Seite,#welcher aus 6 Mitgliedern besteht und
durch von den Gemeinderäten ernannte Wahl-
männer auf 6 Jahre gewählt wird. Den Vorsitz
im Kreisvorstand führt der Kreisamtmann, der
aber kein eigenes Stimmrecht hat. Er wird
vom preußischen Minister des Innern ernannt,
gilt jedoch als waldeckscher Beamter. Die Kreise
bilden als sogenannte Kreisgemeinden Komm-
Verbände mit den Rechten einer Korporation,
welchen, die Selbstverwaltung ihrer Angelegen-
heiten nach näherer Bestimmung der KrO v.
16. 8. 55 zusteht. Die Oberaufsicht über die Ver-
waltung der Kreisgemeinden und der Orts-
gemeinden steht dem Landesdirektor zu; die
nächste Aufsicht über die Verwaltung der Orts-
emeinden führen der Kreisamtmann und der
eisvorstand.
Die Gemeinde verfassung beruht auf der
GempO v. 6. 4. 88. Die Gemeinden besitzen die
Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten unter
der gesetzlich geordneten Aufsicht des Staats.
Sie werden durch einen von den Gemeinde-
bürgern nach dem Dreiklassenwahlrecht gewählten
„Gemeinderat“ als beschließende und durch einen
vom Gemeinderat gewählten „Gemeindevor-
stand“ als ausführende Behörde vertreten; beide
Behörden werden auf 6 Jahre gewählt. Der
Gemeinderat besteht je nach der Größe der Ge-
meinde aus 6, 9, 12 oder 15 Mitgliedern, der
Gemeindevorstand aus dem Bürgermeister und
in Orten über 1000 Einwohner aus 2, in Orten
unter 1000 Einwohnern aus einem Beigeord-
neten. Die Wahl des Bürgermeisters, der zu-
gleich Ortspolizeibehörde ist, bedarf der Bestä-
tigung des Landesdirektors. Der Bürgermeister
ist berechtigt und verpflichtet, ieden Beschluß des
Gemeinderats, der dessen Befugnisse überschreitet
oder die Gesetze verletzt, vorläufig zu suspen-
dieren. Die Dienstaufsicht über die Bürgermeister
sowohl in den Städten wie in den Landgemeinden
übt in 1. Instanz der Kreisamtmann aus.
II. Die Organisation der richterlichen Be-
hörden ist durch das G v. 1. 9. 79, betreffend die
Einführung des preußischen AG zum Deutschen
Gerichtsverfassungsgesetz in W.-Pyrmont, er-
solgt. Durch dies Gesetz ist W. dem Landgericht
Kassel, Pyrmont dem Landgericht Hannover
zugeteilt. In jeder der 4 Kreisstädte besteht ein
Amtsgericht. Für die Entscheidung von Kompe-
tenzkonflikten zwischen den VerwBehörden und
den Gerichten ist die Preußische V v. 1. 8. 79
durch V v. 21. 9. 79 eingeführt.
III. Für das Beamtenrecht sind das Staats-
dienstgesetz v. 9. 7. 1855 und die inzwischen er-
gangenen Disziplinargesetze sowie die Bestim-
mungen des Akzessionsvertrages maßgebend. Die
sämtlichen Staatsbeamten werden nach dem
Akzessionsvertrage von Preußen ernannt und
leisten dem Könige von Preußen den Diensteid,
dabei haben sie auch die genaue Einhaltung der
waldeckschen Verfassung zu geloben. Die Er-
nennung der Kreisphysiker und Kreistierärzte
sowie der mittleren und unteren Beamten der
inneren Verwaltung erfolgt durch den Landes-
direktor. Auch unter den heutigen Verhältnissen
gelten die Staatsbeamten in W. lediglich als
waldecksche Beamte mit Ausnahme des Landes-
direktors, welcher zugleich preußischer und wald-
eckscher Beamter ist. Sie können auf ihren Wunsch
Waldeck (Fürstentum)
in den preußischen Staatsdienst übernommen
werden, ohne indessen einen Anspruch darauf zu
haben. Die Uebernahme eines waldeckschen Be-
amten in den preußischen oder eines preußischen
Beamten in den waldeckschen Staatsdienst wird
als Versetzung innerhalb desjenigen Staates be-
handelt, in dessen Dienst der Beamte übernom-
men wird. Bei Feststellung des Dienstalters
und bei Berechnung der Dienstzeit der Beamten
werden die von ihnen in dem andern Staat be-
reits erworbenen Ansprüche ihnen voll in An-
rechnung gebracht. Die Ruhegehälter und die
Hinterbliebenenversorgung der waldeckschen Be-
amten sind in der Hauptsache ebenso geordnet wie
in Preußen, während die Gehaltsverhältnisse noch
einige Wweichungen aufweisen.
