Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Verwaltungsgerichtsbarkeit (Württemberg) 
773 
  
Gemäß a 1 findet der Verwaltungs- 
rechtsweg statt: bei Streitigkeiten 
und Beschwerden in Beziehung 
auf Ansprüche und Verbindlich- 
keiten aus dem öffentlichen Recht 
in den im Gesetz bezeichneten 
Fällen. 
III. Eine Ergänzung fand das VerwRechts- 
pflegegesetz (V#G) in dem Gesetz betr. die Entschei- 
dung von Kompetenzkonflikten, v. 25. 
8. 79. Dasselbe überträgt die Entscheidung von 
solchen zwischen den Verw Gerichten und Verw- 
Behörden einem dem Staatsministerium unter- 
stellten, in der Besetzung von 7 Mitgliedern ent- 
scheidenden Kompetenzgerichtshof IJ 
„Rechtsweg und Kompetenzkonflikt in Württem- 
berg" . — Außerdem ist die Zuständigkeit der Ver- 
waltungsgerichte seit Erlaß des VRG durch Be- 
stimmungen in einzelnen Gesetzen erweitert wor- 
den (s. § 4 IIL, 5 6 II). 
§# 2. Die Organisation der Verwaltungsrechts- 
Ppflege. Als verwaltungsrichterliche Behörden sind 
eingesetzt: 
I. Der Verwaltungsgerichtshof, 
das ganze Königreich umfassend, mit den Befug- 
nissen eines Landeskollegiums ausgestattet, ist 
dienstlich dem Staats Min unmittelbar unterstellt. 
Er setzt sich zusammen aus einem Vorstand und der 
erforderlichen Anzahl weiterer Mitglieder, die 
nach gutachtlicher Aeußerung des Gerichtshofes 
auf den Vorschlag des Staats Min vom König er- 
nannt werden. Bis auf weiteres werden 2 Mitglie- 
der aus dem Oberlandesgericht für die Dauer der 
Bekleidung ihres Hauptamts, die übrigen lebens- 
länglich ernannt. Der Vorstand und die Hälfte 
der weiteren Mitglieder müssen die Befähigung 
zum Richteramt besitzen. Sämtliche Mitglieder, 
mit Ausnahme der den ständigen Räten des 
Staatsministeriums angehörenden nach freier Ent- 
schließung des Königs entlaßbaren, stehen in Be- 
ziehung auf die Versetzung auf ein anderes Amt, 
die Versetzung in den Ruhestand und die Entfer- 
nung im Disgiplinarwege unter den für richter- 
liche Beamte geltenden Vorschriften, so jedoch, 
daß die bei letzteren dem OL# zukommenden 
Funktionen vom VH ausgeübt werden (a 3, 4, 
5 VRG in Verb. mit Verf G 6./15. 6. 1911). 
Im einzelnen Falle verhandelt und beschließt 
der V in der Besetzung mit fünf Mitgliedern 
einschließlich des Vorsitzenden; auch hier müssen 
der Vorstand und die Hälfte der weiteren Mit- 
glieder die Befähigung zum Richteramt besitzen 
(a 7). Sind so viele Mitglieder behindert oder 
abgelehnt, daß die zur Beschlußfassung erforder- 
liche Zahl nicht mehr vorhanden ist, so wird durch 
Vermittelung des Justiz Min die zur Ergänzung 
erforderliche Anzahl aus den Mitgliedern des 
O### beigezogen (a 8). 
II. Die 4 Kreisregierungen IÜ#I, 
die aus einem Vorstand mit dem Titel „Präsident" 
und der erforderlichen Anzahl von Räten und 
Assessoren bestehen. Ihre Organisation nebst Ge- 
schäftsgang ist geordnet durch die Kgl V v. 5. 
11. 89 und die Vollzugs Bfg v. 26. 11. 89. Als 
Verw Gerichte sind sie der dienstlichen Aufsicht 
des VG unterstellt, der auch die Rekursinstanz 
für Strafverfügungen der Kreisregierungen als 
Verwerichte bildet (a 6 VR0). 
