Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Wandergewerbe 
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diesen verboten, zum Zwecke ihres Ge- 
werbebetriebs ohne vorherige Erlaubnis in 
fremde Wohnungen einzutreten 
und zur Nachtzeit auch nur fremde Häuser oder 
Gehöfte zu betreten (§606 GewO). Zum Schutze 
der minderjährigen Wandergewerbetreiben- 
den kann diesen im W.Schein die Beschränkun 
auferlegt werden, daß sie das Gewerbe nicht nach 
Sonnenuntergang und, soweit es sich um weib- 
liche Personen handelt, daß sie es wohl auf öffent- 
lichen Wegen, aber nicht von Haus zu Haus be- 
treiben dürfen. Durch die Ortspolizeibehörde 
kann ein entsprechendes Verbot gegenüber den 
Minderjährigen auch hinsichtlich des Gewerbe- 
betriebs mit solchen Gegenständen erlassen werden, 
für welche wie z. B. rohe landwirtschaftliche Pro- 
dukte es eines W. Scheins überhaupt nicht be- 
darf. Kindern unter 14 Jahren darf über- 
haupt das Feilbieten solcher Gegenstände unter- 
sagt werden. 
#§s 4. Die Mitführung von Begleitern und Kin- 
dern beim Wandergewerbe (§ 62 GewO). Der 
W. Schein berechtigt ausschließlich diejenige Per- 
son, auf deren Namen er ausgestellt ist, zum Ge- 
werbebetrieb im Umherziehen. Wünscht er einen 
Begleiter mitzunehmen, so bedarf er, auch wenn 
dieser in gar keiner Beziehung zu seinem Ge- 
werbebetriebe steht, dazu der Erlaubnis. Zustän- 
dig ist diejenige Behörde, welche den W. Schein 
erteilt hat, oder in deren Bezirk sich der Nachfu- 
chende befindet. Die Erlaubnis wird in dem 
W. Schein unter näherer Personalbeschreibung 
der Begleiter vermerkt. Die Behörde ist aus den 
gleichen Gründen, aus welchen die Versagung 
des W. Scheins erfolgt, auch zur Versagung der 
Erlaubnis zur Mitführung von Begleitern ver- 
pflichtet und berechtigt, wobei es ohne Belang ist, 
ob es sich um Angehörige des Inhabers des 
W. Scheins oder um fremde Personen handelt. 
Das gleiche gilt von der Zurücknahme der Erlaub- 
nis und den Rechtsmitteln. Ausländer dürfen 
nur dann als Begleiter mitgeführt werden, wenn 
sie den Anforderungen entsprechen, welche für die 
Erteilung des W. Scheins an sie aufgestellt sind; 
das entsprechende gilt für Inländer, welche Aus- 
länder begleiten sollen (oben § 3 16, VI). 
Kinder unter 14 Jahren dürfen zu gewerb- 
lichen Zwecken unter keinen Umständen 
mitgeführt werden, und zwar auch dann nicht, 
wenn es zu dem Gewerbebetrieb überhaupt keines 
W. Scheins bedarf. Soll die Mitführung nicht 
zu gewerblichen Zwecken erfolgen, so 
muß die Erlaubnis ohne Rücksicht auf ihr Alter 
versagt werden, wenn sie noch elementarschul- 
pflichtig sind und für ihren ausreichenden Unter- 
richt nicht gesorgt ist. Die Frage ist nach pflicht- 
mäßigem Ermessen zu prüfen. Besteht keine 
Schulpflicht mehr, so kann die Behörde die 
Erlaubnis zur Mitführung versagen, wenn die 
Kinder das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet 
haben. Das gleiche Recht hat die Behörde ohne 
Rücksicht auf das Alter des Mitzuführenden, wenn 
es sich um Personen anderen Geschlechts handelt. 
Es kann demgemäß auch der Inhaberin eines 
W. Scheins die Mitführung von männlichen Per- 
sonen versagt werden. Diese Befugnis steht der 
Behörde indessen nicht zu hinsichtlich der Ehe- 
gatten und der über 14 Jahre alten eigenen Kin- 
der und Enkel des Inhabers des Scheins. 
  
Gegen Zuwiderhandlungen Strafvorschriften 
in §§ 148 und 149 GewO. 
