Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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die mitwirkenden Beamten müssen die allgemeinen 
oder die für ihre besonderen Funktionen gesetz- 
lich geforderten Eigenschaften besitzen. Endlich darf 
der handelnde Beamte nicht wegen persönlicher 
Beteiligung ausgeschlossen sein. 
Eine Mitwirkung der Interes- 
senten ist in verschiedener Weise möglich. Sehr 
häufig wird eine Zustimmung der Interessenten, 
entweder zu dem Inhalt der Verfügung oder als 
Antrag zum Erlaß der Verfügung vorgesehen. 
Die Mitwirkung kann aber auch durch die Vor- 
schrift eines besonderen Verfahrens in verschieden- 
ster Weise, von dem primitiven Verfahren der 
bloßen „Anhörung“ bis zu dem kunstvollen Bau 
eines kontradiktorischen Prozeßverfahrens J Ver- 
waltungsgerichtsbarkeit; Beschlußverfahren), sicher- 
gestellt werden; grundsätzlich aber kennt 
das Verwaltungsrecht nur ein form- 
loses Instruktionsverfahren. 
Die Mitwirkung anderer Behör- 
den hat eine selbständige Bedeutung nur insoweit, 
als sie in einer Zustimmung oder Genehmigung 
besteht, wie namentlich bei den aufsichtsrechtlichen 
Genehmigungen. Im übrigen gelten für sie die 
gleichen Grundsätze wie für die Mitwirkung von 
Interessenten. 
II. Grundsätzlich gilt auch im öffentlichen Recht 
Formlosigkeit, woraus sich insbesondere 
die fast durchweg anerkannte Möglichkeit still- 
schweigender Willenserklärungen ergibt. Ausnah- 
men von diesem Grundsatz klönnen auf ausdrück- 
licher gesetzlicher Bestimmung beruhen; sie können 
sich aber auch als stillschweigende gesetzliche Form- 
vorschriften aus gewissen sonstigen Vorschriften 
ergeben, wie z. B. aus der gesetzlich verlangten 
förmlichen Zustellung auf die Notwendigkeit der 
Schriftform zu schließen ist; die Form kann end- 
lich auch eine gewillkürte, durch den V. selbst nor- 
mierte sein. 
Als ein zelne Formen kommen in Be- 
tracht: Schriftform in ihren verschiedenen Ab- 
stufungen von der gewöhnlichen Schriftform mit 
oder ohne Unterschrift bis zur feierlichen Aus- 
fertigung urkundlich unter Siegel; Mündlichkeit 
wie namentlich im Prozeßrecht; gewisse förmliche 
Handlungen. 
III. Nach der Art ihrer Kundgabe hat 
man, ähnlich wie im Privatrecht, zu unterscheiden 
zwischen empfangsbedürftigen und 
streng einseitigen Verwaltungs- 
akten. Bei den letzteren genügt die Kund- 
machung schlechthin, bei diesen ist zur Hervor- 
bringung der gewollten Wirkungen weiter erfor- 
derlich, daß sie erklärt werden gegenüber einem 
bestimmten Adressaten. 
Wie im Privatrecht, so sind auch im öffentlichen 
Recht die empfangsbedürftigen Rechts- 
geschäfte die Regel. Adressat der Erklärung ist 
derjenige, für den die Verfügung ihrem Inhalt 
nach bestimmt ist. Die Bekanntgabe kann wirksam 
nur an geschäftsfähige Personen erfolgen. Der 
Zeitpunkt des Zugehens der Erklärung ist nach der 
sog. Empfangstheorie unter entsprechender An- 
wendung von B(# 130, wie übrigens wiederholt 
  
in der Rechtsprechung anerkannt worden ist, zu 
bestimmen. 
Die Nichtempfangsbedürftigkeit 
bildet auch im öffentlichen Recht die Ausnahme. 
Als solche bedarf sie stets einer gesetzlichen Grund- 
  
