Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Versicherungswesen (Privatversicherung) 
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Die Lebens VUnternehmungen und die nach 
Art der Lebens V betriebenen Kranken-, Unfall- 
und Haftpflicht LUnternehmungen unterliegen 
teilweise, insbesondere hinsichtlich der Prämien- 
reserve, weitergehenden Vorschriften I Lebens- 
versicherung]. 
4, a) Das Verfahren und den Geschäfts- 
gang des Aufsichtsamts für Privat- 
versicherung regelt in Ergänzung des VM# 
die Kais. V v. 23. 12. 01 (RGnl 498). Die Ge- 
schäfte werden durch Verfügung im Bureauwege 
erledigt, sofern nicht das Gesetz die Entscheidung 
in Spruchsenaten vorschreibt oder der Präsident 
in bestimmten Fällen die Beratung und Beschluß- 
fassung in einer nichtöffentlichen Gesamtsitzung 
anordnet. 
In Spruchsenaten in der Besetzung von 3 Mit- 
gliedern des Amts und 2 des VBeirats sind auf 
Grund mündlicher Beratung bei fakultativ öffent- 
licher Verhandlung bestimmte wichtigere An- 
gelegenheiten zu entscheiden, die teilweise reine 
Ermessensfragen darstellen. Doch liegt auch bei 
den Senatssachen das Schwergewicht in den 
bureaumäßigen Vorverhandlungen: in ihnen wird 
meist eine Verständigung mit der VUnternehmung 
erzielt, so daß die Spruchentscheidung nur das 
Ergebnis rechtlich feststellt. In einigen Senats- 
sachen kann der Präsident einen ablehnenden 
Vorbescheid ergehen lassen. Gegen die Senats- 
entscheidungen steht den Beteiligten der Re- 
kurs zu. Ueber diesen entscheidet ein Spruch- 
senat des A. f. P. unter Zuziehung eines richter- 
lichen Beamten und eines Mitglieds eines höchsten 
VerwGerichtshofs auf Grund mündlicher und 
öffentlicher Verhandlung. Außerdem ist gegen 
gewisse Strafandrohungen Beschwerde zugelassen, 
über die das A. f. P. im Spruchsenate entscheidet. 
Im übrigen sind die Verfügungen des A. f. P. 
unanfechtbar. Außer den eigentlichen Gesamt- 
sitzungen finden zur Beratung grundsätzlicher 
Fragen gelegentlich unverbindliche VerweSitzun- 
gen statt. Das A. f. P. ist zur eidlichen Zeugen- 
und Sachverständigenvernehmung berechtigt und 
hat Anspruch auf Rechtshilfe. J Amtshilfe.) 
b) Die Regelung des Verfahrens bei der Be- 
aussichtigung der den Landesbehörden 
unterstellten VUnternehmungen ist dem Landes- 
recht überlassen. Nur für die Anfechtung der Ent- 
scheidung über Angelegenheiten, die beim A. f. P. 
Spruchsachen sind, ist das Verwtreitverfahren 
oder, wo ein solches nicht besteht, der Rekurs nach 
##§ 20, 21 Gew0O vorgeschrieben. In Preußen, 
Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden ent- 
scheiden Verw Gerichtshöfe, in Elsaß-Lothringen 
der Kaiserl. Rat (vgl. die unten § 3 II, 2 b angef. 
Verordnungen, in Bayern das G v. 20. 12. 01 
(GBBl 733). 
5. Für die ausländischen Versiche- 
rungsunternehmungen gilt bezüglich 
ihres inländischen Geschäfts grundsätzlich das 
gleiche Recht, wie für die inländischen ViUnter- 
nehmungen. Jedoch entscheidet über ihre Zu- 
lassung der RK nach freiem Ermessen mit der 
Einschränkung, daß sie nur dann erteilt werden 
darf, wenn die an inländische VUnternehmungen 
zu stellenden und zwei weitere Forderungen erfüllt 
sind, worüber sich das A. f. P. nach Anhörung 
des VBeirats zu äußern hat. Sie unterstehen 
ausnahmslos der Reichsaufsicht. Die Untersagung 
  
des Geschäftsbetriebs kann durch B#eschluß 
nach freiem Ermessen erfolgen. Die zugelassenen 
Unternehmungen haben einen im Inland woh- 
nenden Hauptbevollmächtigten zu bestellen, der 
zur Vertretung der Unternehmung berechtigt und 
für Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften ver- 
antwortlich ist. Außerdem besteht ein zwingender 
inländischer Gerichtsstand. 
