Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Verwaltungszwang 
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Verwaltungszwang 
5 1. Begriff. 3 2. Zwangsvollstreckung bei Geldforde- 
rungen. # 3. Zwangsvollstreckung bei persönlichen Leistungen 
und Unterlassungen. ## 4. Rechtsmittel. 
1. Begriff. Verwaltungszwang 
heißt der Inbegriff der Grundsätze, welche sich auf 
die zwangsweise Vollstreckung der Anordnungen 
und Verfügungen der Verw Behörden sowie der 
Erkenntnisse der Verw Gerichte beziehen. Die 
Zwangsgewalt der Verw Behörden ist aus der- 
selben Quelle wie die der Gerichte hervorgegangen 
und hat sich parallel mit letzterer entwickelt (vgl. 
Anschütz im Verwlrch 1, 392 ff). Durch die 
Verw Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts ist der 
V. gesetzlich geregelt, sind Formen und Mittel 
näher bestimmt worden. Der V. kann eine 
Handlung oder eine Unterlassung 
zum Gegenstande haben; die Handlungen, zu deren 
Herbeiführung der Zwang ausgeübt wird, zer- 
fallen in vermögensrechtliche, insbe- 
sondere Geldleistungen undo solche, welche 
in der Ausübung einer persönlichen Tä- 
tigkeit bestehen. 
# 2. Zwangsvollstreckung bei Geldforderun- 
gen. Bei Geldleistungen ist die VerwExekution 
eine gewöhnliche Zwangsvollstreckung in das Ver- 
mögen, wie sie auch im Zivilprozeß vorkommt. 
1. Die materiellen Voraussetzungen für die 
Zulässigkeit sind in zahlreichen Gesetzen besonders 
ausgesprochen, X namentlich Steuern, Zölle, Ge- 
meindeabgaben, Kirchensteuern, Gerichtskosten. 
Für Preußen allgemein V v. 24. 11. 43 (Rhein- 
prov.), 30. 6C. 45 (Westfalen), 30. 7. 53 (Oestliche 
Provinzen). 
Reichs gesetzlich ist den Postbehörden die 
Befugnis eingeräumt, unbezahlt gebliebene Be- 
träge an Personengeld, Porto und Gebühren nach 
den für die Beitreibung öffentlicher Abgaben be- 
stehenden Vorschriften exekutivisch einziehen zu 
lassen und die Vollstreckungsorganc sind angewie- 
sen, auf Erfordern der Postanstalten die Einziechung 
zu übernehmen (Post G v. 28. 10. 71 N 25). 
II. Das maßgebende Verfahren hat in fast allen 
deutschen Staaten nach Erlaß der Reichsjustizge- 
setze eine Neuordnung erfahren und ist im Anschluß 
an die Vorschriften der 8P. geregelt worden. 
Es wird in Anwendung gebracht sowohl da, wo 
es sich um die Entrichtung öffentlicher Abgaben, 
als auch da, wo es sich um die Prästierung solcher 
Geldleistungen handelt, welche dem einzelnen im 
Lansellichen Zwangsverfahren auferlegt worden 
ind. 
Die VerwBehörden können Zwangsvollstreckun- 
gen in das Vermögen entweder durch ihre cige- 
nen Vollstreckungsbeamten oder durch die Ge- 
richtsvollzieher vornehmen lassen; nur in Würt- 
temberg ist die Mitwirkung der letzteren aus- 
geschlossen. Die Zwangsvollstreckung in das un- 
bewegliche Vermögen geschieht durch die Gerichte 
nach Maßgabe der allgemeinen gesetzlichen Vor- 
schriften, welche über die Zwangsvollstreckung in 
Immoubilien bestehen. Nach einzelnen Gesetzge- 
bungen haben auch die Zwangsvollstreckungen in 
Forderungen oder andere Vermögensrechte durch 
die Gerichte nach den Vorschriften der 3P statt- 
  
