Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Wertzuwachssteuer 
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deren verdeckt wird oder wenn es ohne förmlichen 
Eigentumsübergang jemandem ermöglicht wird, 
über das Grundstück wie ein Eigentümer zu ver- 
fügen (s. auch § 66 R). 
V. Sehr verschieden geregelt ist die Frage, von 
welchem Zeitpunkt ab der entstandene 
Wder Sterechnung zugrunde gelegt werden soll. 
Während die Stadt Köln und ähnlich das hess. 
Gvon 1907 a 3 sowie oldenb. G v. 27. 12. 07 in 
ihrer St Ordnung bestimmten, daß nur die Zeit 
vom Tage des Inkrafttretens der St Ordnung 
(1. 4. 05) zu berücksichtigen sei, so daß in Fällen 
früheren Erwerbes an die Stelle des damaligen 
Erwerbspreises der gemeine Wert trat, welchen 
das veräußerte Grundstück zur Zeit des Inkraft- 
tretens der St Ordnung (des Gesetzes) hatte, 
rechneten die meisten anderen St Ordnungen wei- 
ter zurück und brachten Erwerbspreise, die bis 
20 und mehr vor der jetzigen Veräußerung zurück- 
lagen, in Ansatz, auch wenn sie lange Jahre vor 
dem Inkrafttreten der St Ordnung zurückliegen. 
Eine unzulässige rückwirkende Kraft der St Ord- 
nung lag darin nicht. Sie würde nur dann 
vorliegen, wenn der zur Besteuerung verpflich- 
tende Veräußerungsakt vor dem Tage 
des Inkrafttretens der St Ordnung stattgefunden 
hätte. Der preußische Rund Erl v. 18. 5. 09 
schrieb unter Nr. V vor, daß in der Regel 
derjenige Teil einer Wertsteigerung, der länger 
als 10 Jahre vor dem Inkrafttreten der Ordnung 
entstanden sei, steuerfrei bleiben solle. 
Nach dem Reichsgesetze geht man bis 40 Jahre 
auf den letzten steuerpflichtigen Vorgang zurück, 
rnn nicht weiter als bis zum 1. 1. 85 (Rö 
VI. Aus sozialen Gründen bestim- 
men das Reichsgesetz im Anschluß an die Bestim- 
mungen bei der Umsatzsteuer [l, daß wenn der 
Veräußerungspreis nicht mehr als 20 000 Mk. 
bei bebauten und nicht mehr als 5000 Mk. bei 
unbebauten Grundstücken beträgt, StFreiheit 
eintritt, wenn zugleich weder der Veräußerer noch 
sein Ehegatte im letzten Jahre ein Einkommen 
von mehr als 2000 Mk. gehabt haben, noch einer 
von ihnen den Grundstückshandel gewerbsmäßig 
betreibt (§ 1 Abs 2). Der Vorbehalt der Ein- 
kommenshöhe ist 1913 durch R# v. 3. 7. 13 auf- 
gehoben worden. 
VII. Mit Recht machten ferner viele St Ord- 
nungen und das hess. G v. 14. 12. 07 a 8, das 
oldenb. G v. 27. 12. 07 sowie neuerdings das 
Reichsgesetz (5 16, 5 28 a. E.) einen Unterschied 
in der Höhe des St Satzes, je nachdem das ver- 
äußerte Grundstück längere oder kürzere 
Zeit im Besitze des Veräußerers sich be- 
findet. Namentlich bei bebauten Grundstücken 
wird eine solche Bestimmung, welche die St- 
quote für Veräußerungen nach längerem Besitz 
niedriger bemißt, den Anreiz zum Bau und Er- 
werb von Wohnhäusern durch seßhafte Haus- 
eigentümer erhöhen, während sie bei unbebauten 
Liegenschaften in der Nähe der Städte allerdings 
zu einer schädlichen Zurückhaltung baureifer 
Grundstücke führen kann. Bei Erlaß des Reichs- 
gesetzes kam namentlich in Betracht, daß man mit 
dieser Bestimmung auch den alten Familienbesitz 
auf dem Lande schonen wollte. 