§ 5. Der ambulante Gewerbebetrieb (s. hierzu 
oben K letzter Absatz). Von diesem sind diejenigen 
Gegenstände, die von dem Ankauf oder Feil- 
bieten im Umherziehen ausgeschlossen sind, regel- 
mäßig gleichfalls ausgeschlossen (ugl. S 2). In- 
dessen ist es der zuständigen Landesregierung 
vorbehalten, soweit ein Bedürfnis obwaltet, Aus- 
nahmen von dem Verbote zuzulassen. 
Während aber der Gewerbebetrieb im Umher- 
ziehen abgesehen von den wenigen Ausnahmen 
(l. 8 3) nur dem Besitzer eines W. Scheins gestattet 
ist, hat der Gesetzgeber für den ambulanten Ge- 
werbebetrieb eine gleiche Anordnung nicht er- 
lassen. Da aber von den Hausierern im Orte viel- 
fach ähnliche Gefahren drohen wie von denen, 
die außerhalb ihres Gemeindebezirks ihr Hausier- 
gewerbe betreiben, so wurde immerhin der höheren 
Verw Behörde IX Band II S 2421! die Befugnis 
erteilt, für einzelne Gemeinden ihres Bezirks die 
Anordnung zu erlassen, daß Personen, die inner- 
halb der Gemeinde oder einzelner Teile des Ge- 
meindebezirks in dieser Weise allgemein oder mit 
bestimmten Gattungen von Waren oder Leistungen 
ihr Gewerbe betreiben wollen, dazu einer Er- 
laubnis bedürfen. Hinsichtlich der landwirtschaft- 
lichen Produkte und der selbstverfertigten Waren 
(5J 3 Abs 1 Nr. 1—3), auch wenn sie nicht zu den 
selbstgewonnenen oder selbstverfertigten gehören, 
sowie hinsichtlich der Druckschriften, anderen Schrif- 
ten und Bildwerke, insoweit der Gewerbebetrieb 
hiermit von Haus zu Haus stattsindet, und hinsicht- 
lich derjenigen Waren, für welche der Bundesrat 
gemäß § 44 Abs 2 GewO Ausnahmen gestattet 
hat, darf indessen diese Erlaubnispflicht nicht ein- 
geführt werden. Bezüglich der landwirtschaftli- 
chen Produkte und selbstverfertigten Waren kann 
aber der Gewerbebetrieb aus den gleichen Grün- 
den untersagt werden, aus welchen der W. Schein 
für den Gewerbebetrieb im Umherziehen versagt 
werden muß; und es können die gleichen Beschrän- 
kungen für den Gewerbebetrieb der Minderjäh- 
rigen und Kinder und für das Betreten fremder 
Wohnungen verfügt werden, wie sie für den Ge- 
werbebetrieb im Umherziehen bestehen. Aber auch 
wenn die höhere Verw Behörde eine solche Anord- 
nung nicht erlassen hat, so dürfen Kinder unter 
14 Jahren gleichwohl auf öffentlichen Wegen, 
Straßen, Plätzen oder an öffentlichen Orten oder 
ohne vorgängige Bestellung von Haus zu Haus 
Gegenstände nicht feilbieten. In Orten, wo ein der- 
artiges Feilbieten durch Kinder herkömmlich ist, 
darf die Ortspolizeibehörde es ausnahmsweise bis 
insgesamt 4 Wochen innerhalb eines Jahres ge- 
statten. 
Die höhere Verw Behörde darf die Anordnung 
nur nach Anhörung der Gemeindebehörde er- 
lassen. Insoweit die höhere Verw Behörde jene 
Anordnung nicht erläßt, kann die Gemeinde- 
behörde eine entsprechende Bestimmung be- 
schließen, die jedoch der Genehmigung der höheren 
VerwBehörde bedarf. Nur hinsichtlich der Druck- 
schriften und Bildwerke, die auf öffentlichen 
Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffent- 
lichen Orten verkauft werden sollen, bedarf es zur 
Einführung der Erlaubnispflicht weder einer Ver- 
ordnung der höheren Verw Behörde noch eines 
Beschlusses der Gemeinde. Ein solcher Gewerbe- 
55.
	        
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