zufinden (Sachsen, Baden). Hier beschränkt sich 
also der V. auf die Vollstreckung in bewegliche 
Sachen. 
In Elsaß-Lothringen bestehen auf 
Grund der noch in Geltung befindlichen fran- 
zösischen Gesetzgebung von denen des übrigen 
Deutschlands wesentlich verschiedene Einrichtun- 
gen. Die Beitreibung der direkten Steuern und 
der diesen gleichgestellten Abgaben geschieht durch 
besondere Steuerexekutoren, die anderer öffent- 
cher Geldforderungen durch die Gerichtsvoll- 
zieher. 
# 3. Zwangsvbollstreckung bei persönlichen 
Leistungen und bei Unterlassungen. Zwangsvoll- 
streckungen bei persönlichen Leistungen und Unter- 
lassungen kommen namentlich auf dem Gebiete der 
Polizeiverwaltung vor. Ihre Regelung ist daher 
auch größtenteils durch Polizeigesetze erfolgt 1). 
Doch beschränkt sich ihre Anwendbarkeit nicht auf 
dieses Gebiet der Verwaltung. Sie ist überall da 
möglich, wo Gesetze oder obrigkeitliche Anordnun- 
gen dem einzelnen ein bestimmtes Verhalten, 
Handeln oder Unterlassen vorschreiben. 
Die Zwangsmittel, welche der Ver- 
waltung zu diesem Zweck zu Gebote stehen, sind 
folgende: 
1. Die Verwaltung hat die Befugnis, die Hand- 
lung, wenn sie durch einen Dritten aus- 
geführt werden kann, durch einen solchen auf 
Kosten des Verpflichteten ausführen 
zu lassen und den Betrag von letzterem einzu- 
ziehen (Ersatzvornahme). 
2. Die Verwaltung ist berechtigt, solche Hand- 
lungen, welche durch dritte Personen nicht aus- 
geführt werden können, und Unterlassungen 
unter Androhung von Strafe zu 
befehlen. 
a) Die Strafarten und der Höchstbetrag 
dieser Strasen (Zwangsstrafen, Exekutivstrafen) 
sind gesetzlich fixiert. 
In Preußen steht den Behörden das Recht 
zu, behufs Erzwingung von Handlungen oder 
Unterlassungen Geldstrafen anzudrohen, und zwar 
dem Gemeinde= oder Gutsvorsteher bis 5 Mk., 
den Ortspolizeibehörden und städtischen Ge- 
meindevorständen bis 60 Mk., den Landräten 
sowie den Pol Behörden und Gemeindevorständen 
in einem Stadtkreise bis 150 Mk., dem Regie- 
rungspräsidenten bis 300 Mk. Gleichzeitig ist 
nach §§ 28, 29 St GB die Dauer der Haft fest- 
zusetzen, welche für den Fall des Unvermögens 
an die Stelle der Geldstrafe treten soll. Ihr 
Höchstbetrag ist bei den Strafandrohungen des 
Gemeinde= oder Gutsvorstehers ein Tag, der 
Ortspolizeibehörden und städtischen Gemeinde- 
vorstände eine Woche, der Landräte sowie der 
Pol Behörden und Gemeindevorstände in einem 
Stadtkreise zwei Wochen, des Regierungspräsi- 
denten vier Wochen. — Der Festsetzung der Strafe 
muß cine schriftliche Androhung vorhergehen: 
in dieser ist, sofern eine Handlung erzwungen wer- 
den soll, die Frist zu bestimmen, innerhalb welcher 
die Ausführung gefordert wird. 
In Bayern sind die Behörden der inneren 
Verwaltung berechtigt, die Nichtbefolgung einer 
Verfügung mit Ungehorsamsstrafen zu bedrohen 
und diese im Fall des Ungehorsams für verwirkt 
  
1) Für die Kolonien 1 Schutzgebiete §# 10 (III, 403).
	        
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