Wertzuwachssteuer
949
deren verdeckt wird oder wenn es ohne förmlichen
Eigentumsübergang jemandem ermöglicht wird,
über das Grundstück wie ein Eigentümer zu ver-
fügen (s. auch § 66 R).
V. Sehr verschieden geregelt ist die Frage, von
welchem Zeitpunkt ab der entstandene
Wder Sterechnung zugrunde gelegt werden soll.
Während die Stadt Köln und ähnlich das hess.
Gvon 1907 a 3 sowie oldenb. G v. 27. 12. 07 in
ihrer St Ordnung bestimmten, daß nur die Zeit
vom Tage des Inkrafttretens der St Ordnung
(1. 4. 05) zu berücksichtigen sei, so daß in Fällen
früheren Erwerbes an die Stelle des damaligen
Erwerbspreises der gemeine Wert trat, welchen
das veräußerte Grundstück zur Zeit des Inkraft-
tretens der St Ordnung (des Gesetzes) hatte,
rechneten die meisten anderen St Ordnungen wei-
ter zurück und brachten Erwerbspreise, die bis
20 und mehr vor der jetzigen Veräußerung zurück-
lagen, in Ansatz, auch wenn sie lange Jahre vor
dem Inkrafttreten der St Ordnung zurückliegen.
Eine unzulässige rückwirkende Kraft der St Ord-
nung lag darin nicht. Sie würde nur dann
vorliegen, wenn der zur Besteuerung verpflich-
tende Veräußerungsakt vor dem Tage
des Inkrafttretens der St Ordnung stattgefunden
hätte. Der preußische Rund Erl v. 18. 5. 09
schrieb unter Nr. V vor, daß in der Regel
derjenige Teil einer Wertsteigerung, der länger
als 10 Jahre vor dem Inkrafttreten der Ordnung
entstanden sei, steuerfrei bleiben solle.
Nach dem Reichsgesetze geht man bis 40 Jahre
auf den letzten steuerpflichtigen Vorgang zurück,
rnn nicht weiter als bis zum 1. 1. 85 (Rö
VI. Aus sozialen Gründen bestim-
men das Reichsgesetz im Anschluß an die Bestim-
mungen bei der Umsatzsteuer [l, daß wenn der
Veräußerungspreis nicht mehr als 20 000 Mk.
bei bebauten und nicht mehr als 5000 Mk. bei
unbebauten Grundstücken beträgt, StFreiheit
eintritt, wenn zugleich weder der Veräußerer noch
sein Ehegatte im letzten Jahre ein Einkommen
von mehr als 2000 Mk. gehabt haben, noch einer
von ihnen den Grundstückshandel gewerbsmäßig
betreibt (§ 1 Abs 2). Der Vorbehalt der Ein-
kommenshöhe ist 1913 durch R# v. 3. 7. 13 auf-
gehoben worden.
VII. Mit Recht machten ferner viele St Ord-
nungen und das hess. G v. 14. 12. 07 a 8, das
oldenb. G v. 27. 12. 07 sowie neuerdings das
Reichsgesetz (5 16, 5 28 a. E.) einen Unterschied
in der Höhe des St Satzes, je nachdem das ver-
äußerte Grundstück längere oder kürzere
Zeit im Besitze des Veräußerers sich be-
findet. Namentlich bei bebauten Grundstücken
wird eine solche Bestimmung, welche die St-
quote für Veräußerungen nach längerem Besitz
niedriger bemißt, den Anreiz zum Bau und Er-
werb von Wohnhäusern durch seßhafte Haus-
eigentümer erhöhen, während sie bei unbebauten
Liegenschaften in der Nähe der Städte allerdings
zu einer schädlichen Zurückhaltung baureifer
Grundstücke führen kann. Bei Erlaß des Reichs-
gesetzes kam namentlich in Betracht, daß man mit
dieser Bestimmung auch den alten Familienbesitz
auf dem Lande schonen wollte.