  
Werden die Kreisregierungen als Verw Gerichte 
tätig, so verhandeln und beschließen sie in der Be- 
setzung mit drei Mitgliedern einschließlich des Vor- 
sitzenden. 
Die Befähigung zum Richteramt wird für diese 
Mitglieder nicht verlangt, auch stehen sie nicht 
unter den Garantien des Richter- 
amts. 
Die sachliche Zuständigkeit der 
Kreisregierungen beschränkt sich auf die Partei- 
streitsachen, die in dem a 10 VG und in den 
diese Bestimmungen ergänzenden Gesetzen auf- 
geführt sind. Für die Regelung der örtlichen 
Zuständigkeit sind nicht die zivilprozessua- 
len Grundsätze verwendet (insbesondere nicht der 
Gerichtsstand des Wohnsitzes der beklagten Partei). 
Nach a 25 Abs 1 V soll vielmehr die verwaltungs- 
gerichtliche Zuständigkeit zusammenfallen mit der 
administrativen in der Art, daß diejenige Kreis- 
regierung zuständig ist, welche dem Oberamt vor- 
gesetzt ist, in dessen Ressort als Verw Behörde der 
betreffende Gegenstand gehört. Erstreckt sich der 
Gegenstand auf den Verwereich mehrerer 
Kreisregierungen, so hat entsprechend § 36 Z. 2 
3PO der VG|# das zuständige Gericht zu be- 
stimmen. Bei Streitigkeiten zwischen einem 
Armenverband und einer von ihm unterstützten 
Person über den Ersatz der Unterstützung nach a 3 
A# v. 17. 4. 73 ist ausdrücklich die Regierung des 
Kreises für zuständig erklärt, in dem die Armen- 
unterstützung geleistet worden ist (a 25 Abs 2). 
Die Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeit 
durch eine abweichende Vereinbarung 
der Parteien ist nicht zulässig (a 25 Abs 4). 
III. Als besondere Verwaltungs- 
gerichte, gleichfalls erster Instanz, sind ein- 
gesetzt für einzelne gesetzlich bezeichnete Fälle die 
in a 9 VRG benannten Behörden, denen die Ent- 
scheidung gewisser öffentlich-rechtlicher Streitig- 
keiten übertragen ist, nämlich die Ablösungs- 
kommission, die Zentralstelle für 
Landeskultursachen, das Ober- 
bergamt und die zur Entscheidung von Strei- 
tigkeiten aus Anlaß der Aushebung des Lehens- 
verbandes berufene Kommission. 
Den Bezirksämtern kommt eine Ver- 
waltungsgerichtsbarkeit nicht zu. 
3. Umfang und Formen der Verwaltungs= 
gerichtsbarkeit. 
I. Bei Festsetzung des Umfangs der V. 
geht das Gesetz davon aus, daß, wo nicht aus 
besonderen Gründen Ausnahmen geboten sind, 
der verwaltungsrichterliche Schutz für jedes 
von der öffentlichen Rechtsordnung 
anerkannte subjektive Recht zu gewähren 
ist; ohne Rücksicht darauf, ob sich der Streit be- 
wegt zwischen einzelnen und Korporationen, 
zwischen Korporationen untereinander oder ob der 
einzelne der öffentlichen Gewalt, die in Aus- 
übung eines Hoheitsrechts eine Verfügung ge- 
troffen hat, unmittelbar gegenübersteht. 
Nur bezüglich der sachlichen Zuständigkeit 
der eingesetzten Verw Gerichte unterscheidet das 
Gesetz zwischen solchen Gegenständen, in denen 
eine Trennung der V. von der Verwaltung schon 
in der unteren Instanz insofern beginnt, als schon 
die Verhandlung und Entscheidung in der unte- 
ren Instanz eine verwaltungsrichterliche ist, und 
solchen Gegenständen, die ohne eine Entscheidung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.