Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Wertzuwachssteuer 
  
zu den Kosten stand, konnte ohne weiteres Auf- 
hebung der Steuer erfolgen. 
Die Folge dieser neuesten Reichsgesetzgebung 
wird sein, daß sich die Zuwachs St in Zukunft 
ziemlich bunt gestalten und manche durch die 
Reichsgesetzgebung aufgehobenen gesetzlichen und 
statutarischen Bestimmungen wieder eingeführt 
werden. Es ist daher auch im folgenden 
keine einheitliche Darstellung des 
durch das Reichsgesetz geschaffe- 
nen Rechts erfolgt, sondern es 
sind nur die über die Hauptfragen 
geltenden und bislang in Gel- 
tung gewesenen Rechtsvorschrif- 
ten systematisch behandelt. 
## 6. Grundlagen der Bestenerung. 
I. Im allgemeinen kann davon ausgegangen 
werden, daß in Städten bei bebauten 
Grundstücken keine so großen Gewinne erzielt 
werden wie bei unbebauten Grundstücken 
(Boldt 117). Gleichwohl rechtfertigt sich eine 
gänzliche Freilassung der bebauten Grundstücke 
von der St nicht, da an der Wertsteigerung der- 
selben oft die bloße Lage eine weit größere 
Bedeutung hat als das im Gebäude steckende 
Kapital und die darauf verwandte Arbeits- 
leistung. Wohl aber läßt sich ein geringerer 
St Satz für bebaute Grundstücke rechtfertigen, 
wie er daher häufiger in St Ordnungen und Ge- 
setzen vorgesehen wird (s. auch Re 5 16). Land- 
wirtschaftlicher Besitz eignet sich im allgemeinen 
deshalb weniger zur WBesteuerung, weil hier 
die Arbeit, wenigstens in der Regel eine größere 
Rolle spielt als bei städtischen Terrains. Gerade 
in rein landwirtsch. Kreisen haben daher auch 
die Kosten der Reichszuwachssteuer den Ertrag 
oft ausfgewogen oder doch unverhältnismäßig 
gekürzt. 
II. Als Wertzu wachs wird grundsätzlich 
nur der sog. unverdiente Zuwachs ange- 
sehen. Dagegen ist nicht diejenige Werterhöhung 
zu besteuern, die auf Kapitalaufwendungen und 
Arbeitsleistungen des Eigentümers zurückzufüh- 
ren ist. Dementsprechend pflegen überall der- 
artige Auslagen dauernder Natur dem ursprüng- 
lichen Erwerbspreis zugerechnet zu werden. 
Kosten für Neu- und Umbauten werden nur dann 
nicht berücksichtigt, wenn sie aus Versicherungen 
gedeckt sind. Auch wird bei unbebauten Grund- 
stücken oft dem Veräußerer eine Zinsvergütung 
von 4—5% des Erwerbspreises gutgerechnet. Für 
Ausgaben an Stempel= usw. Kosten wird meist 
noch ein fester Prozentsatz (z. B. 4—50% mit in 
Ansatz gebracht. (Genaue Bestimmungen hierüber 
in a6 des hess. G v. 14. 12. 07, RG 814.) Endlich 
wird nach hesfs. G v. 14. 12. 07 (a 2) ausdrücklich 
der auf einen Gewerbebetrieb mit Rücksicht auf 
die Firma, Kundschaft oder das Bestehen einer 
Konzession entfallende Teil des Uebergangswertes 
nicht als W des Grundstücks angerechnet. 
Nach dem Reichsgesetz (+ 14) werden dem Er- 
werbspreis (s. unter III) zugerechnet 1. 4% des- 
selben, falls nicht höhere Kosten nachgewiesen 
sind, 2. bei Zwangsversteigerungen der Wert 
ausgefallener Hypotheken, 3. Aufwendungen für 
Bauten, Umbauten und sonstige dauernde Ver- 
besserungen (nicht aber laufende Unterhaltungs- 
und Bewirtschaftungskosten), soweit Bauten und 
Verbesserungen noch vorhanden sind. Dazu 5% 
  
