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Versicherungswesen (Privatversicherung)
Versicherungswesen
Grivatversichernug: Uebersicht)
#s 1. Begriff und Bedeutung (Betriebsformen). 1 2. Ent-
wicklung des Versicherungsrechts. # 3. Geltendes Ber-
waltungsrecht. 1 4. Statistisches.
#1. Begriff und Bedentung (Betriebsformen).
I. Versicherung (V) ist die wirtschaftliche Einrich-
tung zur Deckung ungewissen, aber für den Ver-
sicherer schätzbaren Vermögensbedarfs durch Ver-
teilung auf eine Mehrzahl von Wirtschaftssubjekten,
für die der gleiche Bedarf droht, aber nicht oder
noch nicht eintritt. Sie gründet sich auf die Wahr-
scheinlichkeit, daß Schäden in den menschlichen
Lebens= oder Vermögensverhältnissen eintreten
werden; auf die Tatsache, daß eine Mehrzahl dieser
Gefahr ausgesetzt ist; und auf die Ungewißheit,
wen sie treffen wird. Sie bezweckt die der gleichen
Gefahr Ausgesetzten zur Leistung verhältnismäßi-
ger Beiträge (Prämien) zu veranlassen, deren
Summe zur Deckung der wirklich entstandenen
Schäden ausreicht. Dabei bedeutet versicherungs-
technisch „Gefahr“ die Möglichkeit des Eintritts
des Ereignisses, das einen Vermögensbedarf nötig
macht und insofern, manchmal nur mittelbar,
wirtschaftlich nachteilig ist, und „Schaden“ das
Ereignis selbst, das kein Unglücksfall zu sein braucht.
II. Die hohe Bedeutung der V liegt auf privat-
wie volkswirtschaftlichem und sozialen Gebiet.
Private ohne großes Vermögen erkaufen sich
mit einer verhältnismäßig geringen Leistung
Ruhe und Sicherheit für die Zukunft. Der Volks-
wirtschaft kann die V Schäden zwar nicht ersparen,
aber ihre nachteiligen Folgen durch Verteilung
auf viele Schultern wesentlich mildern. Sie
wirkt durch den Schutz vor Verarmung Kapital
und Einkommen erhaltend und zugleich Kapital
schassend durch die Anregung des Unternehmer-
geistes. Sie fördert den Kredit, dem sie oft erst
eine solide Grundlage gibt und dem sie ihre großen
angesammelten Wertbestände zuführt. Der soziale
Nutzen der V beruht vor allem darauf, daß die
V ein durch eigene Leistung erworbenes Recht
auf Unterstützung gewährt und deshalb der Hilfe
in Notfällen den Almosencharakter nimmt.
IIII. Die Einteilung der V ist wegen der
Mannigfaltigkeit der menschlichen Wirtschafts-
verhältnisse und der Gefahren, die sie zu um-
fassen vermag, schwierig und flüssig. Zunächst
sind zwei Hauptarten zu unterscheiden: die So-
zial V, d. i. die im Wege öffentlicher Fürsorge
ausgeübte Arbeiter= [XI und Angestellten V (N!I
und die Privat V, die alle übrigen Vumfaßt und
auf sich entsprechender Leistung und Gegenleistung
beruht. Für die Privat V ist die Einteilung in
Schadens= und Personen V grundlegend.
Jene geht auf Ersatz eines durch ein bestimmtes Er-
eignis herbeigeführten Vermögensschadens, durch
dessen Höhe die Haftung des Versicherers begrenzt
ist; diese bezweckt bei Eintritt eines eine Person
betreffenden Ereignisses die Zahlung des verein-
barten Betrags an Kapital oder Rente oder der
sonst vereinbarten Leistung. Die Schadens V
kann in Sach= und Vermögenswert V zergliedert
werden. Zu ersterer gehören die Feuer- IJ,
Hagel-- [JI, Vieh= I[IFl, Transport= (See= unb
Binnentransport-), Glas-, Wasserschäden-, Sturm-
schäden- und Maschinen V — zu letzterer die Haft-
pflicht--, Kredit-, Hypotheken--, Kursverlust-, Miet-
verlust-, Diebstahl-, Unterschlagungs-, Streik= und
RückV. Die Personen V kann man scheiden in
Lebens V [IJ] und in V der Erwerbsfähigkeit,
wozu zu rechnen sind Kranken-, Invaliden-, Un-
fall= und Arbeitslosen V. Die zuletzt genannten
V nähern sich oft der Schadens V und können
sogar als reine Schadens V betrieben werden, so
vor allem die Krankenversicherung.
