Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
708 
Verwaltung, Verwaltungsrecht 
  
Unterlassung und Schadensersatz klagen (so daß 
eine gerichtliche Entscheidung auch über den Um- 
fang des Gemeingebrauchs möglich ist): vgl. 
Holtz-Kreutz S 48 f, 51, 55, 130, 174, 225 f, 266 f, 
327 f. Zu besonderen, den Gemeingebrauch über- 
steigenden Benutzungen, deren Begründung keiner 
Verleihung bedarf, ist außer der polizeilichen Er- 
laubnis (§§ 19, 22) auch seine Zustimmung erfor- 
derlich, soweit nicht nach Ss 331 f ein Zwangsrecht 
gegeben ist: Holtz-Kreutz S 132, 148, 175, 266. 
Biist auch verpflichtet, sein „Eigentum" in polizei- 
gemäßem Zustande zu erhalten (Holtz-Kreutz 124). 
Dem Privateigentümer der Wasserläufe steht 
— analog wie im Wegerecht — die Wasser- 
polizei gegenüber, der die Sorge für die 
rechtmäßige Benutzung und den Gemeingebrauch 
nach Maßgabe der ### 36, 37 (vgl. Holtz-Kreutz 
218 f) durch Is 21 und 39 (über deren Verhältnis 
Holtz-Kreutz 142), sowie für die Unterhaltung durch 
I#s 113 f (36 FW 66 f) und unter Umständen auch 
für den Ausbau durch I§s 176 f Übertragen ist. 
IV. Von denselben Prinzipien wird auch das 
bayrische Wasser= und Wegerecht be- 
herrscht (ugl. v. Seydel-Graßmann 2, S 329f, 
360 f; Luthard in Blätter f. administr. Praxis 20, 
S 321 f, 337 f)0. 
Auch im sächsischen Recht wird die 
Kategorie des öffentlichen Eigentums abgelehnt 
und Privateigentum der Gemeinden an den 
öffentlichen Wegen anerkannt. Erst in neuester 
Zeit ist die Judikatur des O insofern über 
  
diese der preußischen und bayerischen Auffassung 
entsprechende Gestaltung hinausgegangen, als 
sie außerdem die Gemeinde zur „Herrin“" der 
öffentlichen Wege gemacht hat, so daß sie zu ihnen 
nicht nur in einem privatrechtlichen Verhältnis 
steht, sondern dazu auch über sie als „öffentliche 
Verkehrsräume“ eine „Herrschaft“ ausübt (Jahrb. 
Sächs. OVG 15, S 175f, 203; 17, 6; v. d. Mo- 
sel# 634 f; Soergel 3, S 770, 771, 774; 5, 493). 
Als „Herrin“ hat die Gemeinde über die den 
Gemeingebrauch übersteigende Benützung publi- 
# ch zu verfügen, wobei sie freilich ebenso frei 
asteht, wie als Privateigentümerin: sie darf 
nur nicht aus „Willkür“ oder „persönlichen Be- 
weggründen“ (Jahrb. 15, 208) die besondere 
Nutzung versagen, „möge dos Unternehmen 
(das die besondere Nutzung beansprucht) auch 
noch so gemeinnützig sein“. 
Aehnlich ist das württembergische Recht 
gestaltet: auch hier ist die Lehre vom öffentlichen 
igentum abgelehnt (Goez, Verw Roflege 375), 
und infolge des bestehenden Privateigentums 
der Gemeinde die Möglichkeit von privatrecht- 
lichen Verträgen für den Gemeingebrauch über- 
steigende Nutzungen anerkannt (vgl. Goez S 127, 
387 f, 396; Soergel 2, 926). Da aber die Ge- 
meinde außer diesem privatrechtlichen Eigentum 
auch noch publizistische Beziehungen zu den 
Wegen hat (vgl. Goez 193), ergeben sich Ver- 
quickungen zwischen Eigentums- und öffentlicher 
Verw, die bei der scharfen preußischen Scheidung 
zwischen staatlicher Polizei Verw und kommunaler 
Eigentums Verw und bei der Konstruktion der 
öffentlichen Wege als polizeilicher Gemeindean- 
stalten (s. unten 5 21 III) nicht möglich sind: 
Probleme, wie die von Goez S 387 f, 395 f er- 
örterten, können in Preußen nicht auftauchen 
(und die S 387 Note 1 und 388 Note 1 er- 
  
