden gegen das Reich der
erschweigung, weshalb das hier maßgebende
Reichsbesteuerungsgesetz es auch vermeidet, von
V. zu sprechen; ferner handelt es sich um Ver-
schweigung bei der ungenau sog. Abgaben-
verjährung im Geltungsbereich des preußischen
— v. 18. 6. 40 (GS 140), dessen § 12 un-
zwedeutig, bestimmt: „durch den wiblu der
.Frist wird der Steuerpflichtige von jedem
erneren Anspruch .. . . befreit“; die Frage, ob
ieser & 12 allgemein auf die „Verjährung“ öffent-
lich-rechtlicher Anspruche nach preußischem Recht
entsprechend anzuwenden ist, dürfte im Hinblick
auf ESG a 8 2 Be zu verneinen, vielmehr
wird in Zweifelsfällen nach der Art des kon-
kreten Anspruchs zu prüfen sein, ob er nach Verj. G
##12 oder nach BGB 5 222 zu beurteilen ist.
Die Sonderstellung der vermögensrechtlichen
Ansprüche liegt sodann darin, daß bei ihnen die
V. bezw. die Verschweigung allgemein auch ohne
besondere gesetzliche Grundlage für zulässig zu
erachten ist. Das ergibt sich aus der Tatsache,
daß das BGB die Verjährbarkeit der vermögens-
rechtlichen Ansprüche auch des öffentlichen Rechts
als selbstverständlich voraussetzt (ogl. Bundesamt f.
Heimatwesen in VB1I 17, 332), und wird bestätigt
dadurch, daß die hechtserechung die 30jährige
B. Frist des BGB auch in solchen Fällen ange-
wandt hat, wo gesetzliche Sondernormen fehlen.
Es steht damit in Uebereinstimmung, daß für die
praktisch wichtigste Frage, die der Abgaben V., die
Finanzgesetze fast ohne Ausnahme die Verjähr-
barkeit bezw. in Preußen Verschweigbarkeit der
Abgaben ausdrücklich anerkennen.
Bal. preuß. B. S v. 18. 6ö. 40 5 8, Geb. St. G #22, Grund-
St. B v. 12. 12. 64 G 67R 30, Eink. St. G 8 87, Erg. St.G
!* 4,. Gew. St. G 79, 0, betr. die Besteuerung des Ge-
werbebetriebs im Umherziehen, 3 32, G, betr. die Besteuerung
des Wanderlagerbetriebs, 31 11, AUGa# Ben, Erbsch. St. G
5 64, Zuwachs St. G ##57, R. Stempel G z o3, Wechsel-
stempel G # 16, preuß. Stempel St. G #27, Leuchtmittel St. G
65 5, Zündwaren St.G 8, Zucker St. G #4, Tabak St. G#s##30,
Bigaretten St. # 4, Brau St.G ## 11, Branntwein St. G
# , 60, Schaumwein St. G # , Kalich 5 20, ZollG 8 15.
2. Die nicht vermögensrechtlichen
Ansprüche können zwar ebenfalls der Ber-
schweigung unterliegen. Den Hauptfall dieser
Art bildet die ungenau sogenannte strafrechtliche,
auf das Disziplinarstrafrecht aber nicht anwend-
bare (OVG# in Vl 15, 398) V. auf Grund des
Stn, der strafrechtlichen Nebengesetze und der
strafrechtlichen Bestimmungen der Finanzgesetze.
Eine grundsätzliche Verschweigbarkeit auch ohne
besondere gesetzliche Grundlage läßt sich dagegen
nicht nachweisen.
3. Gegenüber Gestaltungsrechten
greift die Verschweigung sehr bäufig Blat Dies
gilt insbesondere von den zahlreichen Anfechtungs-
rechten (Einspruch, Klage, Berufung, Revision,
Antrag auf mündliche Verhandlung, formelle
Beschwerde). Hierher gehören aber auch die Vor-
schriften, welche die Zulässigkeit der Nachbe-
steuerung zeitlich begrenzen (vgl. V.G v. 18. 6. 40
m 5—7, Eink. St.G § 85, Erg. St.G § 47, Gew.-=
St. G # 78, pr. Kom. Abg. G 88 84, 86, Kreis- und
Prov. Abg.G §§ 16, 31 II). Doch bedarf es auch
hier stets einer besonderen gesetzlichen Grundlage
für die Verschweigung; hierauf beruht die sog.
Unverjährbarkeit des Steuerrechts als solchen
(vgl. 5 655 AL 1 9), die sog. Unverjährbarkeit
des polizeilichen Einschreitens auch gegenüber
einem seit lange bestehenden polizeiwidrigen Zu-
stand (OVG# 2, 395; 31, 359; vgl. auch in VBl
27, 163) sowie die Unverjährbarkeit der Eigen-
WW½ selbständiger Gutsbezirk (OV# in BB#1
1 r□—“
4. Seltener ist die Verschweigung bei son-
stigen Rechten, Befugnissen oder
Fähigkeiten. Hierher gehört §J 95 ALR II 9,
wobei dahingestellt bleiben mag, ob der Fristab-
lauf hier das Adelerecht [#I selbst oder nur die
„Befugnis“ zur Führung des Adelsprädikats one
vorangegangene (deklaratorische) Anerkennung des
Adels zum Erlöschen bringt. Hierher gehört