Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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die, weil sie in der Regel wenigstens alle Be- 
rufsgruppen oder Klassen in ungefähr gleicher 
Weise treffen, nicht eigentlich den Charakter 
von Ausnahmebestimmungen tragen. Hierher 
gehören ein bestimmtes Wahlalter, männliches 
Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Besitz einer eige- 
nen Haushaltung, Unbescholtenheit, Ruhen des 
Wechts wegen gewisser Betätigungen und Aus- 
schließung davon wegen gewisser Lebensumstände, 
während das Abhängigmachen des Whechts von 
Einkommensgrenze und Steuerleistung, Wohnsitz- 
dauer, Gemeindebürgerrecht schon mehr den Ge- 
danken der Allgemeinheit des Stimmrechts in 
dem herkömmlichen Sinn stört, da sie gewisse Be- 
völkerungsgruppen benachteiligt. 
Für ein bestimmtes Wahlalter wird gel- 
tend gemacht, daß mit Nutzen für das öffentliche 
Leben nur der an der Wahl teilnehmen könne, der 
die erforderliche Verstandesreife und Lebens- 
erfahrung besitze. Von diesem Gesichtspunkt aus 
ist das Wahlalter bei den Wahlen zum Deutschen 
Reichstag und den einzelstaatlichen Volksvertre- 
tungen auf das vollendete 25. Lebensjahr fest- 
gesetzt; nur Preußen kennt ein Wilter von 24 
Jahren, und Königreich Sachsen verlangt, daß 
das 25. Lebensjahr bereits bei Abschluß der Wäh- 
lerliste vollendet sei. 
Ueberall ist, auch wo das nicht ausdrücklich aus- 
gesprochen ist, die aktive WBerechtigung vom 
männlichen Geschlecht abhängig. 
Dagegen ist der früher allgemein geltende Grund- 
satz, daß die WBerechtigung nur Angehörigen 
des betreffenden Bundesstaats zusteht, neuerlich 
mehrfach durchbrochen worden. Wohl sind überall 
ausgeschlossen vom WRecht Ausländer (NI in der 
Erwägung, daß man nur dem Interesse für den 
Staat zutrauen dürfe, der mit demselben dauernd 
verbunden sei; dagegen trifft dieses Argument 
weniger zu für Angehörige eines anderen Bundes- 
staats, da ja widerstreitende Interessen verschie- 
dener Bundesstaaten zu den Seltenheiten ge- 
hören. So lassen Oldenburg und Anhalt zum 
Wecht zu jeden Deutschen, der seit minde- 
stens 3 Jahren im Großherzogtum bezw. Herzog- 
tum seinen Wohnsitz hat; in Lippe-Detmold ist 
wahlberechtigt außer den Staatsangehörigen jeder 
über 25 Jahre alte männliche Staatsangehörige 
eines anderen Bundesstaats, der seinen dauernden 
Wohnsitz während der letzten 3 Jahre vor der W 
im Fürstentum gehabt hat, und Elsaß-Lothringen 
erkennt das aktive Wecht ebenfalls jedem 
Reichsangehörigen zu, der seit minde- 
stens 3 Jahren seinen Wohnsitz in Elsaß-Lothringen 
hat (für öffentliche Beamte, Religionsdiener und 
Lehrer genügt sogar 1 jährige Wohnsitzdauer). 
Dagegen machen die übrigen Bundesstaaten die 
aktive Werechtigung abhängig von Staatsange- 
hörigkeit in dem betr. Bundesstaate, ja zuweilen 
wird verlangt, daß die Staatsangehörigkeit bereits 
eine gewisse Dauer erreicht habe (Bayern, Hessen 
und Reuß j. L. verlangen Staatsangehörigkeit 
von 1 jähriger, Sachsen von 2 jähriger, Baden 
von 2 jähriger, bei einjährigem Wohnsitz im Land 
von 1 jähriger Dauer; in Bremen von 3 jähriger 
Dauer). 