wähnten Entscheidungen sind von ihm nach 
württembergischen Kategorien beurteilt und da- 
her mißverstanden). 
Jedenfalls kann diese neueste sächsische und würt- 
tembergische Praxis nicht als ein Fortschritt gegen- 
Über dem preußischen Recht angesehen werden: 
historisch bedeutet sie eine unter französischen 
Einflüssen erfolgte Wiederanknüpfung an die von 
unserer Rechtsentwicklung im 18. Jahrhundert ab- 
gebauten publizistischen Bestandteile des Regalien- 
begriffes und praktisch eine (alles anders als 
klärende) Verdoppelung der Stellung der Kom- 
munen zu den öffentlichen Wegen, die neben den 
ordentlichen Gerichten oder statt ihrer die Verw- 
Gerichte zuständig macht. 
#5# 21. Die öffentlichen Austalten. 
J. Fast noch gefährlicher für die Eigenart 
unseres Verw# als der Begriff des Iefentlichen 
Eigentums ist der der öffentlichen n- 
stalt (XI, namentlich in der Ausprägung, die 
er durch Fleiner erfahren hat, und die von Schoen 
im wesentlichen rezipiert worden ist: er wäre 
in dieser Form geeignet, ebenso der Zentralbe- 
griff unseres VerwK zu werden, wie der des 
service public für das französische, dem er im 
wesentlichen entspricht. 
Während Fleiner den Begriff des öffentlichen 
Eigentums abgelehnt hat, faßt er den der öffent- 
lichen Anstalt dahin, daß, wenn er in conore to 
für eine Anstalt bejaht wird, damit „das urteil 
über alle ihre möglichen rech tli- 
chen Beziehungen gefällt ist: über die 
Anwendbarkeit der Gewerbeordnung, über das 
Erfordernis polizeilicher Genehmigung des Un- 
ternehmens, über die Pflicht zur Entrichtung der 
Gewerbesteuer, über die Zulässigkeit einer staat- 
lichen Beaufsichtigung, über den Gerichtsstand 
für die Beurteilung von Streitigkeiten zwischen 
der Anstalt und ihren Benutzern (ordentliche 
Gerichte oder Verw Behörden und VerwGerichte) , 
über den Charakter des Entgelts für die Be- 
nutzung der Anstalt (privatrechtliches Entgelt oder 
Gebühr), über die Verjährung (NI, über die 
Haftung des Staates oder der Gemeinde für 
Versehen oder Vergehen der Beamten usw.“ 
Bestände dieser Begriff mit seinen vielseitigen, 
durch Aufzählung garnicht zu erschöpfenden 
Konsequenzen tatsächlich als eine dem positiven 
Recht entsprechende Kategorie, so hätten wir in 
ihm den Stein der Weisen für das gesamte Verw. 
Er müßte zunächst die Lehre von den öffentlichen 
Sachen in sich aufnehmen, da auch die Verw der 
öffentlichen Wege, Gewässer, Museen, Kirch 
höfe, Kanäle usw. einen „Bestand von Personen 
und Mitteln, der technisch zu einer Einheit zu- 
sammengefaßt ist", bildet. Aber darüber hinaus 
bildet im Grunde jede ôöffentliche Ver- 
waltungstätigkeit des Staates und der 
Gemeinden eine öffentliche Anstalt im Sinne 
Fleiners: und damit wäre die Scheidung von 
Verw#k und bürgerlichem Recht bei uns ganz 
im französischen Sinne gezogen. 
II. Wie fern unserem Recht diese Auffassung 
liegt, zeigt an einem typischen Beispiel die 
Behandlung des Kaiser-Wilhelm- 
Kanals 11] durch die Judikatur des Reichs- 
gerichts. Da sein Bau und Betrieb eine den 
zuständigen Verw Behörden vom Gesetz aufge- 
tragene öffentliche Pflicht ist, kann ein dadurch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.