Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Wegerecht (Bayern) 
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sprechend den von der Straße gezogenen Vor- 
teilen abgestuft; also namentlich diejenigen Ge- 
meinden, deren Feldmark von ihr berührt wird, 
zu Präzipualleistungen in Gestalt von 
Hand= und Spanndiensten, Lieferung von Bau- 
material usw. herangezogen werden. Staat und 
Kreise beteiligen sich mit Geldbeihilfen. 
Mit dem mächtigen Aufschwung des neuzeit- 
lichen Verkehrs überhaupt und den durch Eisen- 
bahnen und Kraftfahrzeuge gänzlich veränderten 
Bedingungen des Straßenwesens haben die Di- 
striktsstraßen eine früher nicht geahnte Bedeutung 
erlangt und vielfach die Staatsstraßen an Wichtig- 
keit überholt. 
3. Gemeindewege im engeren Sinn 
(--Gemeindeverbindungswege, *2 lI.) 
sind mit Ausschluß der Staats- und Distriktsstraßen 
diejenigen öffentlichen W, welche dazu bestimmt 
sind, den Verkehr mehrerer Gemeinden oder Ort- 
schaften untereinander oder mit andern öffentlichen 
Wund Eisenbahnen zu vermitteln. Die Erklärung 
eines W zum Gemeinde W ist Sache der Orts- 
gemeinde; diese kann nötigenfalls im staatsauf- 
sichtlichen Verfahren nach a 157, 161 der rechts- 
rheinischen Gemeindeordnung dazu gezwungen 
werden, weil durch a 38 die „Herstellung und 
Unterhaltung der Gemeinde W, Brücken und 
Stege“ zur gesetzlichen „Obliegenheit“ der Ge- 
meinde erklärt ist. Die Uebernahme kann auch 
stillschweigend, durch tatsächliche Anerkennung er- 
folgen, z. B. dadurch, daß die Gemeinde einen 
innerhalb ihrer Markung gelegenen Verbin- 
dungs W entsprechend unterhält; dagegen kann 
die bloße Tatsache, daß ein W dem Verkehre 
benachbarter Gemeinden dient oder einem wirk- 
lichen Bedürfnis entspricht, die gemeindliche Be- 
schlußfassung grundsätzlich nicht ersetzen. 
Die Wegebaulast kann bei Gemeinden, 
welche eine Mehrzahl von Ortschaften umfassen, 
den letzteren als unmittelbare Verpflichtung ob- 
liegen. Sie ist in räumlicher Hinsicht auf den 
Gemeindebezirk beschränkt, was insbesondere für 
Grenzbrücken von Erheblichkeit sein kann; sachlich 
umfaßt sie auch die Pflicht zur Herstellung der 
nötigen Sicherheitsvorrichtungen (Geländer, War- 
nungstafeln, Schneezeichen usw.) sowie zur Be- 
seitigung von Verkehrshindernissen, gleichviel ob 
diese durch Schuld eines Dritten oder durch Natur- 
ereignisse (Schneefall!) entstanden sind. Ver- 
pflichtungen Dritter zur Herstellung und Unter- 
haltung von Gemeinde Wiusw. oder zur Bestrei- 
tung des Kostenaufwands, mögen sie nun in 
privatrechtlichen Titeln (Vertrag, Verjährung) 
oder in allgemein gültigen Vorschriften des öffent- 
lichen Rechts begründet sein (vgl. u. a. RStn 
#6 367 Ziff. 12, § 62 III der bayer. BauO v. 
17. 2. 01), werden durch a 38 nicht berührt. 
In der Pfalz entspricht der Klasse der Ge- 
meindeverbindungsW die der Bizinalwege. 
4. Ortsstraßen. Die Gemeindeordnung 
versteht darunter diejenigen öffentlichen W, welche 
dazu bestimmt sind, den Verkehr innerhalb einer 
zusammenhängend gebauten Ortschaft zu ver- 
mitteln und weder Teile einer Straße höherer 
Ordnung noch Gemeindeverbindungs W sind. 
a) Ihre Begründung erfolgt wie die der letz- 
teren durch ausdrückliche oder stillschweigende Wil- 
lenserklärung der Gemeinde im Rahmen ihres 
Selbstverwaltungsrechts. Dagegen besteht keine 
v. Stengel--Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl. 
