Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Veterinärwesen (Preußen) 
  
Verfahrens sowie die Bestreitung der Kosten für 
diese Maßnahmen liegt den Landesregierungen 
ob. Dem RK ist es nur vorbehalten, die Aus- 
führung der Gesetze und der auf Grund dieser 
erlassenen Anordnungen zu überwachen und für 
Herstellung und Erhaltung der Einheit in den 
seitens der Landesbehörden zu treffenden oder 
getroffenen Maßregeln zu sorgen. Mit diesen 
Aufgaben betraut ist das Reichsamt des 
Innern und innerhalb desselben, soweit tech- 
nische Gesichtspunkte in Frage stehen, das Kai- 
serliche Gesundheitsamt. Dieses hat eine 
Veterinär-Abteilung mit einem Di- 
rektor und mehreren Räten, welche die Veterinär- 
polizei, die Viehseuchenstatistik, die Schlachtvieh= 
und Fleischbeschau [Nleinschließlich ihrer Statistik, 
den Viehverkehr und die Tierhygiene zu bear- 
beiten hat. Zur Beteiligung an der Lösung 
wissenschaftlicher Fragen sind für das Gesund- 
heitsamt umfassende Laboratorien und Versuchs- 
ställe eingerichtet. 
Die Zusammenstellung der Reichsvieh- 
seuchenstatistik und der Ergebnisse der 
Schlachtvieh= und Fleischbeschau (X] im Deutschen 
Reiche erfolgt auf Grund des Materials, zu dessen 
Aufstellung und Einsendung die Regierungen der 
Einzelstaaten von dem Reichsamt des Innern 
veranlaßt werden. Sie gelangen fortlaufend zur 
Veröffentlichung. 
#§# 2. Veterinärwesen in Preußen. Das ge- 
samte Zivil V., sowohl der Unterricht als auch alle 
auf die Veterinärpolizei und die tierärztliche 
Praxis bezüglichen Angelegenheiten, ressortiert 
von dem Min Landw, Domänen und Forsten 
(vgl. V v. 27. 4. 72). Das Militär V. wird von 
dem KriegsMin verwaltet. 
I. In dem Ministerium für Landwirt- 
schaft fungiert als Leiter des V. ein Ministerial- 
direktor, dem drei vortragende Räte (zwei Juristen, 
ein Veterinär) beigegeben sind. Zur Unterstützung 
des Min in der Verwaltung des V. ist ein Lan- 
desveterinäramt und ein ständiger 
Beirat für das Veterinärwesen 
eingerichtet (Kgl V v. 13. 5. 10 (GS 651l). Das 
Landesveterinäramt hat auf Ersuchen der Ge- 
richte und Verw Behörden in Veterinärangelegen- 
heiten Obergutachten zu erstatten, die Viehseuchen- 
statistik Kund die von den beamteten Tierärzten 
erstatteten Jahres-Veterinärberichte zu bearbeiten, 
bei der Regelung der Prüfungsordnung für die 
Erlangung der Fähigkeit als beamteter Tierarzt 
mitzuwirken; in den das tierärztliche Unterrichts- 
wesen, die Tierheilkunde, die Viehseuchenbe- 
kämpfung und die Fleischbeschau betreffenden 
Angelegenheiten den Min zu beraten. Die Mit- 
glieder des Landesveterinäramts gehören auch 
dem ständigen Beirat an, welcher be- 
rufen ist, auf Erfordern des Min wichtige und 
wirtschaftlich bedeutsame Fragen auf dem Ge- 
biete der Veterinärverwaltung, namentlich des 
Viehseuchengesetzes zu erörtern und zu begut- 
achten. 
II. Für den tierärztlichen Unterricht 
sind die Hochschulen in Berlin und Hannover vor- 
handen. Die Organe für ihre Verwaltung sind 
der Rektor und das Professorenkollegium. Die 
ctatsmäßigen Professoren werden vom König er- 
nannt, sie haben den Rang der Räte vierter Klasse. 
Der Rektor wird vom Min ernannt; dem Pro- 
  
