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Wertzuwachssteuer
zu den Kosten stand, konnte ohne weiteres Auf-
hebung der Steuer erfolgen.
Die Folge dieser neuesten Reichsgesetzgebung
wird sein, daß sich die Zuwachs St in Zukunft
ziemlich bunt gestalten und manche durch die
Reichsgesetzgebung aufgehobenen gesetzlichen und
statutarischen Bestimmungen wieder eingeführt
werden. Es ist daher auch im folgenden
keine einheitliche Darstellung des
durch das Reichsgesetz geschaffe-
nen Rechts erfolgt, sondern es
sind nur die über die Hauptfragen
geltenden und bislang in Gel-
tung gewesenen Rechtsvorschrif-
ten systematisch behandelt.
## 6. Grundlagen der Bestenerung.
I. Im allgemeinen kann davon ausgegangen
werden, daß in Städten bei bebauten
Grundstücken keine so großen Gewinne erzielt
werden wie bei unbebauten Grundstücken
(Boldt 117). Gleichwohl rechtfertigt sich eine
gänzliche Freilassung der bebauten Grundstücke
von der St nicht, da an der Wertsteigerung der-
selben oft die bloße Lage eine weit größere
Bedeutung hat als das im Gebäude steckende
Kapital und die darauf verwandte Arbeits-
leistung. Wohl aber läßt sich ein geringerer
St Satz für bebaute Grundstücke rechtfertigen,
wie er daher häufiger in St Ordnungen und Ge-
setzen vorgesehen wird (s. auch Re 5 16). Land-
wirtschaftlicher Besitz eignet sich im allgemeinen
deshalb weniger zur WBesteuerung, weil hier
die Arbeit, wenigstens in der Regel eine größere
Rolle spielt als bei städtischen Terrains. Gerade
in rein landwirtsch. Kreisen haben daher auch
die Kosten der Reichszuwachssteuer den Ertrag
oft ausfgewogen oder doch unverhältnismäßig
gekürzt.
II. Als Wertzu wachs wird grundsätzlich
nur der sog. unverdiente Zuwachs ange-
sehen. Dagegen ist nicht diejenige Werterhöhung
zu besteuern, die auf Kapitalaufwendungen und
Arbeitsleistungen des Eigentümers zurückzufüh-
ren ist. Dementsprechend pflegen überall der-
artige Auslagen dauernder Natur dem ursprüng-
lichen Erwerbspreis zugerechnet zu werden.
Kosten für Neu- und Umbauten werden nur dann
nicht berücksichtigt, wenn sie aus Versicherungen
gedeckt sind. Auch wird bei unbebauten Grund-
stücken oft dem Veräußerer eine Zinsvergütung
von 4—5% des Erwerbspreises gutgerechnet. Für
Ausgaben an Stempel= usw. Kosten wird meist
noch ein fester Prozentsatz (z. B. 4—50% mit in
Ansatz gebracht. (Genaue Bestimmungen hierüber
in a6 des hess. G v. 14. 12. 07, RG 814.) Endlich
wird nach hesfs. G v. 14. 12. 07 (a 2) ausdrücklich
der auf einen Gewerbebetrieb mit Rücksicht auf
die Firma, Kundschaft oder das Bestehen einer
Konzession entfallende Teil des Uebergangswertes
nicht als W des Grundstücks angerechnet.
Nach dem Reichsgesetz (+ 14) werden dem Er-
werbspreis (s. unter III) zugerechnet 1. 4% des-
selben, falls nicht höhere Kosten nachgewiesen
sind, 2. bei Zwangsversteigerungen der Wert
ausgefallener Hypotheken, 3. Aufwendungen für
Bauten, Umbauten und sonstige dauernde Ver-
besserungen (nicht aber laufende Unterhaltungs-
und Bewirtschaftungskosten), soweit Bauten und
Verbesserungen noch vorhanden sind. Dazu 5%
und wenn der Veräußerer Baugewerbetreibender
oder handwerker ist und zugleich Bauunterneh-
mer, 15% des Wertes der Aufwendungen, 4. Auf-
wendungen, Leistungen und Beiträge für Stra-
ßenbauten, Verkehrsanlagen usw. Letzteren Auf-
wendungen werden auf Antrag bis 15 Jahre
lang per Jahr 4% Zinsen zugerechnet.
III. Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften
ilt nach dem Reichsgesetz als Zuwachs der Unter-
schled zwischen Erwerbspreis und
Veräußerungspreis, wobei als Preis
der wirklich verabredete Gesamtbetrag der Gegen-
leistung für das Grundstück gilt. Ist ein Preis
nicht vereinbart oder nicht zu ermitteln oder ist
ein bestimmter Zeitpunkt als Ausgangspunkt an
Stelle des Erwerbsaktes vorgesehen, so tritt an
Sielle des Preises der gemeine Wert des Grund-
uücks.
In den meisten alten Gemeinde--St Ordnungen
wurde ein W. der unter einem gewissen
Prozentsatze (10—20%) des ursprünglichen
Erwerbspreises bleibt, nicht besteuert. Einige
St Ordnungen ließen unter allen Umständen 105,
frei, auch wenn der W im ganzen höher als jene
Mindestquote war. Andere nur, wenn dies nicht
der Fall war (s. auch hess. G von 1907 a 8). Das
Reichsgesetz enthält ähnliche Bestimmungen nicht.
IV. Die Frage, welche Arten von
Grundstücks= und Besitzwechsel zu
besteuern seien, wurde in der Regel dahin beant-
wortet, daß außer Kauf auch Tausch, ferner die
Abtretung des Anspruchs auf Eigentumsüber-
tragung (hess. G v. 14. 12. 07 a 2), nicht aber
Feldbereinigung [VI, Verkoppelungen usw. die St-
Pflicht begründen. Auch Zwangsversteigerungen
werden hie und da ausgenommen. Dagegen ver-
langte der mehrerwähnte preußische Erl v. 18. 5. 09,
daß alle Erwerbungen von Todes wegen oder auf
Grund einer Schenkung unter Lebenden im Sinne
des Reichserbschaftssteuergesetzes freizulassen seien
(l. auch hess. G v. 14. 12. 07 a 2 und 10). Auch
wurde dort bestimmt, daß alle Besitzveränderun-
gen, denen sich die Beteiligten aus Gründe n
des öffentlichen Wohls zu unterwerfen
gesetzlich verpflichtet sind (Enteignungen), von
der WSt freizulassen seien, und zwar ohne Unter-
cchied, rT sie Fribl durch Enteignung oder frei-
eluge Beräußerung bewirkt wurden (646e# -
ve 3. * (64% Stem
as Reichsgesetz besteuert Erbfälle, Sche n
gen von Todes wegen, Erbauseinanberschenkun-
usw. sowie Flurbereinigungen, Zusammenlegun-
gen u. a. ebenfalls nicht (§ 7). Dagegen sind
sowohl Zwangsversteigerungs= wie Enteignungs-
vorgänge der St unterworfen.
m Steuerumgehungen zu v ũ-
ten, ist im Reichsgesetze bestimmt (6, daßz rhr.
nur die Eigentumsübertragung im Grundbuch, son-
dern auch auf dieselbe gerichtete obligatorische
Rechtsgeschäfte steuerpflichtig werden, wenn nicht
innerhalb eines Jahres nach Abschluß des Veräuße-
rungsgeschäfts die Eigentumsübertragung stattfin-
det. Weiter wird aber auch die Uebertragung eines
Anteils von Vermögen einer zur Verwertung von
Grundstücken oder zur St Sparung gegründeten
Gesellschaft der St Pflicht unterworfen (5 3) und
endlich wird generell in # 6 bestimmt, daß die
St Pflicht nicht ausgeschlossen wird, wenn ein
steuerpflichtiger Rechtsvorgang durch einen an-