  
gesetzliche Verpflichtung zu ihrer 
Herstellung, da a 38 GemO — ohne ersicht- 
lichen Grund! — nur „die Sorge für Unter- 
haltung und Reinlichkeit der Ortsstraßen“ als 
gemeindliche Obliegenheit erklärt hat. & 62 III 
der bayer. BauO greift hier ergänzend ein und 
gestattet Bauführungen in neuen Bauanlagen 
erst dann zu bewilligen, „wenn die Herstellung 
des Straßenkörpers für den entsprechenden Teil 
der Straße von einer Querstraße bis zur nächsten 
Querstraße und für die Verbindung mit einer 
bereits bestehenden Straße gesichert. "“ ist. Als 
„Straße“ ist hierbei „jede innerhalb der Stadt 
gelegene WFläche zu verstehen, welche für jeder- 
mann frei zugänglich ist und tatsächlich dem 
öffentlichen Verkehr dient oder zu dienen bestimmt 
ist, ohne daß etwas darauf ankommt, in wessen 
Eigentum der Straßenkörper steht und ob diesem 
die Eigenschaft einer öffentlichen Straße durch 
den Eigentümer der Grundfläche jederzeit wieder 
entzogen werden kann“ (vgl. bayer. Obst. LG. 
E. i. Str. 6 S 197). X Baupolizei, I 321.) 
Die Frage, ob die Gemeinden die ihnen in a 38 
a. a. O. auferlegte „Sorge“ für Unterhaltung und 
Reinlichkeit der Ortsstraße durch ortspolizeiliche 
Vorschrift auf die Anlieger abwälzen 
können, ist in Literatur und Rechtsprechung ebenso 
umstritten wie die der Herstellung und Unterhal- 
tung der Gehbahnen. 
b) Die Gehbahnen (Trottoirs, Bür- 
gersteige) sind in a 38 a. a. O. überhaupt 
nicht erwähnt. Sie werden seit der Entscheidung 
des VGH v. 1. 2. 82 (E. 2 S 534) von den bayeri- 
schen Gerichten als „öffentliche Vorrichtungen“ 
auf der Straße, nicht dagegen als notwen- 
dige Bestandteile der Straßen angesehen (1), 
da sie. „in erster Reihe der öffentlichen Sicherheit 
und Bequemlichkeit dienen und zum Zwecke des 
öffentlichen Verkehrs an sich nicht absolut not- 
wendig sind“. Da ferner a 38 a. a. O. nur die 
„Sorge“ für Unterhaltung und Reinlichkeit der 
Ortsstraßen, nicht auch die Ausübung der 
letzteren auferlegt hat, sind die Gemeinden befugt, 
die Herstellung und Unterhaltung der Trottoirs 
den Anliegern durch ortspolizeiliche Vor- 
schrift aufzubürden. (So in ständiger Recht- 
sprechung das OLG München und das bayer. 
Obst. WGG. — 1 Sö59, 6 S 195 —. AM unter 
Berufung auf die Ueberschrift des a 38 „von den 
Gemeindebedürfnissen“ und die Anforderungen 
des großstädtischen Verkehrs Seydel, Bl. f. adm. 
Praxis 48 S 196; Seydel-Graßmann S 369 
Anm. 93 und 94.) Die zwangsweise 
Uebernahme der Straßenreinigung durch die 
Stadt auf Kosten der Hausbesitzer hat der VG 
dagegen für unzulässig erklärt (21 Sö). 
o) Oeffentliche Plätze innerhalb der 
Ortschaften sind, sofern sie die Bestimmung haben, 
dem allgemeinen Verkehr zu dienen, den Orts- 
straßen gleichzuachten. 
d) Nicht zu den Ortsstraßen gehören dagegen, 
wie schon angedeutet, diejenigen Teile von Straßen. 
höherer Ordnung, welche durch eine Ortschaft 
hindurchführen, die sog. „Ortstraversen“ 
oder „Ortsdurchfahrten“". Sie teilen 
u. a. das rechtliche Schicksal der Hauptstraßen, doch 
wurde hinsichtlich der Ortstraversen von Staats- 
straßen den Gemeinden die Pflicht zur Herstellung 
und Unterhaltung des Straßenpflasters, zum 
III. 58
	        
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