VIII. Gerechtfertigt erscheinen muß endlich die 
prozentual höhere Besteuerung 
  
  
der höheren Veräußerungspreise 
gegenüber den niederen. Die Prozentsätze pfleg- 
ten hier von 3, 5 auch 10% bis 15, 20, 25% 
anzusteigen. Daß namentlich bei Kommunal= 
St Ordnungen von Aufsichts wegen gewisse Höchst- 
grenzen vorgeschrieben wurden, war durchaus zu 
billigen. In Preußen war als Höchstsatz regel- 
mäßig ein solcher von 25% vorgesehen (Erl v. 
18. 5. 09). Ebenso in Oldenburg (G v. 27. 12. 07). 
In Hessen 30%, bei bebauten Grundstücken 15% 
(a 8 des Gvon 1907). 
Nach dem Ro# 28 beginnt die St bei einer 
Wertsteigerung von nicht mehr als 10% mit 
10% und steigt allmählich auf 11, 12% usw. bis 
30 % bei einer Wertsteigerung von über 290%½. 
Die St ermäßigt sich aber per Jahr um 1% und, 
wenn das Grundstück vor dem 1. 1. 00 erworben 
wurde, um 1½%. StBeträge unter 20 Pfg. 
bleiben unerhoben. Die Gemeinden können da- 
bei Zuschläge erheben, die aber zusam- 
men mit der Reichsabgabe 30% des Zuwachses 
nicht überschreiten dürfen (§5 59). 
. Persönliche Befreiungen. In 
Preußen wurde grundsätzlich verlangt, daß alle 
StBefreiungen nach §& 5 Stempel t -G vorgesehen 
wurden (Befreiung des Landesherrn, von Reich, 
Staat usw.). Unter allen Umständen aber wurde 
die Befreiung des Fiskus des Deutschen Reiches 
und preußischen Staates verlangt (MBli V 1906, 
221). Um die Möglichkeit einer indirekten Ab- 
wälzung der St in diesen Fällen auszuschließen, 
forderte der preuß. Erl von 1900 in Ziff. IV, daß 
in den Strdnungen, in denen der Veräußerer 
allein St Schuldner ist, falls der Veräußerer eine 
befreite Person ist, volle St Freiheit einzutreten 
hatte, während da, wo Veräußerer und Erwerber 
haften, bei Verträgen zwischen einer befreiten 
und einer nicht befreiten Person die St nur zur 
Hälfte erhoben werden durfte. 
Die reichsgesetzlichen Bestimmungen gehen da- 
hin, daß der betr. Landesfürst(in), das Reich, der 
Staat, die Gemeinden und durch Beschluß des 
BR gewisse gemeinnützige Bau-, Kolonisierungs- 
und Landgesellschaften steuerfrei sind (§ 30). 
§s 7. Veranlagung und Rechtesmittel. 
I. Die Veranlagung erfolgte nach hess. Ge- 
setz, obwohl der Ertrag den Gemeinden zufloß, 
nicht durch diese, sondern durch die staatliche Veran- 
lagungskommission zur Einkommen St Abt. 1 
(a 13 Gv. 14. 12. 07). Dagegen war Berufung 
an die Landeskommission und Beschwerde beim 
Verwerichtshofe zugelassen. In Preußen ver- 
anlagten Gemeindevorstände (Stusschüsse) bezw. 
Kreisausschüsse. 
Das R# von 1911 läßt der einzelgesetzlichen 
Regelung ziemlich freie Hand (# 35). Infolge- 
dessen erfolgt die Veranlagung und Erhebung in 
Preußen durch die Gemeinde= und Kreisbe- 
hörden, und zwar in Stadtgemeinden durch den 
Kreisvorstand, in Landgemeinden und Guts- 
bezirken durch den Kreisausschuß. Doch können 
Stadtgemeinden mit weniger als 2000 Einwoh- 
ner auf Antrag durch den Kreisausschuß veran- 
lagen lassen und Landgemeinden mit mehr als 
5000 Einwohner auf Antrag zur selbständigen 
Veranlagung zugelassen werden (§5 1 AG v. 14. 
7. 11). In Bayern veranlagen die staatlichen 
Rentämter, in Sachsen in den Städten mit Rev. 
St Ordnung die Stadträte. für die übrigen Ge-
	        
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