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Verleihung von Pfarreien Anzeige an den Ober-
präsidenten gefordert, welcher wegen Mangels
der gesetzlichen Erfordernisse, sowie aus Gründen,
hafterweise über ein Jahr verzögert; b) durch
Abschluß einer Ehe; c) durch Annahme eines ande-
ren mit dem bekleideten Pfarramt unvereinbaren
welche dem bürgerlichen oder staatsbürgerlichen Amtes, insbesondere eines anderen Pfarramtes,
Gebiete angehören, Einspruch erheben kann, über
welchen auf Berufung des Bischofs der Kultus-
minister endgültig entscheidet. Eine der bayeri-
schen analoge Gesetzgebung besteht in Weimar,
Oldenburg, Braunschweig, Elsaß-Lothringen, Meck-
lenburg-Schwerin, Rudolstadt; eine der preußi-
schen analoge in Württemberg, Baden, Hessen,
Sachsen, Oesterreich (s. Friedberg 360). Eine
gegen staatlichen Einspruch erfolgte Verleihung
ist nichtig, in Preußen, Baden, Hessen überdies
kriminell strafbar (Friedberg 360).
4. Eine außerordentliche Form der Verleihung
kennt das kath. Kirchenrecht jure devolutionis und
unter der Bezeichnung erxtraordinaria provisio
durch den Papst; letztere, einst übermäßig weit
ausgedehnt (Johann XXII), dürfte im gelten-
den Recht so gut wie unpraktisch sein. Auch das
Devolutionsrecht hat praktische Bedeutung wohl
nur mehr bei Patronatpfarreien, ist übrigens
für das landesherrliche Patronat in Bayern aus-
geschlossen.
5. In der evangelischen K werden als
Voraussetzungen für Bekleidung eines
Pfarramtes gefordert (X Geistliche § 9): unbe-
fleckter Ruf, das gesetzliche Alter (in Preußen 25.,
Oesterreich 24., Sachsen 21. Lebensjahr), Gesund-
heit und Mangel störender Leibesgebrechen, Reichs-
bezw. Staatsangehörigkeit, Unentgeltlichkeit der
Verleihung, genügende wissenschaftliche Vorbil-
dung, in den meisten Landeskirchen auch je nach
Klassifikation der Pfarreien ein bestimmtes Dienst-
alter. Die Frage der Staatsgenehmigung ist für
die ev. K zurzeit so gut wie gegenstandslos.
Bezüglich der Reichs= und Staatsangehörigkeit
gelten die gleichen Vorschriften wie für die kath.
K. Die Frage des Dienstalters ist in den meisten
Staaten, so Preußen, Baden, Hessen, genau durch
Spezialgesetze geordnet (preuß. K v. 15. 8. 98,
vgl. Friedberg, Verfassungsrecht 227 ff). Die
wissenschaftliche Vorbildung wird allenthalben
durch Prüfungen, welche den für den Staats-
dienst bestehenden nachgebildet sind, festgestellt;
in der Regel wird das Bestehen von zwei Prü-
sungen gefordert, deren erste pro caudidatura
sive pro licentia concionandi, die zweite pro mu-
nere sive pro ministerio erfolgt. Das theologische
Studium wird allenthalben auf Staatsuniversi-
täten absolviert und beträgt drei oder vier Jahre;
die Professoren der theologischen Fakultäten sind
in mehr oder minder weitem Umfange an der
Abnahme der Prüfungen beteiligt; die hierüber
in Deutschland geltenden Vorschriften sind höchst
mannigfaltig (in Allg. Kirchenblatt für das ev.
Deutschland, dazu auch Friedberg, Verfassungs-
recht S. 213 ff). Neben den theologischen Fakul-
täten bestehen fast überall zur praktischen Ausbil-
dung der Kandidaten noch Predigerseminare.
Durch die neuere Gesetzgebung sind mehrfach auch
Vertreter synodaler Körperschaften in die Prü-
fungskommissionen berufen worden.
