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Verjährung
überein. Am klarsten das Reichsstempelgesetz
# 9 3: „Auf die V. finden die Vorschriften des
BGB und des a 169 des Ec#z. BG#B mit fol-
genden Maßgaben Anwendung: die V. wird auch
unterbrochen durch eine an den Zahlungspflich-
tigen ergangene Aufforderung zur Zahlung oder
durch die Bewilligung einer von ihm nachgesuchten
Stundung.“ Nichts anderes meinen aber auch
die allerdings engeren Fassungen der preußischen
Finanzgesetze, wenn sie als Unterbrechungsgründe
bezeichnen die Zahlungsaufforderung, Zwangs-
vollstreckangshandlungen sowie die Stundung,
bei welch letzterer nur eine „bewilligte“ Stundung
in Betracht kommt, wie in dem allgemeinen
V. Gesetze (1840) sowie im Stempelsteuergesetz [I
noch ausdrücklich betont, im Kommunalabgaben-
gesetz aber, wo allein diese Hervorhebung fehlt,
als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Die noch
übrigbleibenden Reichsgesetze beschränken sich,
soweit sie die Frage überhaupt ausdrücklich re-
geln (Wechsel-Stempelgesetz J, Branntweinsteuer-
gesetz I, Leuchtmittelsteuergesetz #, Zündwaren-
steuergesetz ), Kaligesetz 1), auf die Erläuterung
der entsprechenden Anwendung des 5 209 und
wählen dafür die eingangs schon erwähnte Formel.
In dem umgekehrten Fall, wenn der Gläubiger
dem Inhaber obrigkeitlicher Gewalt als sei-
nem Schuldner gegenübersteht, bedeutet die
entsprechende Anwendung des # 209, daß jede
„Geltendmachung eines durch das Gesetz einge-
führten Rechtsbehelfs für geeignet zur Unter-
brechung zu erklären“ ist (OV#G#5, 208). Die ent-
sprechende Anwendung des ## 208 bietet keine
Besonderheiten. Die Gesetze pflegen für diese
Fälle keine besonderen Normen zu geben.
In dem letzten Fall, wenn sich Gläubiger
und Schuldner als gleichberechtigte
Personen gegenüberstehen, wie etwa die Armen-
verbände und die Versicherungsträger der Ar-
beiterversicherung, macht die entsprechende An-
wendung von BG#B 208, 209, 220 die geringsten
Schwierigkeiten. Hier können insbesondere außer-
gerichtliche Erinnerungen, Mahnungen usw. die
V. nicht unterbrechen (O##G 31, 343).
c) Bei den nicht vermögensrechtli-
chen Ansprüchen und im übrigen
kommt es auf den Inhalt der bestehenden Sonder-
normen an, was hier als eine zur Fristunter-
brechung geeignete Betätigung der der Ver-
schweigung unterliegenden Rechtsbeziehung an-
zusehen ist.
4. Hemmung der in Lauf gesetzten Frist
mit der Wirkung, daß während der Dauer der
Hemmung die Frist nicht läuft.
a) Die in dieser Beziehung vom B## entwickel-
ten Vorschriften, in denen als Hemmungsgründe
die Stundung (§202), das justitium und die höhere
Gewalt (* 203), der Mangel der gesetzlichen Ver-
tretung des Berechtigten (§ 206) sowie der Tod
des Berechtigten oder Verpflichteten (§s§ 207) an-
erkannt werden, finden jedenfalls auf diejenigen
öffentlich-rechtlichen Ansprüche, die in dem
BG selbst bezeichnet sind, Anwendung. Im
übrigen sind gesetzliche Bestimmungen selten. Dies
gilt insbesondere von den Finanzgesetzen, die zwar
in weitem Umfang Sondernormen über die Frist-
unterbrechung der Abgabeansprüche enthalten,
dagegen die Frage der Fristhemmung ebenso stief-
mütterlich behandeln wie die Frage der Frist-
unterbrechung bei den Rückforderungsansprüchen.
