Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Verwaltung, Verwaltungsrecht 
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preußische Recht, z. B. 89 5## #2, 8, 39, 46 Ziff 3, 
56 Ziff 5, 105, 140, Wasser G §5 130) sind „enu- 
merativ“ abgegrenzt; und in diesen Enumerationen 
handelt es sich zum größten Teil um das Recht der 
öffentlichen Korporationen, Lasten und einzelner 
Konzessionen, während die Begriffe des 
öffentlichen Eigentums und der öffent- 
lichen Arbeiten sich weder in Würt- 
temberg noch in Sachsen finden (Württ. 
VerwRPflG a 10, Sächs. VerwRPflG 8 21, so- 
wie die späteren Erweiterungen: Goez, VerwR- 
Pflege 40 f, Apelt, Verwl Pflegegesetz" 108 f). 
Die folgenden Erörterungen wer- 
den überall vom preußischen Recht 
ausgehenn: nicht nur, weil es das Recht des 
größten Bundesstaates ist, und weil seine Entwick- 
lung am meisten eigene, der französischen ent- 
gegengesetzte Bahnen eingeschlagen hat, sondern 
weil es die längsten Traditionen und dank der 
erwähnten Scheidungen die schärfsten und am 
klarsten ausgeprägten Begriffe besitzt. 
#20. Das öffentliche Eigentum. Dem deut- 
schen VerwR fehlt der Begriff des 
öffentlichen Eigentums. Das säch- 
sische OV.G, das ihn bereits einer Entscheidung 
zugrunde gelegt hatte, hat ihn wieder fallen 
lassen (Fleiner S 313 Note 14; Jahrb. Sächs. 
O# 15, 175 f; Soergel 3, 770); und Fleiner 
ist Otto Mayer in diesem entscheidenden Punkte 
nicht gefolgt. 
Es fehlt bei uns, selbst innerhalb des Rechtes 
jedes einzelnen Bundesstaates, überhaupt eine 
einheitliche Kategorie, die diesem 
Institut entspricht. Die einzelnen öffentlichen 
Sachen werden verschieden behandelt, je nach 
der Art, in der die Gesetzgebung auf den ver- 
schiedenen Gebieten die hoheitlichen von den pri- 
vatrechtlichen Elementen der alten Regalität 
gesondert oder ausgebaut hat. 
I. So ist im Gebiete des ALn bezüglich der 
Meeresufernutzungen das „gemeine Eigentum“ 
des Staates anerkannt und daher die Polizei nur 
zur Regelung des Gemeingebrauches befugt, wäh- 
rend die Sondernutzungen vom Staate durch Pri- 
vatverträge oder durch Privatrechte begründende 
aregale Verleihungen“ oder durch Ersitzung er- 
worben werden können: Kal Vfg v. 15. 5. 13, bei 
Illing-Kautz, HB f. Preuß. VerwBeamteie Bd. III 
S 1906/7 Note 1; Pr VerwBl 32, 458 f; OVG 33, 
450; 54, 261; 62, 301. Anders in Schleswig- 
Holstein, wo die landrechtliche Auffassung der Re- 
galität nicht gilt, und der Staat daneben noch 
eine „landeshoheitliche Verfügungsgewalt" 
besitzt: OVG 652, 344; 60, 286. Vgl. überhaupt 
Pr Verw Bl 34, 163 ffl. 
II. Am reinsten ist die Regalität im preu- 
ßischen Wegerecht [NI beseitigt und in Pri- 
vateigentum der Kommunalverbände und polizei- 
liche Betätigung der Staatsbehörden aufgelöst: und 
zwar in die den Gemeingebrauch schützende und 
regelnde Polizei, und die sogen. Wegebaupolizei, 
die die Bau-= und Unterhaltspflichten auferlegt 
(vgl. 5 56 838 ). Da die Kommunalverbände 
nur als (durch den Gemeingebrauch gebun- 
dene) Privateigentümer in Betracht kommen, 
sind die Wege gar keine eigentlichen Gemeinde- 
anstalten, sondern „polizeiliche Anstalten; sie stehen 
zur Verfügung der Polizei; die Wegebaulast ist 
eine Polizeilast der Gemeinde“ (OVG 15, 277). 
