Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Wohnsitz — Wohnungsaussicht 
  
Bl 24, 21). Ebensowenig begründen die auf 
ein Kriegsschiff Kommandierten durch dieses 
Kommando einen besonderen W., sondern sie 
behalten ihren W. an Land bei, umsomehr als 
das Kriegsschiff keinen eigentlichen Heimathafen 
hat, sondern nur in einem bestimmten Hafen 
estationiert“ ist (OVG 29, 156). 
b) Einer besonderen Auslegung bedarf zwecks 
tunlichster Erleichterung des Wahlrechtes IAI 
der Begriff des W. im 8 1 des RTWahlG v. 31. 
5. 69 und in § 8 der preuß. Wahl V v. 30. 5. 49. 
Die Wahlprüfungskommission des R bezeichnet 
als W. im Sinne dieser Bestimmungen schon einen 
Aufenthalt, dessen Verhältnisse ihrer Natur nach 
auf einen Aufenthalt von längerer Dauer schließen 
lassen; es genügt also, wenn die Voraussetzungen 
des § 20 8 PO erfüllt sind (Pr Verw Bl 28, 248). 
) In allen übrigen Fällen, in denen nichts 
Besonderes gesagt ist, wie s§# 5, 6 St O v. 30. 5. 53, 
5 6 KrO v. 13. 12. 72, §J 17 Prov O v. 29. 6. 75, 
serner für die Erhebung von Kirchensteuern 
(Pr Verwl 33, 726; OV 62, 446), Schulab- 
gaben in der Prov. Posen (Pr Verw Bl 30, 733), 
Kreissteuern (OVG 43, 6, bis zum Erlaß von 
5 7 Kreis= und Prov. Abg. G v. 23. 4. 06), Wehr- 
beitrag und Besitzsteuer ist der Begriff des W. 
dem 7 BGB zu entnehmen, wonach W. durch 
ständige Niederlassung an einem 
Orte begründet wird. Diese Begriffsbestim- 
mung deckt sich keineswegs mit der unter a; denn 
sie ist nicht, wie diese, grundsätzlich an die Tat- 
sache des Innehabens einer Wohnung geknüpft. 
W. in diesem Sinne setzt voraus: 1. den Willen, 
an einem Orte sich ständig niederzulassen und 
die tatsächliche Ausführung dieses Willens 
(OVG 54, 187). Man muß an dem betr. Ort 
sein Heim suchen und finden; aber das allein ge- 
nügt selbst bei vollständig eingerichteter Wohnung 
noch nicht, sondern es müssen sich außerdem von 
dem Heim aus, wenn dort Aufenthalt genommen 
wird, die Lebensverhältnisse in ihrer Totalität 
bestimmen, es dürfen also von ihm aus nicht bloß 
einzelne Kreise der Angelegenheiten besorgt wer- 
den (OVG 54, 185; 58, 228; Pr VerwBl 31, 684). 
Ferner muß der Aufenthalt ein dauernder, wenn 
auch nicht ununterbrochener, sein; ein nur perio- 
disch wiederkehrender Aufenthalt genügt nicht, 
selbst nicht beim Erwerb einer Villa (Pr VerwBl 
31, 600). Sind alle diese Voraussetzungen an 
mehreren Orten erfüllt und bestimmen sich von 
ihnen aus abwechselnd die Lebensverhältnisse im 
ganzen, so kann man an jenen Orten einen 
mehrfachen W. haben (OVG 54, 185) und 
je nach der Dauer des Aufenthaltes von Fall zu 
Fall einen vorwiegenden W. (vgl. ## 48 
Besitzsteuer G). 
Wegen des W. der Geschäftsunfähigen, Militär- 
personen (und Gendarmen, Pr Verw Bl 27, 125), 
Ehefrauen und Kinder ist das nähere den §9§8—11 
Be# zu entnehmen. Der W. der Beamten 
bestimmt sich wie der jedes Anderen nach §7 BGB; 
er wird meist, muß jedoch nicht notwendig zu- 
sammenfallen mit dem zur Ausübung des Amtes 
angewiesenen Wohnort, dem sog. dienstli- 
chen Wohnsitd (vgl. z. B. 5 15 Staatsang.G 
v. 22. 7. 13, J# 21, 22 RB v. 31. 3. 73), als 
welcher schlechthin die Gemeinde des Amts- 
sites anzusehen ist (OVG 51, 425). Am dienst- 
lichen W. ist gemäß 5 92 II 10 ALR die Resi- 
  
