Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
904 
stimmten Wtrecken obliegt. Allen diesen Fällen 
ist gemeinsam, daß es hier jedesmal des beson- 
deren Nachweises der Verpflichtung bedarf, der- 
artige Lasten also nicht vermutet werden können, 
und daß die Verpflichtung nur soweit reicht, als 
sie ausdrücklich nachgewiesen ist. Hierher gehören 
Wauverpflichtungen im Anschluß an die Ver- 
leihung besonderer Rechte (Brücken-, Zollgerech- 
tigkeit), auf Grund von Rezessen und infolge von 
Observanz. 
1. Die Verpflichtung des Zollberechtig- 
ten ist in & 138, II, 15 ALR dahin festgelegt, 
daß jeder Inhaber einer Brücken-, Fähr= oder 
Weldgerechtigkeit die Straßen, W, Fähren [l und 
Brücken — in diesem Falle auch die Brücken über 
öffentliche Flüsse — innerhalb seines Distrikts auf 
eigene Kosten in sicherem und tauglichem Zustande 
zu erhalten hat. Maßgebend für den Umfang der 
Verpflichtung ist der Inhalt der Verleihungsur- 
kunde. Ueber die reichsrechtlichen Beschränkungen 
in der Höhe dieser Abgaben s. § 6 a. E. Die 
Hebeberechtigung kann, da sie reiner Verw Alkt ist, 
jederzeit zurückgenommen werden (Germershausen 
1, 479); mit der Zurücknahme hört die WBau- 
pflicht auf. Die neueren W haben die Bestim- 
mungen des ALR aufrecht erhalten und für den 
Fall ergänzt, daß die von einem Hebeberechtigten 
unterhaltene Verkehrsanstalt den polizeilichen An- 
forderungen nicht mehr genügt, daß die Anstalt 
wegen Unvermögens des Hebeberechtigten in 
Verfall kommt, und daß die Abgaben die Unter- 
haltungskosten übersteigen. Im ersten Falle geht 
die WBauverpflichtung auf den ordentlichen W- 
Baupflichtigen über, dem der Hebeberechtigte die 
Verkehrsanstalt zum Eigentum abzutreten hat, 
im zweiten Falle kann dem Hebeberechtigten die 
Berechtigung entzogen und die Anstalt dem ordent- 
lichen WBaupflichtigen übertragen werden, im 
dritten Falle sind die Abgaben entsprechend zu 
ermäßigen. Auch kann der Hebeberechtigte die 
Uebernahme der Unterhaltung durch den ordent- 
lichen W Baupflichtigen gegen Entschädigung ver- 
langen (SI# 27—34 W0O für Sachsen, Is 24—33 
W0 für Westpreußen, &3 23—32 W,0 für Posen 
und Ostpreußen). 
2. Weiter kann durch die Bestimmungen von 
Separationsrezessen eine besondere, 
von der gewöhnlichen abweichende W Unterhal- 
tungspflicht begründet werden, wenn diese Re- 
zesse durch die Bestätigung der Auseinander- 
setzungsbehörde den Charakter öffentlichen Rechtes 
erhalten haben und die Abänderung der gesetz- 
lichen Waulast provinzialgesetzlich zugelassen ist. 
Andernfalls haben sie nur den Wert privatrecht- 
licher Verträge (Germershausen 1, 449 f). Solche 
Rezesse, soweit sie von dem bis dahin geltenden 
Rechte abweichen, sind auch durch die neueren 
W auedrücklich aufrecht erhalten (§ 43 WO für 
Sachsen, § 42 WDO für Westpreußen, 8 41 WO für 
Posen und Ostpreußen). 