III. Besteuerung. Das V2 ließ alle 
auf Landesrecht beruhenden finanziellen Belastun- 
en der Vünternehmungen, Agenten und Vlb- 
chlüsse unangetastet. Die mannigfaltigen Ab- 
gabeformen, mit denen sich hiernach das VWesen 
in Deutschland abzufinden hat, lassen sich scheiden 
in allgemeine Steuern, die sämtliche gewerblichen 
Betriebe treffen, und in spezielle VAbgaben. 
Zu letzteren gehören die in 5 121 VA# ausdrück- 
lich aufrecht erhaltenen landesrechtlichen Abgaben 
für gemeinnützige Zwecke, insbesondere zur För- 
derung des Feuerlöschwesens ( Feuerpolizei)j, 
ferner die Reichsgebühr für die Aussichtstätigkeit 
des A. f. P., die nach § 81 VA von den reichs- 
aussichtspflichtigen Vunternehmungen zu ent- 
richten ist, 1%° der jährlichen Bruttoprämien aus 
inländischen V nicht überschreiten darf und in ihrem 
vom BR zu bestimmenden Gesamtbetrag an- 
nähernd die Hälfte der fortdauernden Kosten des 
Amtes betragen soll, und endlich der neue Reichs- 
VöStempel nach dem G v. 3. 7. 13 (RoBl 644). 
Insofern dieses Gesetz landesrechtliche Stempel- 
abgaben von Urkunden nicht mehr zuläßt, ist da- 
mit der Anfang mit einer einheitlichen, Doppel- 
besteuerung vermeidenden Reform der VBesteue- 
rung gemacht. Das Nähere Stempelsteuer. 
# 4. Statistischens. Die aussichtspflichtigen privaten 
Bunternehmungen, auch die unter Landesaufsicht, und die 
öffentlichen Bünstalten sind zur Einreichung statistischer 
Nachweise über ihren Geschäftsbetrieb beim A. f. P. ver- 
pflichtet. 
In den jährlichen „Veröffentlichungen des A. f. P.“ 
ist über den Stand der der Reichsaufsicht unterliegenden 
Bunternehmungen zu berichten. Die Absicht des A. f. P., 
die Statistik nach und nach auch auf die öffentlichen An- 
stalten und die unter Landesaufsicht stehenden privaten 
Bunternehmungen zu erstrecken, ist bisher noch nicht durch- 
ge führt worden. 
Nach dem Stande v. 31. 5. 13 unterstehen der Reichsauf- 
sicht insgesamt 2045 VlUnternehmungen, davon 768 die 
Grenzen eines Bundesstaats überschreitende, 1177 über- 
wiesene (305 bayerische, 689 hessische, 1 meckl. strelitzische, 
82 schaumburg.lippische, 100 lippische), 68 ausländische 
(2 belgische, 5 dänische, 24 englische, 4 französische, 4 hollän- 
dische, 18 österreich-ungarische, 2 schwedische, 9 schweizerische, 
5 nordamerikanische) und 32 ausschließliche Rück VuUnterneh- 
mungen. Es entfallen nach dem Hauptigeschaft in die B- 
Gruppe (vgl. oben #1 1 III a. E.): L 1095, u 82, H 701, 
F. 125 und S 60 Vunternehmungen. 120 inländische und 
61 ausländische VuUnterinehmungen sind Aktiengesellschaften, 
1849 inländische und 7 ausländische Vunternehmungen 
Gegenseitigkeitsgesellschaften und 8 BUnternehmungen ande- 
rer Art. Der Landesaufsicht sind 309 Vunternehmungen 
durch den Reichokanzler überwiesen. Im übrigen unter- 
stehen ihr in Preußen rund 15 000, in Bayern 2500 und 
in Baden 900 Bünternehmungen. 
Literatur: Außer den Angaben bei den Spezial- 
artikeln: Manes, Art. „Bersicherungswesen“ im WB 
der Bolkswirtschaft; Ehren berg, Emminghaut, 
Manes, Art. „Versicherungsrecht“, Versicherungswesen“,
	        
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