Verwaltungsgemeinschaften — Verwaltungsgerichtsbarkeit
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heute mehr und mehr der Grundsatz Bahn, daß
im Prinzip alle Staatsverträge zwischen den
Belligeranten trotz des Krieges in Geltung bleiben,
soweit nicht ihretwegen der Krieg entbrannt, ihre
Endigung ausdrücklich ausgesprochen ist oder
ihre Fortexistenz ihrer Natur nach mit dem
Krieg unvereinbar wäre. Soweit in den Ver-
trägen Verkehrs= und wirtschaftliche Interessen.
Privater berührt werden, muß insbesondere gesagt
werden, daß ihr Fortbestehen zu vermuten ist.
Doch wird regelmäßig — nicht unbedingt, wie
verschiedene Staatenverträge beweisen (pvgl.
Reinsch 177) — für die Kriegsdauer eine Suspen-
sion der betreffenden Verträge eintreten. Das gilt
für die meisten „Gemeinschaften“ zwischen den
Belligeranten. Soweit hier ein gemeinschaftliches
Organ besteht oder die Verwaltung bei einem von
beiden kriegführenden Staaten liegt, wird hier
die Feindschaft der beiden Staaten einem Zu-
sammenwirken auf einem Gebiete der Verwaltung
hinderlich im Wege stehen. Anders bei den eigent-
lichen Unionen. Sie werden durch den Krieg über-
haupt nur insoweit berührt, als möglicher-
weise im Verhältnis der Kriegführenden zu-
einander eine zeitweilige Suspension solcher Wir-
kungen eintritt, die einen unmittelbaren Verkehr
zwischen ihnen zur Voraussetzung haben würden;
im übrigen aber bleibt — wie dies auch der recht-
lichen Natur der auf Vereinbarungen
beruhenden Unionen am besten entspricht — die
V. bestehen: Soweit internationale Organe be-
stehen, wird deren Funktion durch den Krieg nicht
berührt; friedlich vermögen in internationalen
Aemtern die Angehörigen der im Kriege befind-
lichen Staaten mit- und nebeneinander zu arbeiten.
Staatsverträge # 8 a. E. (S 616).
Lawrence, Principles of international law“, 1910,
p. 3654 Moore, Dlgest of International Law, 1900.
Cobbett, leading cases on internaticnal law, 191838,
2, p. 40, 41;: Reinsch a. a. O. „Chapter VI (besonders
zu beachten). Bgl. auch Strupvpv in 3 für VBölkerrecht
VII, 495 gegen Ende und Note 1; serner im Arch des
öffentlichen Rechts Bd. XXXI S 600 fo. (Weitere Lite-
ratur 1 Staatsverträge 3 8 am Ende S 516). Die anglo-
amerikanischen Präzedenzfälle siehe außer bei Cobbett
auch bei Scott, Cases on International law, 1906, p. 427 8.
Kiteratur zu den einzelnen B. im Text nur in-
soweit verzeichnet, als nicht in den Lehrbüchern zitiert.
Im allgemeinen über B. (insbes. Unionen), die in
der Literatur noch vielfach nicht in ihrer ganzen Bedeutung
ersaßt und insbesondere auch noch nicht juristisch mit
genügender Klarheit behandelt sind, val. insbesondere
a) Lehrbücher: Bonfils= Fauchille, Manuel du
drolt des gens“, 1912, 568 sa; Despagnet-de Boeck,
Cours de droit International public“, 1910, p. 719 sa;
Diena, Prineipl dIl dlritto internazionale, 1° 1914, 317 sa;
Gareis, Instlitutionen des Bölkerrechts", 1901, 177 ff;
Hershey, The essentials of International Public Law
1912, p. 76 sa; v Liszt, Bölkerrecht“, 1919, S 142,
221 ff, passim: de Louter, het stellig Volkenrecht.
1910, I. 515 ff; v. Martitz, Völkerrecht, in Kultur der
Gegenwart", 1913, S 492, 493;: Mériyhnac, tu##té
de drost public international II, 1907, 694 sa; Nys,
Le drotft international', II, 1912, p. 311 Sa: de Olivart,
tratado de derecho Internacional publico“, II, 1903, p.1140 sa.
lsiehe auch die synoptische Karte am Ende von Band IV
(1904))) Oppenheim, Treatise on International
Law“, 1912, I. 612 3a; Torres Campos, Elementos
de derecho internaclonal publico“, 1912, p. 322—346.
Lycelama a Nijeholt, bet Internationale Recht,
1913, S 102 ff n „Handboeckies elck't beste“); ferner
v. Stengel,. Bölkerrecht (n: „Deutschland unter Kaiser
Wilhelm I1.“") 1, 1914, S 690, 70.
b) Spezialwerke: Jellinek, Staatenverbindungen,
1882, 158 ff; Meili, Die internationalen Unionen
1889; Poinsard, Etudes de droit international con-
ventionnel, 1894; Derselbe, Les unions et ententes
International, 1901, serner in La schence soclale XXT, 5 sa
und XXXII, 3 S0a; Rapisardi-Mirabelli, U
diuritto internazionale amministrativo e le grande union
fra all Statl, 1907: Reinsch, Public loternational
Unions, 1911 (Hauptwerk): Renault, Les unjons
internationales in Revue gçénérale de drolt international
public III, p. 23 so. — Der glänzende Entwicklungsgang
der Unionen in der neuesten Zeit erhellt, wenn man die
dürftigen Bemerkungen über sie in Calvo, dictionnatre
de drolt International, II, 1885, p. 289, liest. Struyp.
Verwaltungsgerichtsbarkeit
IVerwG — Verwaltungsgericht; O##= Oberverwaltungs-
gericht; VG# — Verwaltungsgerichtshof; VRufl — Ver-
waltungsrechtspflege.7
I. Allgemeines S 741—749.
II. Reichsverwaltungsgerichtsbarkeit
S 749—753.
III. Berwaltungsgerichtsbarkeit in den
einzelnen Staaten:
A4 Preußen S 753—764.
B. Bayern S 764—767.
4 Sachsen S 768—772.
4AM Württemberg S 772—779.
A. Baden S 779—783.
é. Hessen S 783—7986.
A. Elsaß-Lothringen S 786—789.
. Die übrigen Staaten S 790.
IV. Konsulargerichtsbezirke und Schutz-
gebiete S 790.
# SySHHÖ
I. Verwaltungsgerichtsbarheit (Allgemeines ½))
## 1. Wesen der Verwaltungsgerichtsbarkeit. 2. Ent-
wicklung in Deutschland. 1 3. Ausgestaltung nach dem
süddeutschen Typ. # 4. Nach dem preußischen Typ. 3 5.
Würdigung der Hauptausgestaltungen. Begriff. Termi-
nologie. 1 6. Organisation. Zuständigkeit. Verfahren.
# 1. Wesen der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Daß man gewisse Funktionen von Behörden,
die zum Organismus der Verwaltung gehören,
als Ausübung von Gerichtsbarkeit bezeichnet,
geschieht deshalb, weil man sie als mit den Funk-
tionen der ordentlichen Gerichte ähnlich betrach-
tet — dabei spielt die Analogie mit der Zivil-
rechtsprechung eine größere Rolle als die mit
1) Die Abschnitte II und III waren bei Abfassung dieses
Teiles bereits zum Druck gegeben. (D. H.)