Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Wegerecht (Sachsen) 
915 
  
C. Sachsen 
5 1. Begriff und rechtliche Bekandlung. # 2. Wegebau- 
pflicht. 1 3. Wegestreitigkeiten. 
§ 1. Begriff und rechtliche Behandlung. 
I. Die Rechtsverhältnisse der nicht öffentlichen 
W werden durch die allgemeinen zivilrechtlichen 
Bestimmungen geordnet, wenn man von dem be- 
sonderen strafrechtlichen Schutz absieht, den auch 
die Privatm nach dem Strafgesetzbuch (Sachbe- 
schädigung, verbotswidriges Begehen, Abgraben 
usw.) und nach dem Forst= und Feldstrafgesetz 
(Beschädigung oder Zerstörung) genießen. Be- 
sonderes öffentliches Recht besteht nur für die 
öffentlichen Wegec[. Als solche sind au- 
zusehen: 
1. dieienigen W, die bei ihrer Anlage aus- 
drücklich oder stillschweigend von allen Beteiligten 
dem Gemeingebrauch gewidmet wurden oder 
werden, 
2. Diejenigen bestehenden W, die seit Menschen- 
gedenken ununterbrochen dem öffentlichen Verkehr 
unter zum mindesten stillschweigender Ueberein- 
stimmung aller Beteiligten gedient haben. 
Nach der herrschenden Ansicht kann es außer- 
dem noch beschränkt öffentliche W 
geben, die bei Vorhandensein von gewissen Vor- 
aussetzungen von jedermann benutzt werden 
dürfen. 
II. Die Staatsstraßen. Die rechtlichen 
Grundlagen für die öffentlichen W sind verschie- 
den, je nachdem Staatsstraßen oder nichtstaatliche 
Wiin Frage kommen. Für die ersteren gilt noch 
das Churfurstliche Mandat von 1781 über den 
Straßenbau. Gegenwärtig gilt diejenige Straße 
als staatliche, die vom Staat erbaut und unter- 
halten wird bezw. in Unterhaltung übernommen 
worden ist. Im allgemeinen sieht der Staat jetzt 
von Straßenneubauten ab; er überläßt dies den 
Gemeinden und leistet gegebenenfalls Beihilfen. 
Aus Bezirksmitteln werden jetzt auch ständig Bei- 
hilfen gewährt. 
Die Aufsicht über die Staatsstraßen und die 
Leitung des staatlichen Straßenbaues steht den 
Amtshauptmannschaften als Straßenpolizel= und 
Straßenbaubehörden unter der Oberleitung des 
Finanzministeriums zu. Zur technischen Aussicht 
sind den Amteohauptmannschaften die Straßen- 
bauämter beigegeben. 
III. Nicht staatliche Wege: 
1. Die nur dem inneren Ortsverkehr dienenden 
W;: deren Herstellung und Unterhaltung richtet 
sich nach ortsgesetzlichen Bauordnungen. Sub- 
sidiär gilt für sie das Gesetz über die WBaupflicht 
v. 12. 1. 70. 
2. Die von Ort zu Ort führenden Kommuni- 
kationswege. 
Für letztere gilt in vollem Umfange das bereits 
erwähnte Gesetz über die Waupflicht. Nach 
diesem sind die Kommunikationswege von jeder 
Gemeinde innerhalb ihrer Flur und von jedem Be- 
sitzer eines selbständigen Gutsbezirkes innerhalb 
seiner Grenzen zu erbauen und zu unterhalten. 
Ueber Anlegung neuer und Verlegung oder Ver- 
schmälerung bestehender W hat, wie auch in allen 
sonstigen Fällen, die wegebaupflichtige Gemeinde 
oder der Gutsvorsteher zunächst selbst zu beschlie- 
  
ßen. Die genannten Maßnahmen müssen jedoch 
der zuständigen Amtshauptmannschaft angezeigt 
werden und es darf mit ihrer Ausführung erst 
4 Wochen nach der Anzeige begonnen werden. 
Bei einer beabsichtigten WEinziehung ist vorher 
von der Amtshauptmannschaft die Genehmigung 
einzuholen; die Amtshauvtmannschaft entscheidet 
über die Entziehung nach öffentlicher Bekannt- 
gabe unter Zuziehung des Bezirksausschusses. 