denzpflicht des Beamten IXIL begründet, 
deren Verletzung nach 85 8 ff Disz. G v. 21. 7. 52 
Krasbar wacht (Näheres Gravenhorst, Pr Berwßl 
„ . 
DasAufgebendeöW.verlangtnach57111 
BGB: 1. den Willen, die Niederlassung aufzu- 
eben, 2. den Wegfall der tatsächlichen Voraus- 
etzungen, welche zur Begründung des W. durch 
das Familienhaupt (Verbleiben der Ehefrau 
in der Wohnung bis zum Ablauf der Mietzeit ist 
ohne Einfluß Pr VerwBl 29, 706) geführt haben, 
(ogl. dazu OVG 58, 230 und Pr Berw Bl 30, 734). 
Noch vor Erfüllung dieser Voraussetzungen muß 
also die Gemeinde, falls sie den Abziehenden be- 
steuern will, ihm die Höhe des zu zahlenden 
Huerbetrages bekanntgeben (O### 55, 
Literatur: v. Brauchitsch, Berw Gesetze 1½, 
2, 21; Clauß, Finanznrch 5, 138 fff Maasz in Pr. 
BB. 24, 723 ff; Nöll-Freund, Kommunaloab- 
gaben G.' 143; Stölzel in Pr. B#I 33, 725; Aufsatz 
Wohnsigin Pr. BB1I 190, 265. Gr##ho#.° 
Wohnungsaussicht 
4 1. Einleitung. 3 2. Allgemeines. # 3. Gesetzgebung 
in den deutschen Staaten. 
5 1. SEinleitung. Dank der Agitation ange- 
sehener wissenschaftlicher Vereine 9 insbesondere 
des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege 
und Sozialpolitik wurde Ende des 19. Joahr- 
hunderts das allgemeine Interesse auf die Zu- 
stände des WWesens gelenkt, insbesondere da sie 
sich gegen früher verschlechtert hatten. 
In England wurde schon 1831 in Verbindung mit den 
Maßnahmen gegen die Cholera eine zweckmäßige Besichti- 
Cung der Häuser auf ihren sanitären Zustand durchgeführt. 
Die Ueberwachung vollzieht sich in England und Schottland 
auf Grund der Gesetze aus den Jahren 1875 und 1867. 
London hat ein eigenes Gesetz vom Jahre 1891. 
In Deutschland hat sich die Erkenntnis von der 
Notwendigkeit staatlicher Hilfe und Fürsorge im 
Gebiete des WWesens von Jahr zu Jahr ver- 
tieft. Die großen Vereinigungen für 
Kleinwohnungswesen, für ArbeiterW Wesen und 
verwandte Bestrebungen, der Hessische Zen- 
tralverein für Errichtung billiger W (Ernst- 
Ludwigs-Verein), der Deutsche Verein für W- 
Reform, der Verband der auf der Grundlage 
des gemeinschaftlichen Eigentums stehenden deut- 
schen Baugenossenschaften und die Baugenos- 
senschaften) im Deutschen Reiche haben nicht 
nur eine rührige Agitation entfaltet, sondern auch 
große Leistungen in der Errichtung von Klein 
hervorgerufen. Die sozialpolitische Ge- 
setzgebung und die durch sie geförderte Er- 
1) Nach einer Beröffentlichung von Hagemener und 
Scholwin „500 Millionen Mk. für Arbeiterwohnungen- 191, 
wird dieser Betrag an Darlehen von 31 Bersiche rungean- 
stalten und 10 Sonderanstalten bis Ende 1913 errechnet. 
(D. 5.)
	        
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