Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Zollwesen (Geschichte) 
  
gebung erlassen wird (vgl. 5 6 II, 5 7, 5 8 ). Mit 
der steigenden Entwicklung des internationalen 
Handelsverkehrs ist das Bedürfnis immer lebhafter 
geworden, den Güteraustausch von Land zu Land 
durch vertragsmäßige Abmachungen zwischen den 
einzelnen Staaten zu regeln. In diese Regelung ist 
seit einigen Jahrzehnten auch die Gestaltung der 
ZTarife einbezogen worden, deren Sätze durch 
Handelsverträge (/| in erheblichem Umfange er- 
mäßigt oder gegen Erhöhung sichergestellt zu wer- 
den pflegen. Die auf diese Weise vertragsmäßig 
festgelegten Z werden Vertragszölle ge- 
nannt. Dem durch die innere Gesetzgebung ge- 
schaffenen autonomen Zarif steht der 
sämtliche vertragsmäßigen ZZugeständnisse in sich 
vereinende Vertragstarif gegenüber, der den 
meistbegünstigten Staaten gewährt wird. 
Bei den zahlreichen Handelsverträgen Deutsch- 
lands ist für die Wareneinfuhr nach dem Deutschen 
Reiche ganz überwiegend der Vertragstarif maß- 
gebend (N Handelsverträge). Neben den auto- 
nomen und den Vertrags3 sind noch die Kampf- 
zölle (Retorsions 8) zu erwähnen, erhöhte 
ZBeträge, die gegenüber Staaten zur Anwendung 
kommen, die die Einfuhr, den Handel oder die 
Schiffahrt eines Staats besonders ungünstig be- 
handeln. Den Anlaß zu solchen Maßnahmen, die 
im weiteren Verlauf zu einem „Z Krieg"“ zu führen 
pflegen, bietet meist die unterschiedliche Behand- 
lung (Differenzierung) der Erzeugnisse, wohl auch 
der Staatsangehörigen eines Staats durch einen 
anderen. Im Z2T ist durch 3 10 die rechtliche 
Grundlage für Vergeltungsmaßregeln geschaffen: 
durch kaiserliche Verordnung kann nach Zustim- 
mung des Bundesrats u. a. ein Zaguschlag bis 
zum doppelten Betrage des Tarissatzes auferlegt 
werden. 
2. Ausbildung der Zölle in Deutschland, 
insbesondere des Grenzzollsystems. Der Plan 
Karls V., ein Reichszollwesen herzustellen und 
demgemäß an den Grenzen des Reichs Z von 
4 v. H. für alle ein= und ausgehenden Waren, mit 
Befreiung der für den Gebrauch des täglichen 
Lebens unentbehrlichen Nahrungsmittel, zu er- 
heben, ist nicht zur Verwirklichung gekommen. 
Bei diesem Plane handelte es sich übrigens um 
eine rein finanzielle Maßregel, bei der die Be- 
seitigung der zahlreichen Territorial 3, die teils 
als Landesgrenz3Z, teils als Binnen Z an Land- 
und Wasserstraßen erhoben wurden, nicht beab- 
sichtigt war. Auch später erwies sich das Deutsche 
Reich als zu schwach zur Umgestaltung des plan- 
losen, allüberall dem Handel mit ZStätten auf- 
lauernden, mittelalterlichen ZWesens zum staats- 
wirtschaftlichen Grenzzollsystem. Diese Entwick- 
lung vollzog sich vielmehr erst nach der Erstarkung 
der Territorialgewalt in den einzelnen Staaten. 
In Bayern, Württemberg und Baden wurden 
in den Jahren 1807—1812 die Binnen 3 beseitigt 
und Grenzzollsysteme eingerichtet. In Preußen, 
wo die räumliche Scheidung zwischen einer öst- 
lichen und einer westlichen Hälfte der Monarchie 
und ihre Zusammenfügung aus allen möglichen 
staatlichen Gebilden besondere Schwierigkeiten 
bereitete, erfolgte der entscheidende Schritt durch 
das G v. 26. 5. 1818 1) über den 3 und die Ver- 
  
