Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Verjährung — Vermögenssteuer (Ergänzungssteuer) 
669 
  
tracht kommt, sind auch noch die Vorschriften des 
Adg über Rechtsbesitz anzuwenden. Durch die 
modernen Finanzgesetze, die eine Abgabenfreiheit 
auf Grund der Ersitzung entweder überhaupt nicht 
anerkennen oder wie Kom. Abg.G 8 21 nur in 
beschränktem Maße, insoweit als sie vor dem 
Inkrafttreten des neuen Gesetzes erworben war, 
haben die entwickelten Grundsätze an praktischer 
Bedeutung wesentlich verloren. — Aus dem AL 
sind weiter als Fälle der Ersitzung von Rechten zu 
nennen 7 35 II 14 über Ersitzung (vgl. 3 630 19) 
von Regalien, 55 92, 144, 429, 494 II 7 über 
Ersitzung des „Rechts auf Untertanen“, das noch 
heute stark nachwirkt als Entstehungsgrund der 
Gutsbezirke [Mälteren Rechts, sowie über Ersitzung 
innerhalb des gutsherrlich-bäuerlichen Verhält- 
nisses, §§ 315, 316 II 11 über die Ersitzung von 
Simultanrechten, §5 861 f über die Ersitzung des 
Zehntrechts. Auch diese Bestimmungen haben 
zum Teil nur noch geschichtliche Bedeutung. Vgl. 
Ablösungs G v. 2. 3. 50 5§ 6, 35, 91. — Es gehört 
ferner hierher die Ersitzung des Unterstützungs- 
wohnsitzes gemäß Unt. Wohn.G § 10. — Kraft 
Sondernormen gibt es auch eine Ersitzung von 
Rechtsverhältnissen wie die Ersitzung der Ge- 
meindeangehörigkeit gemäß StO 55, LGO F 41 
oder die Ersitzung des Patronats gemäß ## 574 
bis 576 ALR II 11. 
2. Bei mangelnder gesetzlicher 
Anerkennung wird dagegen die Zulässig- 
keit der Ersitzung verneint. Hierauf beruhen fol- 
gende Entscheidungen des Oberverwaltungsge- 
richts: Nach OVG 5, 183 genügt der Umstand, 
daß der zur Beitragsleistung Herangezogene länger 
als 50 Jahre einen Beitrag geleistet hat, nicht, 
um die Verpflichtung zur Zahlung eines neuen 
Beitrages zu konstituieren. Von OVBG in VBlI20, 
159 wird allgemein der Grundsatz ausgesprochen, 
daß das Besteuerungsrecht durch Ersitzung nicht 
begründet werden kann. Nach OV 8, 223 
kann sich die Polizei zum Nachweis einer bestritte- 
nen Uferunterhaltungspflicht nicht auf „Verjäh- 
rung“ berufen. 
II. Mit der Ersitzung als öffentlich-rechtlichem 
Titel nicht zu verwechseln sind die Fälle, wo 
durch Ersitzung privatrechtliche 
Beziehungen ohne oöffentlich- 
rechtliche Wirkung geschaffen wer- 
den. Beispiele bieten insbesondere die Fälle, 
wo jemand Rechte an öffentlichen Sachen, nament- 
lich Wegen I//), gegenüber dem Eigentümer der 
Sache, aber ohne Wirkung gegen die Pol Behörde 
ersitzt; es verhält sich hier ebenso, wie wenn der 
Eigentümer durch privatrechtlichen Vertrag ohne 
Erlaubnis der Pol Verwaltung solche Rechte ein- 
räumt (vgl. OV#2, 395; 9, 208; 15, 322). In 
gleicher Weise verhält es sich mit der Ersitzung des 
Rechts des Ufereigentümers, von einem Dritten 
die Unterhaltung der Ufer zu fordern; gegenüber 
der PolBehörde, also öffentlich-rechtlich, wirkt 
das nicht (OV#G 8, 223). 
#s 5. Unvordenkliche Verjährung. Die Er- 
fordernisse der Unvordenklichkeit 
bestehen darin, daß ein Zustand nach Art eines 
Rechtszustandes bestanden hat, daß nach der Er- 
innerung des lebenden Geschlechts dieser Zustand 
immer bestanden hat und daß es auch nicht durch 
seine Vorfahren von einem andern Zustand unter- 
richtet ist. 
  