5. Einzelne Berwaltungszweige.
Polizeiverwaltung. Landespoli-
zeibehörde ist der Landesdirektor. Durch das
Gv. 13. 1. 75 ist ihm die Befugnis beigelegt,
Polizeiverordnungen mit Strafandrohung bis
zu 30 Mk. zu erlassen. Die Kreispolizeiverwal-
tung steht dem Kreisamtmann zu, der aber nicht
die Befugnis zum Erlaß von Polizeiverordnungen
hat; zur Durchführung seiner Anordnungen ist
er berechtigt, Zwangsstrafen bis zu 30 Mk. fest-
zusetzen, in dringenden Fällen kann er militärische
Hilfe in Anspruch nehmen. Ortspolizeibehörde
ist der Bürgermeister, der die Ortspolizeiverwal-
tung unter Aufsicht und nach Anleitung des Kreis-
amtmanns führt. Er kann mit Genehmigung
des Kreisamtmanns Ortspolizeiverordnungen mit
Strafandrohung bis zu 15 Mk. erlassen.
Der Bürgermeister ist zugleich Hilfsbe amter der
Staatsanwaltschaft. Bei Erhaltung der öffent-
lichen Ruhe, Si etht und Ordnung dient zur
Unterstützung der Polizeibehörden die Gendar-
merie [V, die nach preußischem Muster eingerichtet
ist. Eine dem & 10 II 17 des preußischen allge-
meinen Landrechts entsprechende Bestimmung
abir die Befugnisse der Polizei gibt es in W.
ni
Das Gesundheitswesen steht unter Ober-
aufsicht des Landesdirektors, dem t Koh
Berater der Oberlandphysikus beigegeben ist.
In den Kreisen wird die Medizinalpolizei durch
die Kreisphysiker und die Veterinärpolizei durch
die Kreistierärzte ausgeubt. Besonders entwickelt
ist in W. die Bekämpfung der Tuberkulose, für
welche die Anzeigepflicht 2 bei Todesfällen
wie bei Erkrankungen, sobald Bazillen nachge-
wiesen sind, und beim Wohnungswechsel solcher
Tuberkulösen durch Landespolizeiverordnung ein-
geführt ist. Die Desinfektion bei Tuberkulose
erfolgt für Unbemittelte auf Grund des Des-
infektions G. v. 7. 1. 14 unentgeltli auf ge-
weinsame Kosten von Gemeinde, 2 und
aat.
II. Schulverwaltung. Nach der -
fassung steht das Schulwesen uasen ber-
aufsicht des Staats, die Regelung im einzelnen
ist durch die Schulordnung v. 9. 7. 55 erfolgt.
Die Pflicht zur Errichtung und Unterhaltung der
Volksschule liegt der Gemeinde ob, welche ein
regelmäßiges Schulgeld erheben kann und bei
der Aufbringung der Schullasten vom Staat
aushilfsweise unterstützt wird. Die Volksschule
ist konfessionell; den Religionsunterricht leiten
und beaufsichtigen die kirchlichen Behörden, un-