Verwaltungsakte 
lage. Ein Beispiel streng einseitiger Verfügung 
bildet die Einberufung von Kontrollversammlun- 
gen durch öffentliche Bekanntmachung nach 
ehr O 115 Ziff. 7. 
Es gibt auch Mischformen von Emp- 
fangsbedürftigkeit und Nichtemp- 
fangsbedürftigkeit. Hierher gehört zu- 
nächst der Fall, daß ein V. für gewisse Wir- 
kungen streng einseitig, für andere empfangs- 
bedürftig ist, wie z. B. das Urteil. Eine zweite 
Mischform besteht darin, daß der V. wirk- 
sam wird nur durch Bekanntgabe, aber unter 
Rückbeziehung seiner Wirkungen auf den Tag 
seines Erlasses; das Hauptbeispiel bildet der 
Konkurseröffnungsbeschluß gemäß Konk. O 108; 
es gehören hierher aber auch die nicht seltenen 
beamtenrechtlichen Bestimmungen, wonach der 
Rang oder das Dienstalter mehrerer Beamten 
derselben Kategorie sich nach dem Datum der 
Anstellungsurkunde, ohne Rücksicht auf den Zeit- 
punkt ihres Zugehens, richtet. 
IV. Die Kundgebung der Verfügung kann 
formlos oder förmlich erfolgen. Form 1 o ig 
keit und Formen der Kundgaben 
stehen in gewisser Beziehung zu Formlosigkeit. 
und Formen der Verfügung 2#½# dürfen damit 
aber nicht verwechselt werden. 
Grundsatz ist auch für die Kundgabe Form- 
losigkeit. Daher kann, wo keine Form für 
die Verfügung selbst besteht, auch ihre Bekannt- 
gabe in jeder beliebigen Form geschehen: durch 
schriftliche Mitteilung, auch durch Zeichen. Dort, 
wo die Verfügung selbst der Schriftform bedarf, 
scheidet natürlich auch die mündliche Eröffnung 
zu Protokoll und die gewöhnliche mündliche Mit- 
teilung aus den zulässigen Kundgabearten aus; 
aber die Uebergabe des Schriftstückes, in dem sich 
die Verfügung verkörpert, kann in jeder beliebigen 
Form geschehen. Wo eine besondere Form nicht 
vorgeschrieben ist, da wird man unter entsprechen- 
der Anwendung vom BGB 132 Abs 1 Satz 2 
jedenfalls stets die Zustellung in den Formen der 
8., insbesondere also die Ersatzzustellung, für 
ausreichend zu erachten haben. Das bloße Er- 
fahren von einer Verfügung ersetzt nicht ihre 
Bekanntgabe. 
Soweit ausnahmsweise Formenvorschriften be- 
stehen, kommen als Formen hauptsächlich in 
Betracht: die Zustellung im technischen Sinn, 
d. h. die in bestimmter Weise formalisierte Ueber- 
gabe von Schriftstücken, und die Veröffentlichung, 
seltener die Eröffnung zu Protokoll. 
5. Nichtigkeit, Aufechtbarkeit, Verbindlich- 
keit und Rechtskraft. 
I. Nichtigkeit in dem Sinn von absoluter 
Nichtigkeit, d. h. in demselben Sinn wie er in 
Privatrecht verwendet wird, bedeutet diejenige- 
Mangelhaftigkeit einer Willenserklärung, bei der 
die Mängel so groß sind, daß sie die Willenser- 
klärung vollständig vernichten; sie bewirken, daß 
die Rechtslage trotz der Willenserklärung so ist 
als ob diese nicht vorhanden wäre. 
1. Tas Wesen dieses Nichtigkeits- 
begriffs wird am besten verdeutlicht durch die 
Folgerungen, zu denen er führt. Die nichtige 
Verfügung in diesem Sinn bedarf keiner Aufhe- 
bung, da sie im Rechtssinn ja überhaupt nicht als 
etwas wirkliches vorhanden ist; soweit formell 
eine Aufhebung erfolgt, hat diese lediglich dekla-
	        
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