und wenn der Veräußerer Baugewerbetreibender 
oder handwerker ist und zugleich Bauunterneh- 
mer, 15% des Wertes der Aufwendungen, 4. Auf- 
wendungen, Leistungen und Beiträge für Stra- 
ßenbauten, Verkehrsanlagen usw. Letzteren Auf- 
wendungen werden auf Antrag bis 15 Jahre 
lang per Jahr 4% Zinsen zugerechnet. 
III. Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften 
ilt nach dem Reichsgesetz als Zuwachs der Unter- 
schled zwischen Erwerbspreis und 
Veräußerungspreis, wobei als Preis 
der wirklich verabredete Gesamtbetrag der Gegen- 
leistung für das Grundstück gilt. Ist ein Preis 
nicht vereinbart oder nicht zu ermitteln oder ist 
ein bestimmter Zeitpunkt als Ausgangspunkt an 
Stelle des Erwerbsaktes vorgesehen, so tritt an 
Sielle des Preises der gemeine Wert des Grund- 
uücks. 
In den meisten alten Gemeinde--St Ordnungen 
wurde ein W. der unter einem gewissen 
Prozentsatze (10—20%) des ursprünglichen 
Erwerbspreises bleibt, nicht besteuert. Einige 
St Ordnungen ließen unter allen Umständen 105, 
frei, auch wenn der W im ganzen höher als jene 
Mindestquote war. Andere nur, wenn dies nicht 
der Fall war (s. auch hess. G von 1907 a 8). Das 
Reichsgesetz enthält ähnliche Bestimmungen nicht. 
IV. Die Frage, welche Arten von 
Grundstücks= und Besitzwechsel zu 
besteuern seien, wurde in der Regel dahin beant- 
wortet, daß außer Kauf auch Tausch, ferner die 
Abtretung des Anspruchs auf Eigentumsüber- 
tragung (hess. G v. 14. 12. 07 a 2), nicht aber 
Feldbereinigung [VI, Verkoppelungen usw. die St- 
Pflicht begründen. Auch Zwangsversteigerungen 
werden hie und da ausgenommen. Dagegen ver- 
langte der mehrerwähnte preußische Erl v. 18. 5. 09, 
daß alle Erwerbungen von Todes wegen oder auf 
Grund einer Schenkung unter Lebenden im Sinne 
des Reichserbschaftssteuergesetzes freizulassen seien 
(l. auch hess. G v. 14. 12. 07 a 2 und 10). Auch 
wurde dort bestimmt, daß alle Besitzveränderun- 
gen, denen sich die Beteiligten aus Gründe n 
des öffentlichen Wohls zu unterwerfen 
gesetzlich verpflichtet sind (Enteignungen), von 
der WSt freizulassen seien, und zwar ohne Unter- 
cchied, rT sie Fribl durch Enteignung oder frei- 
eluge Beräußerung bewirkt wurden (646e# - 
ve 3. * (64% Stem 
as Reichsgesetz besteuert Erbfälle, Sche n 
gen von Todes wegen, Erbauseinanberschenkun- 
usw. sowie Flurbereinigungen, Zusammenlegun- 
gen u. a. ebenfalls nicht (§ 7). Dagegen sind 
sowohl Zwangsversteigerungs= wie Enteignungs- 
vorgänge der St unterworfen. 
m Steuerumgehungen zu v ũ- 
ten, ist im Reichsgesetze bestimmt (6, daßz rhr. 
nur die Eigentumsübertragung im Grundbuch, son- 
dern auch auf dieselbe gerichtete obligatorische 
Rechtsgeschäfte steuerpflichtig werden, wenn nicht 
innerhalb eines Jahres nach Abschluß des Veräuße- 
rungsgeschäfts die Eigentumsübertragung stattfin- 
det. Weiter wird aber auch die Uebertragung eines 
Anteils von Vermögen einer zur Verwertung von 
Grundstücken oder zur St Sparung gegründeten 
Gesellschaft der St Pflicht unterworfen (5 3) und 
endlich wird generell in # 6 bestimmt, daß die 
St Pflicht nicht ausgeschlossen wird, wenn ein 
steuerpflichtiger Rechtsvorgang durch einen an-
	        
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