Als Anwendungsgebiet dieses 
Rechtsinstituts kommen alle Rechtsverhältnisse im 
weitesten Sinn in Betracht, bei denen eine fort- 
dauernde Rechtsausübung möglich und bei denen 
zugleich eine rechtmäßige Entstehung denkbar ist. 
Das Institut galt früher sowohl für private wie 
für öffentlich-rechtliche Verhältnisse. Ob es be- 
züglich der ersteren wenigstens noch auf den Vor- 
behaltsgebieten Bedeutung hat, mag dahingestellt 
bleiben. Jedenfalls wird man mit Gierke nach 
wie vor im öffentlichen Recht eine Weitergeltung 
anzunehmen haben (vgl. Re in Vl I1, 310; 
OBG 38, 205; sächs. OVG# 11, 103; 6, 189; 
auch 8, 216, bes. S 22)0). 
Literatur: Löning LVerwt S 16, 17; Otto 
Mayer 1, 420 ; Tezner, Die Privatrechtstitel im 
össentl. Recht im Arch OeffK 9, 372; Gerhard, B. 
öffentlichrechtlicher Ansprüche, in Boschers Zeitschrift für 
freiwillige Gerichtsbarkeit in Württemberg Bd. 48 (1901) 
S 104; Kormann, Die öffentlichrechtliche V. und Ber- 
schweigung in der Rechtsprechung des Oberverwaltungs- 
gerichts, in BBl 23, 644; Derselbe, Grundzüge eines 
allgemeinen Teils des öffentlichen Rechts, in Annalen 
1912 KkK 28—31; Schultzenstein, Polizeiliche Pflich- 
ten und Zeitablauf in D. Jur.-Ztg. 1914, 17. 
Kormann. 
Verkehrssteuern 
Ueber ihr Wesen J Abgaben &# 9 (Band I, S 11) 
Im einzelnen: 
Bauplatzsteuer II, 124, 125; Scheckstempel, 1 Wechsel- 
Börsensteuer I, 504: stempel: 
Effektenstempel I, 504; Echenkungssteuer I, 741; 
Emissionsstempel III, 525; Spiel und Wette III, 452; 
Erbschaftssteuer I, 735; Stempelsteuer III, 525; 
Fahrkartensteuer I, 697; Talonsteuer III, 574; 
Frachturkundenstemvel I, 696; Tantiemesteuer III, 575; 
Gebührenäquivalent III, 618, Umsatzsteuer III, 614, I, 505; 
614; Wechselstempel III: 
Kraftfahrzeuge II, 637; Wertzuwachssteuer III. 
Lotterie II, 792; 
Gebühren, Kolonialfinanzen, Kiautschou 
Reichsfinanzwesen III, 275. 
In anderem Sinne Wege (Wegegeld, Chaus- 
sergeld), Binnenschiffahrt, Flößerei, Hafen, Fähre, 
anale. 
Vermögenssteuer 
(Ergänzungsstener) 
3s 1. Allgemeines. # 2. Preußen. 3 3. Sachsen. 1 4. 
Baden. 4 5. Hessen. # 6. Andere Staaten. 
St = Steuer; BVSt — Vermögenssteuer; Eink = Ein- 
kommen; Erg St —= Ergänzungssteuer.) 
51. Allgemeines. 
I. Die VSt oder Vermögensbesitz St will das 
Stammvermögen zur Leistung heranziehen. 
a) -Die VSt ist entweder als Besitz St auf die wirk- 
liche Entziehung von Vermögensteilen, auf die 
teilweise Kapitalaufzehrung gerichtet (reelle oder
	        
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