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o. 1 XN 5, 5) den Jugendunterricht als ihre Aufgabe
und ihr ausschließliches Recht an; der in den Pfarr-
Sch erteilte Unterricht umfaßte aber zuerst nur
Katechese und kirchlichen Gesang. Die scholee er-
teriores der Klöster, die Dom Sch und die ersten
Stadt Sch waren ebenfalls keine VSch; denn
auf ihrem Lehrplan stand Latein. Erst bie seit
dem 13. Jahrhundert von Städten und Markt-
flecken, namentlich in Bayern und Hessen, er-
richteten „deutschen“ oder „Schreib“Sch befrie-
digten die Bedürfnisse des Bürgertums: hier trat
zu Lesen und Schreiben das Rechnen. Als dann
Luther von den weltlichen „Oberkeiten“ verlangte
(allerdings zur Pflege höherer Bildung), sie soll-
ten „die Untertanen zwingen ihre Kinder
zur Schule zu schicken“, nahmen sich die Landes-
herren der Sache an, die evangelischen zugleich
als Inhaber des Kirchenregiments. Joachim II.
von Brandenburg (Kirchen O 1540) erklärte es
„zur Erhaltung Christlicher Religion
und guter Pollicey auffs höchst von
nöten, das die jugent in den Schulen unterweiset
werde“. Vorbildlich wirkte des Herzogs Christoph
von Württemberg Große Kirchen O von 1559. In
ihr war übrigens die Verbindung des Lehramts
mit dem Mesner--Amt für das Land angeordnet
und die Bibel als einziges Sch Buch zugelassen.
Sch und Kirche blieben auf dem Lande in eng-
ster Verbindung, weil Religion der Hauptunter-
richtsgegenstand, die Vereinigung von Lehrer- und
Küster-(Kantor= und Organisten-) Amt aus wirt-
schaftlichen Gründen notwendig und der Geistliche
der einzig denkbare Träger der Schulaufsicht war.
Der a 5 #5 1 des Instr. Pacis Osnabr. von 1648
zählte die institutio ministeriorum scholastico-
rum zu den annexa exercitüt religionis, hatte
aber weder die Bestimmung noch die Wirkung
das kanonisch-rechtliche Verhältnis zwischen Kirche
und Sch staatsrechtlich zu begründen. Im Gegen-
teil. Landesherrliche Verordnungen haben 1628
in Hessen, 1649 in Württemberg, 1659 in Bayern,
1713 in Sachsen, 1717 in Brandenburg-Preußen,
den Grundsatz der allgemeinen Schulpflicht ein-
geführt und damit die VSch zu einer staatlichen
Zwangsveranstaltung gemacht. In allen Terri-
torien betätigte sich Gesetzgebüng und Staats-
verwaltung (unter dem Einfluß des Pietismus)
in umfassender Weise in Hebung des VBSch We-
sens. Die bayerische SchO von 1778 (Verfasser
Benediktinerabt Braun) unterstellte die „gemeinen
Stadt= und Land Sch als gemeine Polizeisachen
den ordentlichen Obrigkeiten eines jeden Orts“.
II. In Brandenburg = Preußen haben die
Könige Friedrich Wilhelm I. (namentlich in Ost-
preußen) und Friedrich der Große (Westpreußen,
Netzedistrikt, Schlesien) sich der V Sch besonders an-
genommen: Friedrich d. G. erließ das General-
Land Schegl v. 12.8. 1763 (Verfasser: Hecker) und
für Schlesien das katholische Schul Regl v. 3. 11.