§ 3. Erledigung des Pfarramts.
1. Die Erledigung eines Pfarramts tritt nach
katholischem Kirchenrecht in folgenden Fäl-
len ein: a) wenn der Ernannte die Priester-
weihe noch nicht besitzt und den Erwerb schuld-
sowie durch Konsekration zum Bischof, wogegen
die Ehrenkanonikate des preußischen Rechts ge-
mäß der Bulle De salute animarum mit Pfarr-
stellen verbunden sind; d) durch Konfessionswechsel,
welcher nach kanonischem Recht als Verbrechen der
Häresie sich qualifiziert;e) durch Absetzung;
zuständig hierzu sind nur konfirmierte Bischöfe
oder Prälaten mit quasibischöflicher Gewalt, bei
Sedisvakanz der Kapitularvikar, außerdem der
Generalvikar kraft Spezialmandates; das ka-
nonische Recht unterscheidet verschiedene Grade
der Absetzung (privatio benekicii, depositio, de-
gradatio), alle bewirken juristisch die Erledigung
des Amtes; von Staats wegen wird in den meisten
deutschen Staaten eine Kontrolle über diese Maß-
regeln der Kirchenzucht ] gefordert, indem teils
ein geordnetes prozessualisches Verfahren vor-
geschrieben, teils die Gewährung des brachium
saeculare von einer staatlichen Vollstreckbarkeits-
erklärung abhängig gemacht ist; beides gilt in
Preußen auch jetzt noch, wogegen die sehr viel
weiter reichenden Vorschriften des G v. 12. 5. 73
über staatliche Kontrolle der K Disziplin gegen
Kleriker jetzt aufgehoben sind; auch beansprucht
der Staat nicht mehr wie früher das Recht, K Die-
ner abzusetzen, sondern behält sich lediglich vor,
solchen aus zwingenden Gründen der öffentlichen
Ordnung die weitere Ausübung des Amtes zu ver-
bieten; k) durch Verurteilung zu Zuchthaus,
Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechie oder
der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter
wird (im einzelnen in verschiedener Art und ver-
schiedenem Umfang) nach badischem, hessischem,
preußischem Recht Unfähigkeit zur weiteren Aus-
übung des Amts und Verlust des Amtseinkom-
mens bewirkt; g) durch Eintritt in einen geistlichen
Orden [“]; h) durch Aufhebung des Amtes selbst;
i) durch Amtsenthebung im Verw Wege
zum Zweck der Versetzung oder Pensionierung;
eine solche ist nach dem Dekret Maxima cura vom
20. 8. 10 aus folgenden Gründen zulässig: Geistes-
krankheit, Unerfahrenheit und Unwissenheit, Taub-
heit, Blindheit oder irgend ein anderes Gebrechen
der Seele oder des Körpers, Haß seitens der Ge-
meinde, Verlust des guten Rufes, noch nicht
offenkundig gewordenes Verbrechen, sträfliche
Vermögens Verw, Vernachlässigung der pfarr-
amtlichen Pflichten, Ungehorsam gegen die Befehle
des Bischofs; die Amtsenthebung geschieht nach
Manßgabe eines genau geregelten Verfahrens
durch den Bischof (das nähere bei Hilling,
Die Amtsenthebung der Pfarrer im Verwssege,
1911); k) Tausch ist statthaft mit Genehmigung
des Bischofs, in Bayern auch des Slaates; es
müssen hierbei die über Besetzung von Pfarreien
geltenden staategesetzlichen Vorschriften beobach=
tet werden; 1) endlich kann jeder Pfarrer mit Ge-
nehmigung des Bischofs auf seine Stellc verzich-
ten, jedoch nur bedingungeslos, also nicht salro
regressu oder in favorem tertüj die früher zuge-
lassene und häufige resignatio cum reserratione
pensionis wird heute meist durch Aufnahme alter
oder kranker P. in die bischöflichen Eremitenhäu-
ser, welche in allen Diözesen vorhanden sein
sollen, ersetzt.