Wie bezüuüglich dieser Frage, so darf aber auch bei
der Frage der Fristhemmung aus diesem Schwei-
gen nicht gefolgert werden, daß die Hemmung
überhaupt ausgeschlossen sein sollte, sondern im
Gegenteil, daß die Bestimmungen des BGB
entsprechende Anwendung finden, weil hier nicht,
wie bei der Frage der Fristunterbrechung, ein
Bedürfnis zu Sondernormen vorhanden war.
Zu beachten ist bei dieser entsprechenden Anwen-
dung indes, daß in dem vorhin schon bezeichneten
Umfang die Stundung für das öffentliche Recht
Unterbrechung, nicht bloß Hemmungsgrund be-
deutet. Bestätigt wird die Zulässigkeit der ent-
sprechenden Anwendung durch die Generalklausel
in ReichsstempelG §# 93, wo die V. Vorschriften.
des Be# allgemein, also einschließlich der Vor-
schriften über die Hemmung, für entsprechend
anwendbar erklärt werden.
b) In Erwägung zu ziehen ist, ob die Hemmungs-
gründe, soweit sie nicht wie die Stundung begriff-
lich auf Ansprüche beschränkt sind, auch auf die
Gestaltungsrechte zu beziehen sind. Für
die Entscheidung dieser Frage kommt in Betracht:
Zunächst, daß für das Privatrecht die Vorschriften.
der § 203, 206, 207 eine allgemeine Bedeutung
auch für Gestaltungsrechte haben (vgl. BGB 55124,
1339, 1571, 1594, 1599, 1944, 1954, 1997, 2082,
2283, 2340, K. O. 41, Anf.G. 12); sodann, daß
diese Vorschriften auch im öffentlichen Recht
wiederholt ausdrücklich als auf Gestaltungsrechte
anwendbar erklärt worden sind (vgl. Erbsch. St. G
*57, S. Stempel St.G 8 389 II); endlich, daß die
in ihnen berücksichtigten Tatbestände auch in den
allgemeinen prozeßrechtlichen Vorschriften eine
allerdings eigenartig ausgestaltete Berücksichtigung
gefunden haben (vgl. zu BGB 5 203 8PO 5245,
zu BGB 8 206 ZPO f5 241, zu BGB 5 207
38O # 239).
c) Imübrigen fehlt es wiederum an allge-
meinen Normen, so daß es auf den Inhalt der
bestehenden Sondernormen ankommt.
" 4. Ersitzung.
I. Ersitzung als öffentlicherecht-
licher Titel, d. h. als Entstehungsgrund
öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen wird nicht
allgemein, sondern nur auf Grund besonderer
gesetzlicher Zulassung anerkannt.
1. Unter den einzelnen Zulässigkeits-
fällen ist der wichtigste die Ersitzung der Frei-
heit von öffentlichen Lasten wie Steuern, Bei-
trägen, Schulbaulasten, öffentlich-rechtlichen Aus-
gleichungsansprüchen. Die Rechtsprechung des
preußischen Oberverwaltungsgerichts hat hier
folgende Grundsätze entwickelt: Gegenüber den
öffentlichen Lasten greift nicht die Bestimmung
des § 509 ALR 19 Platz, die von der V. durch
Nichtgebrauch handelt, aber nur auf Privatlasten
zu beziehen ist. Vielmehr gilt für sie nach 88 86,
128 ALR 1 7 der Grundsatz, daß nur Ersitzung
eines Untersagungsrechts gegenüber dem affirma-
tiven Forderungsrecht möglich sei. Dieser Grund-
satz wird bezüglich der staatlichen Abgaben in
5l 656 I1 9 auedrücklich anerkannt und zugleich für
diese dahin modifiziert, daß bei ihnen die singuläre
Frist von 50 Jahren Anwendung findet, während
es bezüglich der nichtstaatlichen Abgaben bei der
gewöhnlichen V.Frist sein Bewenden hat. So-
weit diese Ersitzung der Abgabenfreiheit in Be-