— 140 —
Zugleich werden die Aemter erinnert, auf Befolgung der Vorschrift
in § 7 der V.-O. vom 30. August 1843 (Raabe Ges. Bd. 3. S. 992),
betr. die Verhütung des übermäßigen Genusses von Branntwein zu halten,
wonach es unter anderen Krügern und Schankwirten, sowie den Gästen
in solchen Häusern bei Strafe verboten ist, Unerwachsenen Branntwein
oder andere geistige Getränke zu reichen oder reichen zu lassen.
91. Rundschreiben des Unterrichts-Ministerium vom 4. Juli 1887,
betr. Verhältnis der Dienstherren zu den Dienstkindern.
Von einer Anzahl von Predigern ist dem unterzeichneten Ministerium
eine Vorstellung eingereicht worden, in welcher dargelegt wird, wie die
zum Dienen während des Sommers beurlaubten schulpflichtigen Kinder
großen Gefahren ausgesetzt seien, zuchtlos zu werden und zu verwildern.
Als einc der dazu mitwirkenden Ursachen ist die durchweg bei den Dienst-
herren geltende Meinung bezeichnet, daß ihnen kein Recht zustehe, und
keine Pflicht obliege, an den in ihrem Dienste stehenden schulpflichtigen
Kindern väterliche Zucht zu üben und nötigenfalls auch körperliche Züchti-
gung in dem Umfange, wie sie dem Vater zusteht anzuwenden. Dabei
ist der Wünsch ausgesprochen, das unterzeichnete Ministerium möge so
weit als möglich auf Beseitigung einer solchen fehlsamen Ansicht Bedacht
nehmen.
Das unterzeichnete Ministerium sieht sich dadurch veranlaßt, im
Folgenden die Grundsätze auszusprechen, nach welchen das Verhältnis der
Dienstherren zu den mit Diensterlaubnis versehenen und in ihren Diensten
stehenden schulpflichtigen Kindern zu beurteilen ist, bemerkt dabei, daß
das Großherzogliche Oberlandesgericht zu Nostock in einem Erkenntnisse
vom 9. Januar 1882 sich in demselben Sinne ausgesprochen hat, und
fordert die Domanial-Aemter auf, in geeigneter Weise dahin zu wirken,
daß die an dem Dienstverhältnisse schulpflichtiger Kinder beteiligte ländliche
Bevölkerung in möglichst weitem Kreise Kenntnis davon erhält.
Wenn ein Vater sein unerwachsenes, also der Erziehung noch be-
dürftiges Kind einem anderen Manne in dessen häusliche Gemeinschaft
zur Dienstleistung übergiebt, so muß, wenn nicht besondere Gründe ent-
gegenstehen, angenommen werden, daß er auch die Ausübung der väter-
lichen Zucht über das Kind dem Dienstherrn mitübertragen, und daß der
Dienstherr Recht und Pflicht zur Handhabung solcher Zucht mitübernehmen
will. Damit steht auch die gesetzliche Vorschrift sowohl in dem Regulativ
für die Sommerschule im Domanium vom 19. Juni 1876 als auch in
der Verordnung für die ritterschaftlichen Schulen vom 3. April 1879 in
Uebereinstimmung, wonach die Dienstherren in Bezug auf die Haftung für
die Schulversäumnisse der Dienstkinder während des Dienstverhältnisses
ausdrücklich den Eltern, Vormündern, Pflegern oder sonstigen Personen,
deren Aufsicht die Kinder übergeben sind, gleichgestellt werden.
Ist nun hiernach anzunehmen, daß Recht und Pflicht der väterlichen
Zucht auf die Dienstherren mitübertragen wird, so ist dies von den Dienst-
herren auch in allen Beziehungen auszuüben, wo es im Interesse des