1) Dazu Schmoller, Das preuß. Handels- und 86 
v. 26. 5. 1818 im Zusammenhang mit der Geschichte der 
  
brauchssteuer von ausländischen Waren und über 
den Verkehr zwischen den Provinzen des Staats. 
Mit Ausschluß der Wasser 3 kamen alle Staats-, 
Kommunal= und Privatbinnen Z in Wegfall und 
die Z Linien wurden an die Staatsgrenzen verlegt. 
Die Bedeutung dieses Vorgangs erhellt, wenn 
erwogen wird, daß bis dahin in Preußen 57 ver- 
schiedene 3 Systeme bestanden hatten. 
5 3. Bertragsmäßige Zollauschlüsse nud Zoll- 
vereinigungen. — Der Jollverein. 
I. Mit der Hinausrückung der ZLinien der 
größeren deutschen Staaten, insbesondere Preu- 
ßhens an die Landesgrenzen machten sich für 
die angrenzenden kleineren Staaten und besonders 
für die von dem preußischen 3 Gebiet umschlos senen, 
die wirtschaftlichen Nachteile der Z Schranken in 
vorher nicht gefühltem Maße geltend. Preußen 
bot seinen gesamten deutschen Umgebungen eine 
Verbindung mit seinem Z Systeme unter billigen 
Bedingungen an, aber die Idee einer ZB Gemein- 
schaft — selbst in dem engeren, durch die Natur 
der Verhältnisse unmittelbar gebotenen Rahmen 
des Znschlusses der kleinen von Preußen um- 
schlossenen Staaten an das preußische 8 System — 
war damals noch so wenig durchgedrungen, daß 
Anschlußverträge nur langsam zustande ka- 
men. Zunächst handelte es sich um Enklaven von 
Schwarzburg-Rudolstadt (1822), Sachsen-Weimar- 
Eisenach (1823) und um die Gebiete der verschiede- 
nen anhaltischen Linien (1823—1828). Wichtiger 
war der Umstand, daß am 14. 2. 1828 ein ZVV 
Preußens mit dem Großherzogtum Hessen, also 
einem Staate, der nicht in sein Gebiet eingeschlossen 
war, zustande kam. Daß aber die Annäherung in 
ZAngelegenheiten nicht auf vereinzelte ZAn- 
schlüsse an Preußen beschränkt blieb, sondern ihren 
wirtschaftlich wie politisch gleichbedeutsamen Ab- 
schluß in der Gründung des deutschen Z Bereines 
fand, war in entscheidender Weise dadurch vor- 
bereitet worden, daß schon am 18. 1. 1828 Bayern, 
Württemberg und die hohenzollernschen Fürsten- 
tümer zu einem süddeutschen Zollver- 
ein zusammengetreten waren. Geringeren Ein- 
fluß auf den Z Einigungsgedanken übte ein dritter 
im Jahre 1828 (Vt v. 24. 9.) zustande gekommener 
Verein, der mitteldeutsche Handels- 
verein zwischen Hannover, Kurhessen, Sach- 
sen und den sächsischen Herzogtümern, Braun- 
schweig, Nassau, den Schwarzburgischen und 
Reußischen Häusern und den freien Städten 
Frankfurt und Bremen. Diese Staaten verpflich- 
teten sich bis zum 31. 12. 34 keinem fremden Z Ver- 
band einseitig beizutreten und bis dahin ihre 
Durchfuhr Z nicht zu erhöhen; dieser Verein war 
jedoch nur von kurzer Dauer. Eine die spätere 
ZEinigung vorbereitende Annäherung zwischen 
dem bayerisch-württembergischen und preußisch- 
hessischen Vereine erfolgte durch den zwischen 
beiden Vereinen abgeschlossenen Handels- 
vertrag v. 27. 5. 1829. Die beiden Vereine 
gestanden sich wesentliche ZErleichterungen zu 
Zeit, ihrer Kämpfe und Jodeen (Beilage zur Allgemeinen 
Zeitung v. 8., 9. 10. 8. 98, auch Berliner Universitateschrift). 
Kröckel, Das preußlsch- deutsche Zolltariisosßem in 
seiner historischen Entwicklung. 1881: Alfred Zimmer. 
mann., Geichichte der preußisch-deutschen Landelspoliri 
1892: Albr. Hoffmann, Teutiches Zollrecht L, 19½2 
S. 165 f. D. ÖO. 
 
	        
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