Verwaltungsstatistik
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sprechend dem Bedürfnis der Praxis mehrfach
Vereinbarungen über Teilgebiete dieser partikula-
ren Statistik nach einheitlichem Schema für das
gesamte Reich zwischen den Vertretern der Reichs-
und Landesstatistik zugunsten einer vergleichbaren
Reichsstatistik herbeigeführt worden; auf dieser
Basis kam die Reichsstatistik über die Finanzen
der Bundesstaaten, die Sparkassen, die Volks-
schulen zustande.
4. In letzter Zeit machten sich Bestrebun-
gen bemerkbar, die auf größere Zentrali-
sierung der Reichsstatistik unter Aus-
schaltung der Landesstatistik abzielen. Sie müssen
jedoch aus staatsrechtlichen, volkswirtschaftlichen,
statistisch-technischen und finanziellen Gründen
scheitern (vgl. meine Aufsätze „Das Reich und die
Reichsstatistik“, „Landes= und Reichsstatistik in
staatsrechtlicher Beleuchtung"“). Namentlich wird
dabei außer acht gelassen, daß das Arbeitssystem
sich nach der Arbeit richten muß und nicht umge-
kehrt: so wenig ein vernünftiger Politiker an eine
Aenderung der föderierten Verfassung denkt, so
wenig darf ihr notwendiges Korrelat, die föderierte
Statistik verkümmert werden, eine Verbesserung
der Reichsstatistik kann nur auf der gegenwärtigen,
im wesentlichen föderierten Grundlage erfolgen.
Denn die den Gliedstaaten im Rahmen der fö-
derierten Reichsverfassung verbliebene Selbstän-
digkeit ihrer Verwaltung bedingt, daß die Landes-
regierungen sich unabhängig vom Reich über ihre
Landesverhältnisse informieren. Nur so auch
können sie die Sonderinteressen ihres Landes
im Bundesrat und Reichstag mit Nachdruck ver-
treten. Ebensowenig würde die selbständige
Landesverwaltung den Zustand ertragen, daß
ihre Behörden wegen der vielen Verw Aufschlüsse,
die sie aus dem Material der einzelnen statistischen
Erhebungen benötigen, sich an eine Reichsstelle
zu wenden hätten. Ueberdies setzt das Gelingen
statistischer Erhebungen (oben 8 1, IJ 2 1) voraus,
daß bei Vorbereitung und Durchführung derselben
die Autorität der Landesverwaltung mit ihrem
Verfügungs-, Aufsichts-, Kontrollrecht in weitem
Umfang mitwirkt, sowohl durch geeignete, den
örtlichen Verhältnissen angepaßte Maßnahmen,
die auf deren direkte oder indirekte Veranlassung
von den örtlichen Organen getroffen werden, wie
auch durch Interessierung der Bevölkerung, der
Zähler usw. für einzelne Erhebungen, durch Be-
reithaltung des ganzen Verwpparates, durch
Verfügungsstellung der Landeskunde zur Nach-
prüfung und Bearbeitung des Materials.
IV. Die amtliche Statistik des Reichs, der Bun-
desstaaten und der Großstädte findet eine bemer-
kenswerte Ergänzung in der Privatstatistik,
wie sie in den verschiedenen Berufsvereinigungen
(Kartellen, Syndikaten, Gewerkschaften, Privat-
beamtenvereine, Lehrervereine usw.) und in ge-
meinnützigen wissenschaftlichen Vereinen gepflegt
wird. — Außerdem wird sie ergänzt durch die teils
amtliche, teils private internationale
Statistik. Organe dieser internationalen
Statistik sind: das Internationale Statistische In-
stitut (seit 1885, sein Vorgänger war der Inter-
nationale Statistische Kongreß 1853—1878), der
Internationale Kongreß für Hygiene und Demo-
graphie (seit 1878), das Internationale Land-
wirtschaftliche (] Institut, das Internationale
Bureau des Weltpostvereins, das Internationale
Bureau der Telegraphenunion I(# Post und Tele-
graphie, das Internationale Arbeitsamt (J Ar-
beiter, Band 1, 152). Nähere Einzelheiten hier-
über bei Zahn im HWStaats W 7, 885.
