Verwaltungsgerichtsbarkeit (Hessen)
783
880 bezeichneten Voraussetzungen statt. Zustän-
dig ist der Verwaltungsgerichtshof.
z 7. Die Zwangsvollstreckung. Zum Vollzug
verwaltungsgerichtlicher Urteile findet nach Ein-
tritt der Rechtskraft, d. h. nach Ablauf der Be-
rufungsfrist, die Zwangsvollstreckung durch die
Verw Behörden statt.
Lüteratur: Weizel, Das bad. G v. ö. 10. 63,
Über die Organisation der inneren Berwaltung, 1864;
Röttinger, Die bad. Verwfechtspflege, enth. das
Gesetz von 1884 mit Erläuterungen aus den Motiven und
Kommissionsberichten, 1887; Aussatz von Fr. Wielandt
in der Hartmannschen Z f. öffentl. Recht, I. Bd., 4. Heft:
Rechisprechung des bad. Verw Gerichtshofs, 1. Teil (1864
bis 1890) (Wielandt), 2. Teil (1891—1895) (Joos),
8. Teil (1896— 1910) (Behr); Jahresberichte des Min Inn
für 1880/81, 1882/83, 1884/88, 1889/96,. 1897/1905; Glock.
ner im „Großherzogtum Baden“", 1912, 1 826; Walz
Staatsrecht d. Großh. Baden, 233 (1909).
(1) Schenkel (Lewald).
F. Hessen
# 1. Geschichtliches. 1 2. Gegenstand der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit. 1 3. Organisation. 4 4. Zuständigkeit.
s 5. Verwaltungsgerichtliches Verfahren. 14 6 Rechts-
mittel.
5 1. Einle#tung (Geschichtliches). Dem Groß-
herzogtum Hessen gebührt der Ruhm, früher als
alle anderen deutschen Staaten den Gedanken
der Trennung der VMR .Pfl von der Verwaltung
durchgeführt zu haben. Nachdem im Jahr 1821
durch Bildung besonderer „Landratsbezirke“ und
„Landgerichtsbezirke“ an Stelle der bisherigen
„Aemter“ die seit langem vorbereitete Trennung
der Justiz von der Verwaltung vorausgegangen
war, erfolgte im Jahr 1832 die Errichtung des
sog. Administrativiustizhofs, dem
eine Reihe streitiger Verw Sachen, teils in zweiter,
teils in erster Instanz — als zweite Instanz
fungierte im letzteren Falle der aus einer Anzahl
hoher Staatsbeamten gebildete „Staatsrat“"
— zur Entscheidung übertragen war. Das Jahr
1848 brachte eine bedeutsame Neuerung in Ge-
stalt der nach belgischem Vorbild eingerichteten
„Bezirksräte“. Das waren vom Volke ge-
wählte, aus 12—24 Mitgliedern bestehende, an
die bisher rein bureautratische Behördenorgani-
sation sich anschließende behördliche Kollegien zur
Wahrnehmung gewisser staatlicher Verwiufgaben
und zur verwaltungerichterlichen Entscheidung be-
stimmter, ihnen ausdrücklich zugewiesener, öffent-
lich-rechtlicher Streitigkeiten. Nach zwei Jahr-
zehnten des Stillstands folgte zu Beginn der
70er Jahre, teils nach preußischem Muster, teils
unter Fortbildung des bestehenden hessischen
Rechts eine durchgreifende Modernisicrung der
gesamten Verweesetzgebung. Diese brachte vor
allem eine organische Ausgestaltung der Selbst-
verwaltung in den Kreisen und Provinzen
Hessen, B. Behördenorganisation §§ 11, 12,
Band II S 403 f) und eine nach systematischen
Gesichtspunkten vorgenommene, in der Haupt-
sache allerdings gleichwohl rein kafuistische Schei-
dung zwischen den Angelegenheiten der Ver-
waltung und der VerwöEbk. Mit der Besorgung
der VRuPfl wurden die im Jahre 1874 neuge-
schaffenen Kreis= und Provinzialaus-
schüsse sowie der im Jahr 1875 errichtete
Verwaltungsgerichtshof und — für
bestimmte Fälle — das Ministerium des
Innern (als Kollegialbehörde) betraut. Zu-
gleich wurden der Administrativjustizhof und der
Staatsrat aufgehoben (G v. 12. 6. 74, betr. die
innere Verwaltung und die Vertretung der
Kreise und der Provinzen (= KPO), und Gv.
11. 1. 75, betr. das oberste VerwG). — Im Zu-
sammenhang mit der neuerlichen Revision der
Verwöesetzgebung vom Jahr 1911 brachte so-
dann das G v. 8. 7. 11, die VRRfl betr., Rl
265 (-— WR0), eine systematische Zusammen-
fassung aller auf die Verwubk bezüglichen, in
beinahe hundert Einzelgesetzen zerstreuten Be-
stimmungen, verbunden mit einer Reihe wichtiger
Reformen, namentlich in bezug auf Verfahren
und Organisation der Verwe# (Bek d. Min Inn
v. 27. 3. 12, Al 11).
#§#2. Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbar-
leit sind alle Streitigkeiten, die nach Vorschrift
des VRG oder anderer Gesetze im Verwtreit-
verfahren zu erledigen sind, das sind die sog.
„Verwaltungsstreitsachen“ im Ge-
gensatz zu den „Verwaltungsbeschluß-
sachen“ im Sinne der a 47, 48 II bis V und
49 ff der Kreis= und Prov O v. 8. 7. 11, auf welche
das sog. „Beschlußverfahren“" (Il Anwendung
findet. Deie Verwaltungsstreitsachen
in dem soeben erwähnten weiteren Sinn
umfassen zwei Gruppen von Angoelegenheiten,
nämlich die sog. „Parteistreitigleiten-"
oder „Verwaltungsstreitsachen im
engeren Sinne“" und die sog. „stritti-
gen Verwaltungssachen“. In ersterem
„stehen sich, wie im Zivilprozeß, zwei individuell
berechtigte Subiekte, seien es nun Privatpersonen
oder öffentlich-rechtliche Körperschaften, gegen-
über und streiten über ihre gegenseitigen An-
sprüche“; bei den letzteren dagegen „hat es die
einzelne Person oder Körperschaft unmittelbar
mit der Behörde zu tun“, deren Vorgehen zum
Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfah-
rens gemacht werden soll.
Unter bestimmten Voraussetzungen können
„Verwaltungsbeschlußsachen“ in dem vorgenann-
ten Sinn aus dem Beschlußverfahren in das
Verw Streitverfahren übergeleitet und
so nachträglich mit dem Charakter von „strittigen
Verwaltungssachen“ ausgestattet werden. Diese
Möglichkeit besteht zufolge Gesetzes (KPO a 68)
allgemein für alle dieienigen Verw Sachen, „deren
Behandlung vor den KRreisausschüssen oder Pro-
vinzialausschüssen sowohl im Beschlußverfahren.
wie im Verw Streitverfahren gesetzlich zulässig ist“.
Hierher gehören namentlich gewerbepolizciliche
Genehmigungen, über deren Erteilung oder Ver-
sagung die genannten Behörden nach der Reichs-
gewerbeordnung und den einschlägigen Vollzugs-
vorschriften zu bestimmen haben. Die Ueberlei-
tung kann in diesen Fällen auf folgende Weise
geschehen: Entweder im öffentlichen Interesse
unmittelbar durch den Vorsitzenden des Kreis-
bezw. Provinzialausschusses oder auf Antrag