VIII. Gerechtfertigt erscheinen muß endlich die
prozentual höhere Besteuerung
der höheren Veräußerungspreise
gegenüber den niederen. Die Prozentsätze pfleg-
ten hier von 3, 5 auch 10% bis 15, 20, 25%
anzusteigen. Daß namentlich bei Kommunal=
St Ordnungen von Aufsichts wegen gewisse Höchst-
grenzen vorgeschrieben wurden, war durchaus zu
billigen. In Preußen war als Höchstsatz regel-
mäßig ein solcher von 25% vorgesehen (Erl v.
18. 5. 09). Ebenso in Oldenburg (G v. 27. 12. 07).
In Hessen 30%, bei bebauten Grundstücken 15%
(a 8 des Gvon 1907).
Nach dem Ro# 28 beginnt die St bei einer
Wertsteigerung von nicht mehr als 10% mit
10% und steigt allmählich auf 11, 12% usw. bis
30 % bei einer Wertsteigerung von über 290%½.
Die St ermäßigt sich aber per Jahr um 1% und,
wenn das Grundstück vor dem 1. 1. 00 erworben
wurde, um 1½%. StBeträge unter 20 Pfg.
bleiben unerhoben. Die Gemeinden können da-
bei Zuschläge erheben, die aber zusam-
men mit der Reichsabgabe 30% des Zuwachses
nicht überschreiten dürfen (§5 59).
. Persönliche Befreiungen. In
Preußen wurde grundsätzlich verlangt, daß alle
StBefreiungen nach §& 5 Stempel t -G vorgesehen
wurden (Befreiung des Landesherrn, von Reich,
Staat usw.). Unter allen Umständen aber wurde
die Befreiung des Fiskus des Deutschen Reiches
und preußischen Staates verlangt (MBli V 1906,
221). Um die Möglichkeit einer indirekten Ab-
wälzung der St in diesen Fällen auszuschließen,
forderte der preuß. Erl von 1900 in Ziff. IV, daß
in den Strdnungen, in denen der Veräußerer
allein St Schuldner ist, falls der Veräußerer eine
befreite Person ist, volle St Freiheit einzutreten
hatte, während da, wo Veräußerer und Erwerber
haften, bei Verträgen zwischen einer befreiten
und einer nicht befreiten Person die St nur zur
Hälfte erhoben werden durfte.
Die reichsgesetzlichen Bestimmungen gehen da-
hin, daß der betr. Landesfürst(in), das Reich, der
Staat, die Gemeinden und durch Beschluß des
BR gewisse gemeinnützige Bau-, Kolonisierungs-
und Landgesellschaften steuerfrei sind (§ 30).
§s 7. Veranlagung und Rechtesmittel.
I. Die Veranlagung erfolgte nach hess. Ge-
setz, obwohl der Ertrag den Gemeinden zufloß,
nicht durch diese, sondern durch die staatliche Veran-
lagungskommission zur Einkommen St Abt. 1
(a 13 Gv. 14. 12. 07). Dagegen war Berufung
an die Landeskommission und Beschwerde beim
Verwerichtshofe zugelassen. In Preußen ver-
anlagten Gemeindevorstände (Stusschüsse) bezw.
Kreisausschüsse.
Das R# von 1911 läßt der einzelgesetzlichen
Regelung ziemlich freie Hand (# 35). Infolge-
dessen erfolgt die Veranlagung und Erhebung in
Preußen durch die Gemeinde= und Kreisbe-
hörden, und zwar in Stadtgemeinden durch den
Kreisvorstand, in Landgemeinden und Guts-
bezirken durch den Kreisausschuß. Doch können
Stadtgemeinden mit weniger als 2000 Einwoh-
ner auf Antrag durch den Kreisausschuß veran-
lagen lassen und Landgemeinden mit mehr als
5000 Einwohner auf Antrag zur selbständigen
Veranlagung zugelassen werden (§5 1 AG v. 14.
7. 11). In Bayern veranlagen die staatlichen
Rentämter, in Sachsen in den Städten mit Rev.
St Ordnung die Stadträte. für die übrigen Ge-