1765 (Verfasser: Abt v. Felbiger), in dem die katho-
lischen Geistlichen, vom Pfarrer bis zum Fürst-
bischof, ols staatliche Schulaussichtsbeamte er-
scheinen. Das AL#RR von 1794 erklärte dann die
Sch ausdrücklich für eine „Veranstaltung des
Staats“: es gab aber nur wenige allgemeine
Grundsätze, hob die bestehenden Provinzialgesetze
nicht auf und nahm Rücksicht auf die Verschie-
denheit der Bekenntnisse nur für den Religions=
unterricht (OVG 28, 178). v. Steins Reg Instr
Volksschulwesen (Geschichte)
v. 26. 12. 1808 übertrug die bis dahin vom Kon-
sistorium ausgeübte Schulaufssicht in der „Pro-
vinzial“-Instanz der „Regierung“. Die KabO
v. 3. 11. 1817 setzte das Min der geißstlichen,
Unterrichts-- und Medizinalangelegenheiten als
oberste Schulbehörde ein. Eine 1818/19 von
Suevern entworfene allgemeine SchulO fand zu
viele Gegner, und man entschied sich für Provin-
zialschulordnungen, von denen jedoch (neben dem
neuvorpommerschen Land Schul Regul v. 29. S8. 31)
nur eine für die Provinz Preußen v. 11. 12. 45
zustande kam. Die Vl v. 31. 1. 50 stellte einige
allgemeine Grundsätze auf, die aber vor Erlaß
eines Unterrichtsgesetzes an dem geltenden Recht
nichts ändern sollten (a 112). Auch die neu er-
worbenen Landesteile behielten ihr Schulrecht.
Das G v. 11. 3. 72 machte die Ausübung der
Schulaufsicht auch für die Geistlichen von einem
Staatsauftrag abhängig. Die Allg. Vfg. v. 15. 10.
1872 bestimmte Einrichtung, Aufgabe und Ziel
der VSch neu, die Kr O v. 13. 12. 72 führte das
Verw Streitverfahren auch für das Schulrecht
ein. Das Schn# v. 28. 6. 06 endlich gab über
„konfessionelle Verhältnisse“", örtliche Schulverwal-
tung und Gliederung der Gesamtschulverbände
grundlegende Vorschriften, die nur in Posen 1IM
und Westpreußen noch nicht gelten.
III. Auch in den übrigen Staaten brachte erst
das 19. Jahrhundert den Ausbau der VSch.
Bayern führte 1803 die Sonn= und Feiertags-
Sch neben der „Werktagsschule“ ein. Die II. Bei-
lage der Verf v. 26. 5. 1818 bezeichnete den „e-
ligiösen Volksunterricht“ als „innere Kirchen-
angelegenheit“, die der Geistlichkeit das Recht der
Aufsicht verleihe, und erkannte es als Amtspflicht
der Bischöfe an über die „Glaubens- und Sitten-
lehre" auch in den öffentlichen Sch „zu wachen“.
Der Versuch ein allgemeines Schulgesetz zu er-
lassen scheiterte 1867; das Schulbedarfs G v.
28. 7. 02 (ersetzte das v. 10. 1II. 61) enthält auch
einige re 5 Verhältnisse.
mfassende Gesetze haben Sachsen (sei
1835), Württemberg (seit 1 (Ieit
(seit 1868) und Hessen (seit 1874).
In Elsaß-Lothringen führte die deutsche
Verwaltung zunächst die allgemeine Schulpflicht
ein (1871), das UnterrichtsG v. 12. 2. 73 stellte
das Unterrichtswesen unter die Aufsicht der
Sleatsbehorden und gab dem Statthalter um-
assende Verordnungsvollmacht [J Lehrer ivat-
unterricht und ngpatemach (V Lehrer, Privat
Eine Verwgechtsprechung besteht für Schulstrei-
tigkeiten in Baden (seit 1863), Hessen (seit
1875), Württemberg (seit 1876), Bayern
(seit 1878) und Sachsen (seit 1900).
5#2. Allgemeines. I. Die Erkenntnis, daß der
geistige und sittliche Fortschritt des einzelnen wie
des Volkes von der Bildung abhängt, die die
Jugend bis zum Eintritt in den Beruf, zur wirt-
schaftlichen Selbständigkeit, erwirbt, hat zum
Unterrichtszwang geführt. Der Staat for-
dert, daß bildungsfähige Kinder, wenn sie nicht aus-
reichenden Privatunterricht genießen, die VSch
besuchen, die ihnen „die Grundlagen religiös-
sittlicher und nationaler Bildung und die für das.
bürgerliche Leben nötigen allgemeinen Kenntnisse
und Fertigkeiten“ (hess. VSch Gesetz a 1) vermit-
teln soll. Mit diesem Zwange übernimmt der
Staat die Verantwortlichkeit für die