fessorenkollegium steht die Befugnis zu, eins seiner 
Mitglieder durch Wahl für das Rektoramt vor- 
zuschlagen. Die Amtszeit des Rektors währt 
drei Jahre. Derselbe hat über den regelmäßigen 
Fortgang des Unterrichts und über die Beobach- 
tung der Satzung sowie der sonstigen Vorschriften 
zu wachen und ist für die Verwaltung des allge- 
meinen Vermögens und für die Beobachtung 
des Hochschuletats verantwortlich. Außer von 
den etatsmäßigen Professoren wird der Unter- 
richt auch von Repetitoren, Assistenten und son- 
stigen Hilfslehrern erteilt. Auch können Privat- 
dozenten zugelassen werden (s. Satzung der tier- 
ärztlichen Hochschule in Hannover v. 31. 3. 13). 
An der Berliner tierärztlichen Hochschule werden 
auch die Militärtierärzte der deutschen Ar- 
mee ausgebildet; mit Ausnahme der des bayeri- 
schen Truppenteils, die auf der tierärzilichen Hoch- 
schule in München, und der des sächsischen Armee- 
korps, welche auf der tierärztlichen Hochschule in 
Dresden unterrichtet werden. Soweit die Berliner 
Anstalt dieser Aufgabe dient, führt sie den Namen 
„Militär-Veterinär-Akademie"“ (unten § 10). Für 
die Studierenden dieser Akademie sind die gleiche 
Vorbildung, Studiendauer und Prüfungen vor- 
geteben wie für die Zivilstudierenden IJ Tier- 
ärzte]. 
III. Alsbeamtete Tierärzte im Sinne 
der Seuchengesetze wirken in Preußen 
1. Kreistierärzte. Gegenwärtig ist 
fast für jeden Kreis ein solcher angestellt, nur 
hie und da hat ein Kreistierarzt noch zwei oder 
gar drei benachbarte Kreise zu verwalten. 
Die Fähigkeit zur Anstellung als 
Kreis-(Bezirks-JTierarzt in Preußen wird durch 
Bestehen der Prüfung für Kreistierärzte 
erworben (Erl des Min Landw, betreffend Prü- 
fung für Kreistierärzte, v. 28. 6G. 10). Die Prü- 
fung wird vor dem Landesveterinäramt in Ber- 
lin abgelegt. 
Nachweis für die Zulassung: nach Approbation 
mindestens ein Jahr lang im Deutschen Reiche ticrärztliche 
Praxis, an geeignetem veterinärmedizinischen Institut je 
einen minoestens drei Monate langen Kursfus in der patho- 
logischen Anatomie, in der Hygiene und Bakteriologie und 
in der Veterinärpolizei und mindestens ebenso lange Lei- 
tung entweder eines deutschen öfsentlichen Schlachthofs oder 
einer Auslandefleischbeschaustelle oder Ausübung der 
Schlachtvich= und Fleischbeschau an einem größeren deut- 
schen Schlachthof. Die Prüfung zerfällt in einen 
schriftlichen und einen praktisch-mündlichen Teil. Für die 
schriftliche Prüfung hat der Kandidat zwei ihm gestellte 
Arbeiten, die eine aus dem Gebiete der volizeilichen, vdie 
andere aus dem der gerichtlichen Veterinärmedizin oder der 
Oygtene oder der Fleischbeschau binnen sechs Monaten ein- 
zuliefern, welche selbständige wissenschaftliche Leistungen 
darstellen. Die praktisch-mündliche Prüfung zerfällt in vie 
Abschnitte: Veterinärgesetzgebung (einschließlich Viehwähr-. 
schaft) und Veterinärverwaltung, volizeiliche und gerichtliche 
Tierheilkunde, öffentliche Tiergesundheitspflege, Tierzucht 
und Tierhaltung, Fleischbeschau und Beurteilung sonstiger 
vom Tiere stammender Nahrungsmittel. 
Die Anstellung als Rreistierarzt erfolgt auf 
Vorschlag der betr. Bezirksregierung, bei der die 
Bewerbung anzubringen ist, durch den Ressort- 
Min; nach gegenwärtigem Brauch zunächst kom- 
missarisch, nach etwa 6 Monaten endgültig und 
pvensioneberechtigt. Die Kreistierärzte beziehen 
in Gehalt, welches von 1200 bis auf 3300 Mk.
	        
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