3. Den letzten hierher gehörigen Verpflichtungs- 
grund bildet die Observanz. Unter Observanz 
hat man zu verstehen örtliches Gewohnheitsrecht (JN 
auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes, das 
einem bestimmten, öffentlich-rechtlich zu irgend 
einer Leistung verpflichteten Personenkreise die 
Möglichkeit gibt, diese Leistung von einem Dritten 
— Person oder Verband — auf Grund Rechtens 
deshalb zu fordern, weil dieser in dem Glauben, 
  
  
Wegerecht (Preußen) 
hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, die Verpflich- 
tung längere Zeit hindurch regelmäßig erfüllt hHat 
(Germershausen 1, 456 f). Eine bestimmte Zeit- 
dauer ist nicht notwendig; ob im einzelnen Falle 
Observanz vorliegt, ist Tatfrage. Soweit sie 
nachgewiesen werden kann, in. sie objektives 
Recht und wirkt wie ein Gesetz, schafft also auf 
dem Gebiete des Whechtes allgemein gültiges 
öffentliches Recht. Wieweit sich im Verhältnis 
zum bestehenden Rechte Observanzen bilden kön- 
nen, bestimmt sich nach den gesetzlichen Vorschrif- 
ten; das AL##sschloß ihre Bildung aus, so weit es 
sich um die Abänderung gesetzlicher Vorschriften 
handelte. Von den neueren W enthält in dieser 
Hinsicht nur die für Ostpreußen eine ausdrückliche 
Bestimmung dahin, daß die Entstehung neuer, 
den Bestimmungen des Gesetzes zuwiderlaufender 
besonderer öffentlich-rechtlicher Titel ausgeschlossen 
ist & 41 Abs 2). Das gilt auch für Observanzen; 
in Sachsen, Westpreußen und Posen würde hier- 
nach die Bildung solcher gegenüber den Vorschrif- 
ten der W0 auch jetzt noch möglich sein. 
4. Eine besondere Art von gesetzlicher Verpflich- 
tung Dritter in bezug auf den WBau bildet die sog. 
Nachbarhilfe insofern, als sie im Gegensatz 
zu den bisher erwähnten Verpflichtungen nicht 
dauernd besteht, sondern nur für den einzelnen 
Baufall in Frage kommt, und nicht dem WBau- 
pflichtigen obliegt, sondern anderen Verbänden 
oder Personen. Voraussetzung ist eine Ueberbür- 
dung des WBaupflichtigen durch den Bau. Unter- 
stützungspflichtig sind die benachbarten Gemeinden, 
in einzelnen Fällen die Kreise. Von den neueren 
W0 enthält nur die für Sachsen in §5 20 eine 
ausdrückliche Verpflichtung der Kreise. Eine große 
Anzahl von Kreisen hat eine nicht auf gesetzlicher 
Grundlage ruhende freiwillige Kreishilfe ein- 
ge führt. Die übrigen WO haben den Gedanken 
der Nachbarhilfe gleichfalls übernommen, sie er- 
klären die Gemeinden zur Teilnahme an der Bau- 
last außerhalb des Gemeindebezirks gelegener W 
für verpflichtet, soweit diese W überwiegend ihrem 
Verkehrsinteresse dienen und — in Posen und Ost-- 
preußen — nicht zur Bebauung bestimmt sind 
oder dienen sollen (§ 20 WO für Posen, 5 21 
W0 für Westpreußen, 8 19 WO für Ostpreußen). 
Hier beschließt über die Heranziehung der Kreis- 
bei Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern der 
Bezirksausschuß auf Antrag der W Pol; sonst ist 
in der Regel der Reg Präsident zuständig (s. auch 
Germershausen 1, 5 29, der eine genaue Dar- 
stellung der Rechtslage in den einzelnen Prov 
gibt). Eine Verpflichtung der Prov besteht gesetz- 
lich nur insofern, als sie nach § 4 des Dotations G 
generell verpflichtet sind, den WBau der Gemein- 
den #und Leilcn unterstützen. 
5. Eine Verpflichtung Dritter, die sich ni " 
mittelbar aus dem WBau ergibt, die beltn #t dor 
sachgemäßen Unterhaltung der Wuund der Auf- 
rechterhaltung des Verkehrs zusammenhängt, ist die 
Pflicht der Anlieger, die Benutzung ihrer 
am VW liegenden Grundstücke zu gestatten 
falls der eigentliche W aus irgend einem Grunde 
unpassierbar ist. Ferner kann dem An- 
lieger die Anlage von Gruben aller Art, Stein- 
brüchen usw. in gefährlicher Nähe von W auf 
Grund des & 10, II, 17 ALN untersagt werden 
soweit sie den Fortbestand des W gefährdet. 
andernfalls wird die Einfriedigung zu fordern sein,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.