#§s4. Die BVeröffentlichungen.
I. Für die Reichsstatistik.
1. In der Regel ist sie Sache des Kaiser-
lichen Statistischen Amts, doch keines-
wegs ausschließlich. Sobweit bei der
föderierten Statistik die Landesämter an der Her-
stellung der Reichsstatistik mitbeteiligt sind, haben
sie in bezug auf das von ihnen zusammengestellte
Material im Zweifel selbständige Veröffentli-
chungsbefugnis. Von dieser Befugnis müssen sie
auch Gebrauch machen, um dem Bedürfnis ihres
Landes nach alsbaldiger Kenntnis der Landeser-
gebnisse nachzukommen, zumal die Reichsver-
öffentlichung erst später erfolgen kann als die
eines einzelnen Bundesstaates, und in der Reichs-
publikation die besonderen Landesverhältnisse
überhaupt nicht oder nicht in der gleich übersicht-
lich zusammengefaßten Form wie in der spezifi-
schen Landesstatistik Berücksichtigung finden kann.
Auch liegen solche Landesveröffentlichungen im
Interesse der Reichsstatistik selbst, da nur auf
Grund eigener vor Abschluß der Reichsveröffent-
lichung erschienenen Arbeiten die besonderen Lan-
desinteressen gebührend und sachgemäß in der
Reichsstatistik zur Geltung kommen können. Auch
die staatsrechtlichen Gründe sprechen gegen ein
ausschließliches oder vorgängiges Veröffentli-
chungsrecht der statistischen Reichszentrale und für
besondere Landes= und Reichsveröffentlichungen
in bezug auf die Ergebnisse der föderierten Reichs-
statistik.
2. Die Veröffentlichungen über die
Reichsstatistik erfolgen teils in ausführlichen
Quellenwerken (betitelt „Statistik des Deutschen
Reichs“, seit 1873, fast 300 Bände), teils in den
„Vierteljahrsheften zur Statistik des Deutschen
Reichs“ (an ihrer Statt von 1877—1891 Monats-
hefte), in den monatlichen Nachweisen über den
auswärtigen Handel (seit 1892), im Reichsarbeits-
blatt (seit 1003), in den Beiträgen zur Arbeiter-
statistik (seit 1904), teils im Statistischen Jahrbuch
des Deutschen Reichs (seit 1880), das durch die
einmalige Ausgabe des Statistischen Handbuchs
(1907) besonders in historisch-vergleichender Hin-
sicht wertvoll ergänzt wird, sowie im Deutschen
Reichsanzeiger.
II. Auch die statistischen Landesämter haben
fast durchweg besondere Organe für ihre Ver-
öffentlichungen.
1. In den größeren deutschen Staaten
Veröffentlichungen in regelmäßiger Wiederkehr:
Preußen: Preußische Statistik (seit 1861)
— 3Z des Kgl. Preuß. Statistischen Landesamts
(seit 1861).
Bayern: Beiträge zur Statistik des Kgr.
Bayern (seit 1850) — 3 d. Kgl. Bayer. Statist.
Landesamts (seit 1869) — Hof= und Staats-
handbuch (seit 1864).
Sachsen: 3 des Kgl. Sächs. Statist. Landes-
amts (seit 1855); dazu Supplemente, jetzt „Bei-
lagen". Ein „Nachschlagebuch für die Veröffent-
lichungen des Kgl. Sächs. Statist. Landesamts“
gibt Nachweisungen von 1831 bis 1907.
Württemberg: Mürtt. Jahrbücher für
Statistik und Landeskunde (seit 1818) — Mit-