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Amtes allmählig heranzubilden, und die Regierung hegt das feste Ver—
trauen, daß sie dies tun werden. Ihrem umsichtigen Ermessen bleibt es
überlassen, ob und in welchen Fällen die Schullehrer selbst zu diesen halb-
jährigen Versammlungen heranzuziehen sein möchten. Bei Schullehrern,
welche treu ihre Pflicht erfüllen, hat dies nicht das mindeste Bedenken.
(Vgl. Nr. 61.)
46. Verfahren bei Beschwerden über Bestrafung der Kinder.
Wegen mehrer zu Unserer Kenntnis gebrachten Vorkommenheiten
haben Wir Uns veranlaßt finden müssen, hinsichtlich des Verfahrens,
welches bei Beschwerden der Aeltern über Bestrafung ihrer Kinder in den
Domanial-Landschulen zu beobachten ist, die nachfolgenden Bestimmungen
zu treffen, und befehlen Unsern Beamten und den Predigern, sich nach
denselben zu achten.
Gegeben durch Unsere Regierung. Schwerin, am 10. Februar 1845.
Friedrich Franz.
Verfahren
bei Beschwerden der Aeltern über Bestrafung ihrer Kinder in den
Domanial-Landschulen.
§ 1. Wenn Aeltern oder Vormünder über die ihrem Kinde oder
Pfleglinge von einem Lehrer in der Schule widerfahrene Behandlung,
namentlich über eine von ihm vollzogene körperliche Strafe Beschwerde zu
haben vermeinen, so sollen sie dieselbe dem nächsten Vorgesetzten des
Schullehrers, dem Prediger, vortragen.
§ 2. Der Prediger hat eine Ausgleichung zu versuchen; wird diese
erreicht, ungeachtet die Beschwerde gegründet war, so ist das Verfahren
des Schullehrers, nach Befinden der Umstände, in Gegenwart des Be-
schwerdeführers zu rügen, erforderlichenfalls bei dem Superintendenten
zur Anzeige zu bringen.
& 3. Gelingt dem Prediger nicht, die Sache gütlich beizulegen, so
hat er selbige dem Amte ohne Zögerung anzuzeigen und durch diese An-
zeige zu veranlassen, daß dasselbe mit ihm gemeinschaftlich die Beschwerde
untersuche, um zu ermitteln, ob eine Züchtigung überhaupt statthaft ge-
wesen sei, und ob der Lehrer bei Vollziehung derselben das rechte Maaß
überschritten habe oder nicht.
8 4. Stellt sich durch die Untersuchung heraus, daß der Schul-
lehrer, wenn auch das Kind durch die Züchtigung körperlich nicht verletzt
worden, doch nicht von aller Schuld freizusprechen ist, so soll der Unter-
suchungsbehörde die Befugnis zustehen, nicht nur dem Schullehrer sein
Verfahren nachdrücklichst zu verweisen, sondern auch nach Befinden der
Umstände ihn in eine Geldstrafe von 1 bis 5 Rthlr. zum Besten der
Amts-Armenkasse zu nehmen. Wenn aber nach Ansicht des Amtes oder
des Predigers diese Strafen der ermittelten Schuld nicht angemessen sein
sollten, sondern wenn, namentlich bei wiederholter harter Behandlung der
Schulkinder, die Notwendigkeit der Versetzung des Schullehrers oder gar