Der Besitz einer eigenen Haushaltung 
als Vorbedingung der WBerechtigung wird ver- 
langt in Koburg-Gotha, wo Dienstboten, Hand- 
werksgesellen, Handlungs= und Geschäftsgehilfen 
  
Wahlrecht (Wahlberechtigte) 
ohne eigenen Hausstand ausgeschlossen sind, das 
Vorhandensein der Unbescholtenheit in 
Koburg-Gotha (hier fat identisch mit Nichtver- 
urteilung wegen gewisser strafbarer Handlungen) 
und Reuß ä. L. 
Von direkter Staats., in vereinzelten 
Fällen (Hessen) auch Gemeindesteuer- 
leistung machen das aktive WRecht abhängig 
Bayern, Altenburg und Lübeck (steuerfreies Ein- 
kommen überall unter 600 Mk.), doch können sich 
in Bayern Einkommensbezieher unter 600 Wek. 
durch freiwillige Steuerleistung von 50 Pfg. das 
Wiecht sichern; Sachsen (steuerfreies Einkommen 
unter 400 Mk.), Hessen (bei Staatssteuer steuer- 
freies Einkommen unter 500 Mk., bei Gemeinde- 
einkommensteuer braucht keinerlei Existen zmini- 
mum freigelassen zu werden); Koburg-Gotha 
(steuerfreies Einkommen unter 300 Mk.), auch hier 
ist wie in Bayern den Beziehern von Einkommen 
von 300 Mk. und darunter Gelegenheit gegeben, 
durch freiwillige Steuerleistung sich das WMRecht 
zu sichern; Reuß ä. L. (steuerfreies Einkommen 
unter 15 Mk.); Schwarzburg-Rudolstadt (ohne 
frries Existenzminimum) und indirekt auch Braun- 
chweig, Schwarzburg-Sondershausen und Wald- 
eck, da dort das WRecht von dem Recht, an den 
Gemeindewahlen teilzunehmen, abhängt, dieses 
Recht selbst aber wieder von Leistung direkter 
Gemeindesteuer abhängig ist. Von einem gewissen 
Mindesteinkommen macht das Wgecht 
nur Hamburg abhängig, das dafür Versteuerung 
eines Einkommens von 1200 Mk. durch 5 Jahre 
verlangt. 
Wo das Wecht an eine gewisse Wohnsitz- 
dauer in der Gemeinde oder im Staat 
oder an den Besitz des Bürgerrechts ge- 
knüpft ist, will man die seßhaften vor den fluk- 
tuierenden Elementen bevorzugen, was meist 
auf eine Beschränkung des Einflusses der unbe- 
mittelten Schichten hinauskommt. Es verlangen 
eine gewisse Wohnsitzdauer in der Gemeinde 
des W0rts: Preußen, Kgr. Sachsen, Altenburg 
(ie 6 Monate), Reuß j. L. (3 Monate); im be kr. 
Bundesstaate: Hessen, Oldenburg, Anhalt 
(3 Jahre), Braunschweig (für die W der Berufs- 
stände 1 Jahr), Lippe-Detmold (3 Jahre für nicht- 
lippische Staatsangehörige), Lübeck (3 volle 
Steuerjahre vor der W), Elsaß-Lothringen (3 
bezw. 1 Jahr); den Besitz des Gemeinde- 
bürgerrechts: Sachsen-Weimar und Son- 
dershausen (in beiden Staaten genügt Bürger- 
recht in einer Gemeinde des Landes), Braun- 
schweig, Waldeck, den Besitz des mit der Staats- 
angehörigkeit noch nicht gegebenen Staats- 
. , rgerrechts Hamburg, Bremen und Lu- 
eck. 
Das WRecht ruht überall für die zum aktive 
Heer gehörigen Militärpersonen IN1, mit Ausnah- 
me der Militärbeamten (5 49 des RMil G v. 
2. 5. 74, das sich ausdrücklich auch auf das Wecht 
zu den einzelstaatlichen Parlamenten bezieht). 
#s4. Ausschluß vom Wahlrecht insbesondere. 
Ausgeschlossen vom W#echt sind überall gewisse 
Personenkategorien wegen mangelnder Geistes- 
reife, unehrenhafter Gesinnung oder zerrütteter 
aus gewissen Momenten zu entnehmender Ver- 
mögensverhältnisse. Wegen mangelnder Gei- 
stesreife sind überall ausgeschlossen Personen, 
die unter Vormundschaft oder Pflegschaft stehen; 
 
	        
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