Für den Geschäftsgang des Kais. Aufsichtsamts
für Privat V ist die Einteilung in folgende 65
Gruppen üblich: 1. Lebens= und Kranken V (be-
zeichnet mit L), 2. Unfall- und Haftpflicht B (U),
3. Vieh-, Hagel= und sonstige landwirtschaftliche V
(HV), 4. Feuer-, Sturmschäden-, Wasserschäden-
und Diebstahl V (F), 5. sonstige VZweige (S).
IV. Die V kann von öffentlich -recht-
lichen Körperschaften oder von privaten
Unternehmungen betrieben werden.
Beide Formen haben ihre volkswirtschaftliche Be-
rechtigung. Die öffentlichen VAnstalten kommen
vor als Gegenseitigkeitsvereine mit oder ohne
Monopol, mit oder ohne Beitrittszwang und mit
oder ohne staatliche Unterstützung. Die privaten
Unternehmungen sind meist VVereine auf Ge-
genseitigkeit oder Vktiengesellschaften, selten
Einzelunternehmer oder sonstige Personenvereini-
gungen. Nach V##G dürfen Gegenseitigkeits-
vereine nurmehr in der Form von VVereinen
a. G. und nurmehr solche oder Aktiengesellschaften
zum Betrieb der Lebens-, Unfall--, Haftpflicht-,
Feuer= oder Hagel V zugelassen werden. In der
praktischen Geschäftsführung verwischt sich bei
größeren Unternehmungen der Unterschied zwi-
schen Gegenseitigkeitsverein und Aktiengesellschaft,
besonders dann, wenn ersterer durch VGeschäfte
gegen feste Prämien, ohne Mitgliedschaft voraus-
zusetzen, abschließt und letztere einen Teil des
Verdienstes den Versicherten zufließen läßt.
#s 2. Entwicklung des Versicherungsrechts.
Die Entwicklung des eigentlichen VWesens ging
von der See V seit dem 14. Jahrhundert aus,
griff im 17. Jahrhundert auf die Feuer L und im
18. Jahrhundert auf die Lebens V über und be-
mächtigte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts all-
mählich der übrigen VArten. In Deutschland
gewann das VWesen erst seit Beginn des 19. Jahr-
hunderts richtig Boden, entwickelte sich aber
gerade hier seit den 80er Jahren zu vorbildlicher
Blüte. Dieser rasche Aufschwung des VWesens
gab den Anstoß zu einem kräftigen Fortschritt
auf dem Gebiete der VGesetzgebung und dieser
förderte wieder um so mehr die Entwicklung des
VWWesens.
Nach #a 4 S. 1 NV unterliegen die Bestimmungen
über den Gewerbebetrieb, einschließlich des BWe-
sens, der Beaufsichtigung und Gesetzgebung des
Reichs. Für Bayern ist dies jedoch gemäß Z. IV
des Versailler Schlußprotokolls v. 23. 11. 70 da-
durch eingeschränkt, daß die reichsgesetzlichen
Vorschriften für das Immobiliar BWesen in
Bayern nur mit Zustimmung der bayrischen Re-
gierung Geltung erlangen können. Durch G v.
20. 12. 73 wurde die Gesetzgebung über das ge-
samte bürgerliche Recht, mithin auch über den
Wertrag dem Reiche zugesprochen (a 4 Z. 13 RV).