  
Es ist daher von unmittelbarer praktischer Wich- 
tigkeit, den positivrechtlichen (durch Gesetze und 
Observanzen bestimmten) Umfang des Gemein- 
gebrauchs genau zu fixieren (anders O. Mayer 
2, 118 f): denn über ihn hinaus kann die Polizei 
den Weg nicht beanspruchen; und hinter der 
Grenze des Gemeingebrauchs beginnt die auf 
die privatrechtlichen Formen angewiesene Be- 
tätigung des Eigentümers, indem alle Sonder- 
nutzungen bürgerlich-rechtliche Verträge mit dem 
Eigentümer voraussetzen (vgl. OV# 28, 15; 
35, 26; Neumann, Rspr. d. RE in Ziv S 2, 165; 
2, 2. Folge S 137f, 141 Note 3; Kamptz-Delius, 
Rspr. d. R u. KGöffR. 1, S 234 f, 237f; Erg Bd. 
1, 116; Soergel, Jahrb. Rspr. z. Berw R 1, 51 usw.), 
eine Gebührenerhebung für solche ebenso ausge- 
schlossen ist (OV.G 35, 26; 48, 112), wie auch die 
Kategorien des „gesteigerten“ Gemeingebrauchs 
und der „Verleihung“ entfallen müssen, die Grund- 
sätze des Nachbarrechts Anwendung finden, die 
gemeinrechtlichen Interdikte zur Geltendmachung 
des Rechtes auf Gemeingebrauch gegeben werden, 
wenn ein besonderes Interesse geltend gemacht 
werden soll (Germershausen, Wegerecht 1, S 97, 
125, 610) usw. usw. 
III. In engem Anschluß an diese Gestaltung des 
Wegerechts ist in Preußen jetzt auch das Was- 
serrecht (VIgeregelt worden: mit den Modali- 
täten, die sich daraus ergeben, daß die Wasser- 
läufe nicht, wie die Wege, zu bestimmten techni- 
schen Zwecken geschaffene menschliche Einrich- 
tungen, sondern Naturkräfte und schätze sind, 
deren Bedeutung für die „Allgemeinheit" nicht im 
„Gemeingebrauch“ erschöpft ist, die vielmehr, 
ähnlich wie die unterirdischen Bodenschätze, be- 
sonderer Ausnutzung und Verwertung fähig und 
bedürftig sind. Daher gibt es im Wassergesetz 
neben dem Gemeingebrauch (55 25 f) und der Be- 
nutzung durch den Eigentümer (Is 40 f) noch 
weitere Benutzungsarten (durch den Eigentümer 
oder Dritte) und, an sich dem Eigentümer zu- 
kommende, Benutzungen durch Dritte, für deren 
Begründung und Ausgestaltung in der „Ver- 
leihung“ (§8 46 f), dem „Ausbau“ (§8§ 152 f), den 
„Zwangsrechten“ (§ 331 f) besondere Institute 
geschaffen sind, die ihre Analogie zum Teil im 
Bergrecht (Holtz-Kreutz, Preuß. Wasser G S 266), 
zum Teil in der Genehmigung gewerblicher An- 
lagen, zum Teil im Enteignungsrecht (vgl. §§ 49, 
50 Abf 2, 51, 53, 56, 63, 66, 76 Abs 2, 78) finden. 
(Vgl. unten § 25.) 
Abgesehen davon ist aber auch im Wasserrecht 
das Privateigentum an allen Was- 
serläufen anerkannt und durchgeführt (585 7 f), 
das — abgesehen vom Gemeingebrauch — den 
aus allgemeinen polizeilichen Gesichtspunkten 
fließenden (§§ 19 f) und den im Interesse bestimm- 
ter Personen liegenden (ss 41 f) Beschränkungen 
(wie jedes Privateigentum) unterworfen ist. Mit 
diesen Maßgaben greift daher die Eigentums- 
ordnung des bürgerlichen Rechtes Platz: der Eigen- 
tümer kann seine Wasserläufe veräußern, belasten 
und nutzen — kann die nicht den Gegenstand einer 
Verleihung bildenden Nutzungsarten vertraglich 
an Dritte übertragen — auch, anstelle der Ver- 
leihung, wenn diese nur ihm gegenüber nötig wäre, 
durch Verträge Nutzungsrechte Dritter begründen 
—, kann gegen Störer nach §§ 859, 1004 BGB 
vorgehen und gegen unerlaubte Benutzungen auf 
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