Falls bei Neuanlagen oder Veränderungen der 
Waupflichtige wegen des abzutretenden Areals 
mit den Anliegern sich nicht gütlich einigen kann, 
wird die Abtretung im Entcignungswege durch- 
geführt. Bei Neuanlagen verleiht die Enteig- 
nungsbefugnis das Gesamt Min, bei Veränderun- 
gen die Amtshauptmannschaft. 
IV. Eigentumsverhältnisse. Bei 
den Staatsstraßen ist Eigentümer stets der Staat, 
bei den nichtstaatlichen W meistens der WBau- 
pflichtige. Es ist aber auch die Möglichkeit des 
Eigentums eines Dritten nicht ausgeschlossen. 
Durch das Bestehen des öffentlichen W ist jedoch 
das Eigentum beschränkt (öffentlich-rechtliche 
Dienstbarkeit). Auf Ansuchen wird das WGrund- 
stück im Grundbuch eingetragen. Werden die 
Gemeindefluren geändert, so verschiebt sich auch 
dementsprechend die WBaupflicht. Die dadurch 
mehr belastete Gemeinde kann jedoch binnen 
Jahresfrist bei der Aufsichtsbehörde (in meisten 
Fällen Amtshauptmannschaft mit Bezirksaus- 
schuß, ausnahmsweise Min Inn) um Ausgleichung 
nachsuchen. 
§s 2. Besonderheiten in der Wegebaupflicht. 
Durch die gesetzliche W Baupflicht sind im allge- 
meinen Verbindlichkeiten von Privatpersonen zum 
Wau ausgehoben. Ausnahmsweise bleiben je- 
doch die vor dem Gesetz über die Maupflicht 
gültigen Verbindlichkeiten von Gemeindemitglie- 
dern oder Rlassen bestehen, wenn sie entweder auf 
gewissen, den Verpflichteten dafür zustehenden 
Vorteilen verbunden sind (5. B. Nutzungen) oder 
auf einem solchen Privatrechtstitel beruhen, der 
nicht bloß als Anertenntnis einer herkömmlichen 
Verpflichtung anzusehen ist. 
Ausnahmsweise können solche Verbindlich- 
keiten neu begründet werden: 1. durch einen 
Privatrechtstitel der eben erwähnten Art; 2. durch 
Anlage von Eisenbahnen, WBauten und ähn- 
liches, falls dadurch eine Erhöhung der Unter- 
haltungskosten verursacht wird; verbindlich ist hier 
der Unternehmer:; 3. durch wesentliche Abnutzung 
von W infolge des Ab= und Zugangsverkehrs zu 
forstlichen oder gewerblichen Anlagen; der Besitzer 
hat besondere Beiträge zu leisten, über deren 
Höhe im Streitfalle die Amtshauptmannschaft 
entscheidet. 
Diese besonderen Verbindlichkeiten mit Aus- 
nahme der zuletzt erwähnten Abnutzungsbeiträge 
können jederzeit auf einseitigen Wunsch abgelöst 
werden. Es kann dies geschehen durch Zahlung 
des 20 fachen Ertrags des jährlichen Durchschnitts- 
aufwands oder durch Uebernahme einer festen 
Geldrente, die als Reallast auf dem Grundbuch- 
blatt des dem Verpflichteten gehörenden Grund- 
stücks eingetragen werden kann. Diese Roallast 
ist dann trotz ihrer privatrechtlichen Eigenschaft 
im Zwangsversteigerungsverfahren den ösffent- 
lichen Lasten gleichgestellt. Im übrigen stellen 
sich die besonderen Verbindlichkeiten nur als 
58
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.